Freitag, 22. August 2014

Phalanx der Dienstleistung (2011)

photo credit: icatus via photopin cc
Als wir Spätsommer 2011 in unsere Wuppertaler Wohnung einzogen, gab es noch einige Mängel, die der Hauseigentümer ausbügeln sollte, unter anderem ein gesprungenes Waschbecken im Bad zu ersetzen.
Ich grofelte gerade durch diverse Kartonagen des kurzum stattgefundenen Umzugs, als es an der Tür schellte, ich blinzelte in den Treppenhausflur. Hier begehrte offenbar eine ganze Reisegruppe Einlass! Aber nein - es war der Hauseigentümer mit drei (3) Klempnern im Gefolge! Meine Herren! Die Handwerker staffelten sich in die Altersgruppen "kurz vor der Rente", "im besten Alter" und "Larvenstadium". Die Eintreffenden stürzten sich quasi zeitgleich ins Bad ohne sich in der Tür zu verkeilen - Profis eben - und begannen zu werkeln - welch beeindruckende Phalanx der Dienstleistung! Mir war, als wirke Orkus, der römische Gott des Klempnerhandwerkes höchstselbst für mich persönlich ein Wunder!
Da fühlte ich mich als Kunde & Mieter richtig ernst genommen!
Ich kam hinzu. Nun befanden sich im Bad zeitgleich drei Klempner, ein Hauseigentümer und ein Mieter (moi). Von dem Gewimmel zuckte mir das Augenlid! Der Klempner-Stammesälteste nahm mich zur Seite, führte mich aus dem Bad, bewunderte die Wohnung, wies auf dieses und jenes Detail hin und sparte nicht mit Lob, sang Hymnen auf den Balkon.
"Darf ich fragen, mit wie viel Personen Sie in diese wunderbare helle und große Wohnung ziehen?", fragte er ehrfürchtig mit einem leichten Timbre in der Stimme.
"Wir sind zu zweit", antwortete ich etwas baff.
"DAS IST LUXUS!!!", begeisterte sich der Handwerker-Senior speichelsprühend, wiederholte den Satz mehrfach.
Da fühlte ich mich als Kunde & Mieter richtig geschmeichelt!
Kurzum quollen Vermieter und allerlei Handwerker aus dem Bad, verabschiedeten sich und verschwanden etwas zu hurtig im Treppenhaus.
Ich ging ins Bad.
  1. Das neue Waschbecken war stark nach vorne geneigt.
  2. Es war dermaßen niedrig angebracht worden, sodass ich bei dem Unterschrank die Beine absägen musste, um ihn überhaupt darunter zu bekommen
  3. Die Silikonmasse zwischen Wand und Becken schien von betrunkenen Irren aufgetragen worden zu sein.
  4. Die Stöpsel-Mechanik funktionierte nicht, war der Stöpsel einmal unten, musste man unters Becken greifen und ihn am Gestänge manuell und mit dem richtigen Schwung wieder herausdrücken, der Hebel im Waschbecken selbst war völlig nutzlos.
Mir dämmerte, dass der Stammesälteste der Blaumänner mit seinen Lobeshymnen auf die Wohnung nur eine Klempnerhandwerks-Nebelkerze gezündet hatte, damit seine Kollegen im Auftrag und unter der Aufsicht des übersparsamen Eigentümers ganz in Ruhe preiswerte, schlampige Arbeit machen konnten.
Da fühlte ich mich als Kunde & Mieter mal so richtig verarscht!


