Mittwoch, 28. August 2013

Photogeschwurbel

http://goo.gl/YwVnVy
Seit einiger Zeit gibt es bei Facebook eine Gruppe "Photogeschwurbel" (Name geändert). Hier treffen sich Photointeressierte (alles mit ph) aus Wuppertal und Umgebung zum Austausch von Photowissen und gelegentlichen Treffen bis hin zu Phototouren und Coachings. Am besten hat man eine digitale SLR für 800,00 EUR aufwärts, besser investiert man mit allem Schnickes an Zubehör bis zu dem 5-fachen. In der Gruppe posten die Vögel (bzw. Phögel) dann ihre Photos mit ph:

Da ist zum Beispiel „Gerhard K.“, der fotografiert am liebsten grausam nichtssagende Gebäude wie die „Sparkassenfiliale Remscheid-Hasten“ oder „marodes Stadthaus Wuppertal-Cronenberg“. Und weil das alles so lähmend uninteressant ist, fummelt er einen fetten HDR-Effekt drauf, bis die Bilder vor Unnatürlichkeit quietschen - als würde man sie durch digitales Bonbonpapier betrachten.
Tipp: Leider wissen das wohl nur Profis: HDR rockt, aber nur, wenn man es nicht sieht.

Da sind die Frauen „Sabine H.“, „Wiebke S.“ und „Ingrid V.“, sie knipsen tapfer was das Zeug hält, am aller-aller-aller-liebsten Gräser mit unscharfem Hintergrund (selektive Unschärfe). Aber wenn es dann darum geht, dass sie ihre Bilder zeigen, dann zieren sich die Damen. Da basteln sie vor der Veröffentlichung im Forum lieber tapfer pastellfarbene Rahmen um die Bilder oder verbauen bis zu sechs ihrer Fotos zu einer Art lavendelfarbener Gräser-Fotoalbumseite, ganz so, als sei ein einzelnes, „nacktes“ Bild es nicht wert, überhaupt gezeigt zu werden.
Tipp: Seid selbstbewusster.

Dann ist da „Martha R.“, die weniger Wert auf das Fotografieren an sich, aber mehr Wert auf trickreiche Bildbearbeitung legt. Da sie von Letzterem leider genauso wenig Schimmer wie von Ersterem hat, postet sie in einer Tour ihre ihre drastischen Fehlversuche wie gewagten Fragen: „Wie kriegt man das hin, dass Gesichter noch unnatürlicher aussehen als mit dem Photoshop Plasticky-Plugin (bei alle Knöpfe auf 10)?“
Tipp: Das alles interessiert doch kein Schwein. Ansonsten gilt das Gleiche wie für HDR, Madame.

Der Rest postet Fotos von übersichtlich bekleideten 17-jährigen M(o)/(ä)dels – Kunststück! Da kommen in aller Regel gelungene Bilder bei herum, es sei denn, man verreißt die Kamera auf den auf der Couch sitzenden, gelbe und unregelmäßige Zähne zeigenden Nackmull.
Tipp: Manchmal ist weniger mehr, aber in diesem Falle ist es gegebenenfalls umgekehrt.

http://goo.gl/mbDOlm (Billoknipse)
Dann kam der große Tag, der erste Photowalk! Es ging zur Henrichshütte nach Hattingen. Ächzend und schwer beladen wie die Sherpas trafen die Photo-Walker am Parkplatz des Industriedenkmals ein. Um ihre Hälse hingen riesige Spiegelreflexkameras mit megalomanischen Tele-Objektiven, auf den original-Tragegurten stand in der Regel CANON oder NIKON. Um noch einige, wichtige Kamera-Zentimeter dazu zu bekommen, waren auf die großen Zoom-Objektive trutzige Sonnenblenden gesteckt worden - trotz sehr übersichtlichen Sonnenscheins. Die ohnehin wulstigen Chassis der Kameras waren mit Zusatz-Batteriegriffen versehen, die nochmal die Klobigkeit des Ganzen um bis zu 45% zu steigern wussten. Nicht kleckern - KLOTZEN!!! Objektivrucksäcke und Profi-Stative waren Pflicht, nicht Kür. Im Grunde waren alle (bis auf wenige) schon vom Equipment her bereit, jahrelang als Kriegsberichterstatter im Gebirge verlorenzugehen. Nur ein paar Looser und Hungerleider trauten sich ernstlich, mit ihren Billoknipsen oder sogar mit dem Handy hier aufzulaufen - tsts!!! Grundgütiger - die haben ja Nerven...
Nach dem Ablichten diverser Nasen und des ehemaligen Stahlwerks traf man sich im Restaurant. Ihre schwarzen, gummierten Riesenkameras legten alle vor sich auf die SEHR lange Artus-Tafel. Gottogott: Es sah aus wie ein grotesker Schwanzvergleich im Lack-und-Leder-Swingerclub - irgendwie eklig.

