Sonntag, 21. September 2014

Zurück in die Zukunft

photo credit: if i only had a cassette player via photopin (license)
Früher war ja angeblich alles besser. Mittels dieses Irrglaubens sammelt sich die AfD (»Alternative für Deutschland«) an den Rändern von Parteien und Gesellschaft ihre Wähler zusammen.

Natürlich ist die Gegenwart reich an Irrungen und Wirrungen, aber – hey! Das war sie schon immer!

Die 80er waren ja nicht nur lecker Bananarama & Miami Vice: Die Achtzigerjahre, das waren Vanilia-Hosen, die kaum einem standen, Schulterpolster und Betonfrisürkes! Ich schaffte am Zauberwürfel nicht mal eine Seite, egal, wie lange ich an dem Kackteil herumkurbelte! Waldsterben war ein Riesenthema, sodass der Begriff »the waldsterben« sogar als Lehnwort in die amerikanische Sprache aufgenommen worden ist. Wenn gewisse Chemiewerke nachts ihre Abwässer in den Rhein kippten, haben Leute schon in den verseuchten Fluten stehend ihre Fotos entwickelt – weil sie es konnten. Auch gab es eine permanente unterschwellige Bedrohung durch Atomwaffen des Warschauer Paktes. Sogar unser »Freund«, der frische Franzos, hatte seine atomaren Mittelstreckenraketen freundlicherweise allesamt auf den chemisch verseuchten Rhein gerichtet, größer war die Reichweite nämlich nicht. Et war nämlich so überaus herrlich in den 80ern! Dass wir alle mal durch so einen Mist wie in »War Games« (1983) draufgehen würden, unseren »The Day After« (1983) vielleicht noch erleben mussten, das schien Gewissheit. Wir lebten in permanenter, unterschwelliger Prä-Apokalypse. Besonders schrecklich: Zwischen 1985 und 1989 hatte Modern Talking fünf Nummer-Eins-Hits in Deutschland (Link)! Reichlich Sex mit häufig wechselnden Partnerinnen hätte mich easy über das Schlimmste hinwegtrösten können, aber dummerweise kam AIDS auf (Wort des Jahres 1987) und es wurde ein bissi hysterisch. Keiner wusste 100% genau, wie & wo man sich anstecken konnte, man konnte es ja nicht googeln. Ich kann mich erinnern, mal in die Stadtbücherei gegangen zu sein, um mich in einem aktuellen Lexikon über die Immunschwächekrankheit zu informieren. Später allerdings konnte man angeblich »auch mal ’ne Tasse verwechseln« (O-Ton), aber es blieb eine Grund-Unsicherheit. 1986 nach Tschernobyl kam Gemüse mit Bequerel-Angaben drauf in den Handel, zum praktischen Selber-Entscheiden, ob die Strahlenbelastung von z.B. 2250 Bq pro Kilo durch Jod-131 für einen noch OK ist oder nicht. 1989 hat Helmut »Birne« Kohl die Wiedervereinigung durchgepeitscht, damit er als »Kanzler der Einheit« in die Geschichte eingeht. Dafür hat er allen »blühende Landschaften« versprochen. Die Option eines »Dritten Weges« (die DDR erst einmal als eigenständigen Staat zu erhalten) wurde zugunsten von sehr schnell schal werdendem Pathos und zu großer Eile verworfen. DAS wäre nämlich eine ECHTE Alternative für Deutschland gewesen, damals vor 25 Jahren.
Dafür wählen die Bewohner der betroffenen Landschaften nun vermehrt AfD – und so schließt sich elegant der Kreis.

»Life's what you make it« (Talk Talk, 1986): Also ran ans pralle Leben! Unkomplizierter wird's nämlich nicht mehr. Außer später im geschönten Rückblick 25 Jahre später von 2039 aus gesehen.
»Früher« ist gut für Anekdoten, aber zumindest ich möchte es nicht zurück.
Außerdem gabs ja nicht mal WLAN.


Montag, 8. September 2014

Der etwas andere Blogbeitrag

photo credit: Kiosk Neustadtring Ecke Glücksstaße via photopin (license)

Wenn man drauf achtet, findet man es IRL oder im Internet auf Schritt & Tritt: "der/die/das etwas andere" Wasauchimmer. Natürlich, normal sind wir ja alle nicht!
Sicher, sicher.
Sind wir nicht alle ein bisschen bluna?
Ja, ja.
Also werten wir ein kleines, nach Pipi riechendes Bahnhofs-Kiosk mal mit der Nullaussage "Das etwas andere Kiosk" urst superdolle auf. Dito "die etwas andere Tankstelle" (stinkt nach Gummi, Sprit und Pächter) und "der etwas andere Blumenladen" (müffelt nach Geranien).
Meine Herren!
Hier handelt es sich eindeutig um das Arschgeweih aller Aussagen über Wasauchimmer!
Und andererseits: Wer möchte denn ernstlich "die etwas andere Abreibung" oder "den etwas anderen Insektenstich" bekommen, geschweige denn "der etwas anderen Motorradgang" begegnen? Oder wie wärs mit der "etwas anderen unheilbaren Krankheit"?
Aha!
Sucht man bei Google (Stand 08.09.2014), so finden sich:
  • "der etwas andere": ungefähr 14.600.000 Ergebnisse
  • "die etwas andere": ungefähr 15.800.000 Ergebnisse
  • "das etwas andere": ungefähr 13.800.000 Ergebnisse
Was unterm Strich 44.200.000 mal "etwas andere" Wasauchimmers ergibt.
Und 44,2 Millionen mal "etwas anders" ist exakt der gleiche Bullshit wie alles andere auch.
Ihr macht mich echt fertig.


Donnerstag, 4. September 2014

Bürogeplänkel 53 - Es ist noch Kuchen da

photo credit: multipel_bleiben via photopin cc

Kollegin Steffi kommt ins Großraumbüro geeilt, ein Kuchenblech auf der Hand.
"Es ist noch Kuchen da, wer will?", fragt sie.
Etwa ein Dutzend Hände recken sich sofort in die Luft.
"Habe ich selbst gebacken!", sage Steffi stolz.
Noch sieben Hände.
"Ganz ohne Backmischung!"
Noch drei Hände.
"Ich stells mal hier hin!"
Als sie sich umdreht, schauen alle total angestrengt auf ihre Bildschirme.

Iris hat jetzt ein Stück gegessen.
Es hat ihr angeblich geschmeckt.
Nun beobachten alle Iris.
Ich drücke ihr mal die Daumen..

[Aufgabe: Markiere alle Stellen im Text, an denen man merken kann, dass Steffi nicht oft backt und jeder im Büro das weiß. (6 Punkte)]