Mehr Klempnerhandwerk: Blogbeiträge


Sonntag, 17. August 2014

Mein schönstes Urlaubserlebnis (1996)

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1996 sind wir mit einer Handvoll Freunden in ein Ferienhaus nach Mandø gefahren. Mandø ist eine dänische Gezeiteninsel an der Westküste Jütlands, Dänemark. Die Insel war nur bei Ebbe mit dem Auto über einen "Ebbeweg" aus Kies zu erreichen.
Thorsten, unser Fahrer, hatte seinen sehr jungen Golden Retriever dabei. Wir fuhren mit dem Wagen über den Ebbeweg nach Ribe, der ältesten Stadt Dänemarks, eher ein Kaff. Wir rannten eine Weile herum und staunten auch darüber, wie unglaublich sauber es die Dänen doch überall hatten. Nichtmal Kippen auf dem Gehweg! Dieses Manko muss auch dem Hund aufgefallen sein, denn er kackte spontan mitten in die antiseptische Einkaufszone. Thorsten, für den "Cholerik" kein Fremdwort war, schwollen diverse Adern, er hatte keine Hundebeutel dabei und die Einheimischen kuckten schon. Weil er jetzt nen Hals hatte und er der Fahrer war, mussten wir alle wieder fahren. Zarte Hinweise darauf, dass es mit dem Ebbeweg nun während der Flut gerade Essig sei, gingen im Zornesrauschen unter. Also standen wir kurz drauf alle geschlossen am tristen Meeresrand und schauten auf die in der Ferne liegende Insel. Thorsten lehnte am Auto, rauchte Kette und starrte verschlossen wie eine Auster aufs Meer. Wir restlichen vier langweilten uns an diesem denkbar uninteressanten Abschnitt der dänischen Küste. Nur der von der Leine gelassene Hund schien sich prächtig zu amüsieren: Er schlang ein interessantes Aas herunter, spülte mit etwas Meerwasser hinterher. Dann fraß er ein Kilo Blasentang. Im Anschluss fand er einen wirklich nicht mehr frischen halben Krebs und knabberte ihn als Snack. Später gab es von dem grünen Seetang und wieder Meerwasser zum Hinterherspülen.
Irgendwann während dieser Stunden, zeigte sich der Ebbeweg wieder, noch bevor er richtig zu sehen war, führen wir Heim. Die Stimmung war nicht so besonders, Spaghettis würden helfen! Kurzum aßen alle mit gutem Appetit ihre Bolognese. Die übrig gebliebenen Nudeln bekam der Hund, der ein gefühltes Pfund davon einfach weg-inhalierte. Danach lag er, alle Viere von sich getreckt, mit Schluckauf und hervortretenden Augen auf dem Boden. Alle zwei Minuten rülpste er verhalten. Nach einer Weile stemmte er sich hoch, trottete zum einzigen Teppich in der Wohnung und bekotzte ihn chefmäßig wie ein T-Rex. Es zeigte sich dem staunenden Publikum die komplette, beeindruckende Historie der Nahrungsaufnahme -- nur in umgekehrter Reihung.
Thorsten schwoll der Kamm. Kurz schien er "hulken" zu wollen, ließ das dann aber bleiben und machte sich stattdessen an die Beseitigung der Bescherung. Wir gaben ihm aus der Ferne Tipps, was die Situation nicht signifikant verbesserte, aber extrem viel Spaß machte.
Wenn ich heute daran zurückdenke war das mein schönstes Mandø-Urlaubserlebnis.