Kaum zerstreuten sich die Massen, posteten kurz darauf die Ersten in der Facebook-Gruppe "Photogeschwurbel" ihre an dem Tag geschossenen Bilder:
Gerhard K. hatte einen schmerzhaften HDR-Effekt auf jeden rostigen Tank gelegt, den er hatte ablichten können.
Sabine H., Wiebke S. und Ingrid V. hatten total hübsche Fotos von Gräsern vor rostigen, unscharfen Tanks gemacht. Dann hatten sie vage fliederfarbene Rahmen drumherum gebastelt oder Fotoalbumseiten draus gebaut. Voll total nett! Echt!
Martha R. hatte ihre 1.200-EUR-Kamera auch irgendwo hin gehalten, ihre Ergebnisse hatte sie mit diversen Photoshopfiltern zu Antoni Gaudís LSD-Träumen verunstaltet und noch ein Dutzend schlecht ausformulierter Fragen dazu gestellt, die kein Schwein interessierten.
Die Übrigen hatten an der Henrichshütte heimlich ihre 17-jährigen Töchter oder Nichten ausgepackt und diese teilentkleidet vor industriellem Verfall posieren lassen - you can't go wrong with that!


Dito: (Blogbeitrag)


Mittwoch, 21. August 2013

Wer die Wahl hat...

Wie fröhlich bin ich aufgewacht…
Noch vier (4) Monate bis Weihnachten und ein (1) Monat bis Bundestagswahl – et bleibt einem nix erspart, würde de Mutter jetzt sagen.
Aber wen sollen wir wählen in einem Monat?

CDU wählen. „Die Deutschen“ fühlen sich von Merkel gerade auch zum Thema „Europa“ super repräsentiert (wer the fuck da auch immer befragt wird). Aber welche Europa-Politik wird da eigentlich betrieben? Merkels McKinsey-Berater (die den Laden bereits fast völlig übernommen haben) predigen ihren inhumanen Neo-Liberalismus, dessen Umsetzung in den Krisenländern an den Rändern Europas Merkel dann erzwingt. Das führt dort zu Steuererhöhungen, Senkung der Löhne, Gehälter & Renten und zu Massenentlassungen –  das alles bei gleichzeitigem Abbau der Sozialleistungen. Die Reichen bleiben unangetastet, die Mittelschicht blutet aus und die Unterschicht verelendet. Hey! Endlich kämpfen Europäer wieder um ihr nacktes Überleben und leben in Angst – läuft! „Lasst die Griechen kriechen“ geht jetzt wegen des großen Erfolges auf Europa-Tournee.
Komisch, dass viele Bewohner von sog. "Krisenländern"  die Deutschen deswegen hassen, wo "wir" doch die "Heilsbringer" sind. Ausblick auf kommende Sensationen: „Les Miserables“ (= die Elenden) ist bald Realität für den Großteil aller Europäer.
"Zig Millionen Deutschen gefällt das" (offenbar).

SPD wählen. Während einer Phase des Abschwungs möchte keine Partei neu an die Regierung kommen, erst recht nicht die SPD – bissi moppern, Ball flachhalten, abwarten & Tee trinken. Erst wenn es wirtschaftlich wieder bergauf geht, dann kann man sich den Aufschwung auf die roten Fähnchen schreiben – Wähler sind schließlich Idioten. Um also auf gar-gar-gar keinen Fall eine regierungsfähige Mehrheit zusammen zu bekommen, hat die SPD den Peer aus der Grabbelkiste geholt. Der spult jetzt mit seinem Kondolenz-Team launig sein Programm ab und ist ungefähr so unwählbar wie Bert aus der Sesamstraße – works as designed!
Für die Wahl 2017 holt sich die Bundes-SPD dann Hannelore Kraft. Die wirkt gegen die hölzerne Merkel wie eine echte, lebendige Person und ist so wählbar wie sonstwas.

