Mittwoch, 29. August 2012

Bürogeplänkel 36 - Von langer Hand vor die Wand gefahren

bit.ly/RnjAyn
Irgendwo in den Hügeln um Wermelskirchen hatte ein neuer Burger-Schuppen eröffnet, der hoch-grandiose BurgerBrater™. Kollegin T.E. hatte das als Riesengelegenheit angesehen, eine Sammelbestellung für die ganze Firma auf die Beine zu stellen – so weit, so löblich und nachahmenswert!
Zwei Wochen vor dem großen Tag wurde eine Speisekarte und eine Bestell-Liste herumgegeben. Die Karte enthielt eine erkleckliche Anzahl an Burger-Varianten, weiterhin auch Pommes Frites, Chicken-Wings, Zwiebelringe, etc., etc. und (zumindest für das Bergische Land) exotische Saucen wie Zitronengras-Mayonnaise sowie zahlreiche Dips.
Eine Woche vor dem großen Tag wurde von jedem der Besteller – es hatten sich stattliche 35 gefunden – der entsprechende Betrag abkassiert. Die das Ganze organisierende Kollegin hatte die handschriftlichen Bestellungen der Belegschaft bereits säuberlich in eine Excel-Tabelle übertragen.
Eine Woche später war es so weit!
Alles war von einem gespannten Summen erfüllt. Kollegen, die in Erwartung des großen Schlemmens auf ihr Frühstück verzichtet hatten, glotzten hohlwangig auf ihre Armbanduhren, wenngleich schon freudige Erwartung mit ihren Mundwinkeln spielte!

Um Punkt 10.30 Uhr legte Kollegin T.E. ihre sortierte und übersichtlich formatierte Excel-Tabelle aufs Fax und gab die auf der Speisekarte eingetragene Faxnummer ein. Auf die Bestellung hatte sie 13.00 Uhr als Lieferzeit geschrieben. Eine Minute später kam der OK-Sendebericht!
Top!
Sie heftete den Sendebericht an die Bestellung  – so machen das die Profis!

Es wurde 13.00 Uhr.
Es wurde 13.05 Uhr.
Es wurde 13.10 Uhr.
Es wurde 13.15 Uhr.
Die Kollegenschar darbte mittlerweile hochnervös vor sich hin.
Die das Festessen organisierende Kollegin rief beim Burgerbrater an. Dieser war sich keiner Schuld bewusst.
„Wie, ein Fax? … Moment, ich schau mal… ja, da ist ja ein Fax! Von 10.30 Uhr, wa? … Haha! Das ist ja ne Mörder-Bestellung, ich bin heute alleine, das kann was dauern... Hihi!“
Kollegin T.E. schrieb eine Rundnachricht an alle: „Es kann noch dauern!“
Vor Auszehrung zitternde Kollegen substituierten sich mit Snickers aus dem Kiosk.

Um 14:25 Uhr – mittlerweile hatte wirklich niemand mehr Mittagspause – erschien der Auslieferator des Burgerbraters mit elefantösen Styroporkisten unter den Armen. Er packte über 100 weiße, in neutrales Einschlagpapier verpackte Päckchen in die Küchenzeile, kassierte von Kollegin T.E. einen Betrag, mit dem man den Staatshaushalt von Honduras hätte sanieren können und verschwand wie ein Geist.
Dann passierte exakt drei Sekunden lang gar nichts.
Da standen sie, reinweiß und inkognito, die Burger, Pommes, Potatoes, Salate, Saucen und Dips.
Urplötzlich schoben sich drei Dutzend ausgemergelter Elendsgestalten auf der Suche nach ihrem Burger mit Gewalt und wie ein Mann in die Küche, kletterten übereinander, drückten sich durch Lücken, die entstanden, wenn jemand stürzte und unterplaniert wurde. Da alle Kisten, Kasten, Döschen und Schälchen völlig unbeschriftet waren, nahm der Pöbel was er kriegen konnte – scheiß' auf so Feinheiten wie Hamburger oder Cheeseburger, Pommes oder Country-Potatoes, Billo-Tunke oder hochwohlfeile Premium Zitronengras-Mayonnaise zu 2,00 EUR!
Mit geprellten Rippen und blutenden Nasen saßen die Kollegen an ihren Plätzen und schlangen während ihrer Arbeitszeit und beim Klingeln des Telefons lauwarme Burger (natürlich nicht den, den sie bestellt hatten) und labberige Pommes herunter. Dazu gab‘s eine Sauce, von der man etwas anderes erwartet hatte.

Besonders schwer getroffen hatte es Poldi van Oldi (Name geändert). Er hatte bereits Wochen im Voraus seine Mama informiert, dass sie ihm an diesem Tag nichts für Mittag einpacken müsse, weil er Chicken-Wings mit Sauce beim hoch-grandiosen BurgerBrater™ bestelle. Doch wieder am Arbeitsplatz zurück, stellte er schwer atmend und am Ende seiner Kräfte fest, dass in der unbeschrifteten Mini-Box nur Platz für sechs (6) Chicken-Wings gewesen war. Seine eigens mit großem Bedacht bestellte Spezial-Sauce fehlte. Natürlich wurde er nicht satt, stattdessen erstickte er fast am lederigen Geflügel. Leider war Poldi auch nicht flexibel genug, sich eine 5-Minuten-Terrine aus dem Kiosk zu holen, denn schließlich hatte er ja immerhin 6,80 EUR für sein frugales Mahl bezahlt. Sein endloses Lamento wurde erst um 17.18 Uhr durch das Zuschlagen seiner Wagentür abgeschnitten.

Übrigens: Wir bestellten nie wieder beim hoch-grandiosen BurgerBrater™. Der Laden hat dann auch irgendwann wieder dicht gemacht, vermutlich, weil jeder nur einmal dort bestellt hat.