Freitag, 15. August 2014

TW 6 - mit TW ins All

photo credit: x-ray delta one 1958 ... Atlas space station! via photopin (license)
De Mutter, bekannt als Queen Mom (QM), hatte zeitlebens nie auch nur ein Sterbenswörtchen darüber verlauten lassen, wie sie sich ihre eigene Beerdigung vorstellt, schon gar nicht nach Rückfrage. Das ist vielleicht etwas mit der Generation der über 80-jährigen, sie scheinen da etwas sperriger zu sein als jüngere Menschen, vielleicht, weil sie näher dran sind am sprichwörtlichen Himmelstor. (Was es bei QM auch nicht gab: keine Patientenverfügung, kein Testament, keine Bankvollmacht - einfach alles ganz oldschool, Baby.)
So oblag es meinem Bruder und mir, uns nach bestem Wissen & Gewissen selbst um die Modalitäten der Beerdigung zu kümmern. Zurück vom B-Institut saßen wir bei Tante Waltraud (TW) und erzählten ihr, was wir zum Thema QMs Beisetzung ausbaldowert hatten: Urnenbestattung auf Vatters Grabstelle.
De Tante kuckte über-sparsam. Um genau zu sein machte sie ein Gesicht wie ein beleidigter Kermit, sagte aber nichts.
"Tante!", sagte ich, "De Mutter hat nie, nie, nie auch nur ein Wort darüber verloren, wie sie es gerne hätte mit der eigenen Bestattung, deshalb müssen wir jetzt alles bestimmen. Aber wenn du zu deiner eigenen Beerdigung Wünsche & Vorschläge hättest, die es zu beherzigen gilt, dann sei doch bitte so gut, und sprich bitte zu Lebzeiten darüber. Und 'zu Lebzeiten' wäre zum Beispiel genau jetzt, aber auch nächste oder übernächste Woche oder gerne auch später!"
De Tante schrumpfte während meiner Worte mehr und mehr zusammen, so unangenehm war ihr das Thema. Die milchkaffeebraune Strickjacke war ihr bereits acht Nummern zu groß, als ich aufhörte zu reden.

Später saß ich mit'm, Bruder im Auto.
"Weisste was?", sagte ich, "Wenn se nix sagt, lassen wir de Tante ins All schießen!"
(War Spaß.)


Mehr Info zu Weltraumbestattung: hier


Samstag, 9. August 2014

Massentierhaltung in Wuppertal im dritten Stock

photo credit: John Tann via photopin cc

Momentan generiert unser Küchenabfall täglich ca. 40 Drosophilas vulgo "Fruchtfliegen", von mir aus naheliegenden Gründen "Sophies" genannt. Momentan schwärmen sie besonders eifrig in kleinen Wolken herum, denn nicht nur die Obstschale lädt anscheinend zum Herumtollen ein. Auch der Grüne-Punkt-Müll ist zurzeit ein Disneyland en miniature. Gerade treten die Kleinen wirklich als Massentier auf.
Sind wir zu Hause jetzt also Massentier-Halter?
Wahrscheinlich greift spontan irgendeine verschwurbelte EU-Richtlinie. Ich werde auf jeden Fall 218 Millionen Euro an Fördergeldern für meinen Mastbetrieb hier im Dritten Stock in Wuppertal beantragen - way cool!

Damit es den Kleinen bei uns in der Zwischenzeit nicht langweilig wird (während die bürokratischen Mühlen mahlen) und sie sich die Augen rot weinen müssen, habe ich in einem Müslischälchen für ein schickes Badeparadies mit Chill-out-Bereich und Schnorchel-Area gesorgt:
50 ml weißer Balsamico-Essig (oder Obstessig)
50 ml Wasser
1 TL Flüssighonig
1 Tropfen Spüli
alles vorsichtig miteinander verrühren
Schon stürzen sich die Sophies vom Rand in die sauren Fluten, planschen, tollen, schnorcheln, die meisten tauchen überraschend lange unter - wow! Die Winzlinge können ja ewig die Luft anhalten - und es werden immer mehr!
Ich bin beeindruckt.
Wenn jetzt noch die EU-Gelder kommen, dann will ich mich nicht beklagen.


Mehr "Fruchtfliege": Blogbeiträge


Samstag, 2. August 2014

Queen Mom

QM & ich bei der "Seenotrettungsübung" auf der AIDA

Diese Woche Dienstag am 29.07.2014 gegen 23.00 Uhr ist meine Mutter, "Queen Mom" genannt, gestorben. Auch wenn man wegen ihrer Krankheit damit rechnen konnte, kam das Ende dann doch überraschend schnell.
Sie war eine außergewöhnliche, reiselustige und sehr zielstrebige Frau.
Sie wird meinem Bruder, ihrer Schwester TW und natürlich auch mir fehlen.

Hier gibt es einiges zum Thema QM: Blogbeiträge.