Grüne wählen. Gut, dass es die Grünen gegeben hat. In den 80ern bis zur Jahrtausendwende. Im Jahr 2000 konnten sie als Koalitionspartner keine einzige grüne Position beim sog. "Atomkompromiss" durchsetzen und den Atomausstieg hat die Merkel gemacht. Jetzt sind irgendwie alle Parteien grün. So richtig etwas Essentielles will mir zu dem ehemaligen Turnschuh-Verein nicht einfallen.
Vielleicht das hier: Link.

FDP wählen. „Als Privatperson FDP wählen?“ Wie zynisch kann man denn sein? Im Anbetracht des weltweit um sich greifenden, menschenverachtenden, zur Verelendung der Massen führenden Neo-Liberalismus wäre für einen normalen Bürger „die Liberalen wählen“ genau so, als ertränke man im Hotelpool und bestellte während dieses Vorgangs beim Poolboy noch eine Extra-Karaffe Wasser.

Die Linke wählen. Geschwister, zur Sonne, zur Freiheit. Seit dem Rechtsruck der SPD zu einer "Partei der Mitte" (Schröder) warte ich auf eine Alternative zur alten SPD, links von der Mitte. "Das politische Vakuum zwischen der Masse der Bevölkerung und den offiziellen Parteien muß gefüllt werden. Das kann nur eine Partei, welche die sozialen Bedürfnisse der arbeitenden Bevölkerung gegen das kapitalistische System verteidigt." (Quelle)
Gegebenenfalls wird es ja noch was, eines Tages.

Piraten wählen. Ja, sie haben Startschwierigkeiten, weil sie den Laden von Anfang an basisdemokratisch aufziehen wollten. Aus diesem Grund sind sie für viele offenbar eine Lachnummer - denkt da bitte nochmal drüber nach. Denn wenn man sich mal die Mühe machen würde, sich das Parteiprogramm der Piraten anzusehen, dann blickt man in goldene Gestade: Link.
Weiter so!

Wie es kommen muss:
"Wichtig ist, was hinten rauskommt" (Dr. Helmut Kohl, CDU):  Nach arg unwürdigem Hin und Her kommt es im Winter 2013 zu einer Großen Koalition. Die hölzerne Merkel bekommt Peer Teer als Sidekick – was für ein ALTERNATIVLOS LAUNIGES GESPANN!

Wir können uns alle mal warm anziehen.


Wunderbares Podcast zum Thema Neo-Liberalismus (WDR5):
Der ökonomische Putsch - oder: Was hinter den Finanzkrisen steckt


Freitag, 16. August 2013

Zigeunersauce und Co.

http://goo.gl/QLvx7P
Ein Verband von Sinti und Roma findet plötzlich und unerwartet das Wort "Zigeunersauce" diskriminierend (Link).
Huch!
Auch das beliebte "Zigeunerschnitzel" schneidet nicht gut ab, obwohl es aus deutschem Qualitäts-Schweinefleisch mit CMA-Gütesiegel ist. Als Alternative wird vom Verband "Paprika-Sauce" ins Gespräch gebracht.
Na, von mir aus!
Ich würde es "Puszta-Sauce" und "Puszta-Schnitzel" nennen, aber mich fragt wieder mal eh keine Sau...
Vermutlich soll jetzt auch noch gegen den EIS-NEGER vorgegangen werden??? (*kicher*)
Schokoliertes Soft-Eis wird auf der hiesigen Kirmes (Blogbeitrag) schon seit der Existenz von Softeismaschinen fett als EIS-NEGER verkauft. Das ist zwar im Dritten Jahrtausend tendenziell über-beherzt, aber man trägt es (das Herz) dabei sicherlich am rechten Fleck! So isset halt im Bergischen Land!
Natürlich könnten sie ihr Eisprodukt auch als "Soft-Schokolino" verkaufen.
Ja, geht auch, von mir aus.
Den "Schokoschaumkuss" aka "Mohrenkopf" aka "Negerkuss" haben wir ja auch überlebt.
Ich denke, ich werde meiner muslimischen Kollegin Tülay am Montag vom Bäcker mal lecker "Schweineöhrchen" mitbringen.
Da geht noch was.


Donnerstag, 15. August 2013

wie Leute

goo.gl/uMFIm1
Als ich heute Morgen zur Arbeit kam, habe ich eine Banane auf meinen Schreibtisch gelegt - so weit, so unspektakulär. Nach eine Weile kam "Sophie" dazu. Sophie ist eine rotäugige Drosophila melanogaster vulgo "Fruchtfliege". Die setzte sich in den Dunstkreis der Banane und huldigte still ihrem sie um das 30-fache überragenden, titanischen Obstgott. Nach einer Weile setzt sie sich mal oben drauf (wie Ahab auf den Wal), um bald wieder von der Tischoberfläche aus rotesten Auges auf das schon leicht braunfleckige Objekt ihrer Begierde zu starren. Vielleicht nuckelt sie zwischendurch etwas an einem kleinen, braunen Fleck. Jetzt sind noch ein paar hinzugekommen. Da ich die Banane heute nicht mehr essen werde, werden die Sophies wohl in einen Schlafsack eingerollt im Schatten des fruchtigen Ayers Rock auch die Nacht verbringen - furchtlos und alles andere als fruchtlos!

Ein bisschen erinnert mich das daran, dass Leute (sog. "Luftfahrtfans") ernstlich auf Flughäfen herumhängen, sogar dort übernachten, einzig weil am nächsten Tag erstmalig auf deutschem Boden z.B. eine Boeing 787 "Dreamliner" landen soll (Bericht). Vielleicht ist es ja sogar ein gelber Flieger von „Banana Airlines“... . Sie jubeln und klatschen, schießen 1.700 vollkommen nichtssagende Fotos, wenn das Ding dann endlich mal am Himmel erscheint. Und dann setzen sie alles daran, dem Riesenteil so nahe wie möglich zu kommen, starren rotesten Auges auf das Objekt ihrer Begierde, möchten gerne wenigstens mal am Vorderreifen lecken.

Leute sind wie Fruchtfliegen.


Mittwoch, 14. August 2013

@work 21 - Ich fühle mich schon viel sicherer

http://goo.gl/flWDuZ
Kunde ruft an, ich am Telefon, schon beruflich.
K: "Hören Sie, wir können die Glottermupf-Liste* zu Zlotl-Zlotl* nicht ausdrucken, bitte helfen Sie mir!"
*) Wegen solcher und vergleichbarere Dinge werde ich ständig angerufen, ich schwöre. Das ist hier teilweise wie bei den "Men in Black"!
Ich: "Nun, ich habe eine spezielle Anwendung, die rufe ich auf und schaue dort nach, Moment bitte!"
Ich öffne diese "spezielle Anwendung" seit einem halben Jahr zum ersten Mal wieder. Mein Anmeldename fällt mir ein, den hatte man mir seinerzeit (vor 13 Jahren) einfach "so" aufs Auge gedrückt: HKMUEHLI (ja, ich weiß: kicher, kicher). Als Passwort will mir gerade so recht nichts einfallen, ich versuche HKMUEHLI1, es kommt ein Errorcode 6 - was auch immer das bedeutet. Ich versuche HKMUEHLI2, auch Errorcode 6. Ich bin sehr glücklich. Ich versuche HKMUEHLI3, es kommt ein Errorcode "ZONK!" - ich bin raus, gesperrt.
Ich könnte vor Glück einen Regenbogen kotzen!
"Hören Sie, ich kämpfe gerade mit der Anwendung, ich rufe Sie gle-heich zurück!", flöte ich und lege auf.
Ich suche mir eine Kollegin, die mich bei der Anwendung "zurücksetzen" kann. Nun ist Anmeldename = Passwort. Ich melde mich an: HKMUEHLI, HKMUEHLI.
Jetzt verlangt es die Eingabe eines neuen Passwortes, sicher, sicher.
Ich versuche HKMUEHLI1.
Es meldet: Passwort darf nicht mit den letzten 8 übereinstimmen.
Is klar.
Ich könnte vor Freude... !
Ich versuche auf gut Glück STEARINE.
Es meldet Errorcode 7.
Ich versuche STEARINE1.
Es meldet: Passwort darf nicht mit den letzten 8 übereinstimmen.
Ach so, hatte ich STEARINE schonmal in den vergangenen13 Jahren - Helau!
Ich versuche mein allererstes Auto-Nummernschild (vom gebenedeiten Kadett D): GM-ER 765.
Es meldet (schon aus Frack) Errorcode 13 - wasauchimmer. Vielleicht der Bindestrich...
Ich versuche MAJORAN1.
Es meldet Errorcode 7.
Ich nehme MAJORAN10 und komme rein! Na, das ging ja flott!
Nur schade, dass ich in zwei Monaten, wenn ich den Kack wieder aufrufe, keinen Schimmer mehr habe, was mir das System hier aufgezwungen hat und der ganze Mist von vorne losgeht. Am besten schreibe ich mir das Passwort auf ein Post-It, das ich unter meine Tastatur klebe...
Ich rufe den Kunden zurück, der ist aber in der Zwischenzeit nach Hause gegangen.


Wie wäre es mit noch mehr Restriktionen bei der Passwortvergabe? Z.B. "ein Wort, das bei Google Null Treffer bingt" wie "zrltgter", oder Buchstaben, Zahlen und Sonderzeichen im Verhältnis 1:1:1 wie "z;1#ltg6~e%77"?
Da geht noch was.
Damit irgendwann auch der Letzte alle seine Passwörter auf dem Zettel unter der Tastatur hat.
Hey! Da fühle ich mich gleich schon viel sicherer!


Montag, 12. August 2013

TW 4 - QM und TW sind sich einig

http://goo.gl/h9cZth
De Mutter is ja nu schon ne Weile im Altenheim.
Sonntags fährt de Bruder mit de Tante Waltraud hin, Mittwochs nehm ich de Tante mit zu Besuch bei de Mutter.
Alles gut!
Nu will de Bruder mal in Urlaub fahren. De Tante wurde et alsbald gewahr! Du Drama: Wie kommt man denn jetz Sonntags zum "Lieschen" (wie se ihre royale Schwester Queen Mom nennt)?
Ein dämonischer Plan reifte in ihr...
Ich fahr also letzten Mittwoch mit de Tante zum Altenheim.
Wir kommen an, gehen rein, rollen de Mutter raus zur Birke, setzten uns auffe Bank.
"Hörmal, wenn der Frank jetzt in Urlaub ist, fährst du mich dann Sonntags zur Mutter?", fragte de Tante.
Well played, Tante...
"Tantchen! Dat sind hin und zurück über 50 km und eineinhalb Stunden nur reine Fahrtzeit für mich. Nimm doch bitte einfach en Taxi!"
De Tante verstummte. Mir war schon klar, dass ich mit der "Taxi-Nummer" nicht durchkommen würde.
Fünf Minuten später.
"Meinste nicht, dass du mich fahren kanns, am Sonntag?"
"Tantchen! Da heuerste einfach noch Tante Walburga un Tante Edith an, dann fahrt ihr zusammen mitm Taxi wie normale Leute, das sind dann Hin-Rück nur vier Euro pro Tante!"
"Ah-hmm?", machte TW geheimnisvoll, wie nur sie es kann.
Fünf Minuten später.
"Also, du meinst wirklich nich, daste mich fahren kanns, Henning?"
Gottogott! Lies es von meinen Lippen ab!
"Nei-hein! Ta-ha-xi!"
Jetzt schaltete sich QM ein, sie ergriff die Hände ihrer Schwester, blickte tief in ihre Augen.
"Traudel! Du bisst doch nich reich! Nimm bloß kein teures Taxi!"
De Tante nickte ergriffen.
De antiken Damen waren sich einig, wat "verrückte Ausgaben" anging.

Verdammt: Plötzlich war ich Dr. Mabuse in einer Parallel-Welt, in der "Lebenszeit" wertlos und "Spritgeld" ein exotisches Fremdwort waren. Gegen ein Taxi ist ein keine Widerworte gebender Sohn & Neffe natürlich einfach unschlagbar spottbillig.


Donnerstag, 8. August 2013

Vatter 3: Einkäufe (2002)

http://goo.gl/UWjyKb
2002: Freitags Nachmittags um 17:10 Uhr kommen meine Eltern, Anfang bis Mitte 70, auf die glorreiche Idee, ihre Wocheneinkäufe zu erledigen. Die gesamten Einkäufe der Woche wurden halt immer schon Freitag Abends gemacht, warum dat ändern, nur, weil man seit Meppen in Rente ist?
De Vatter setzt en weißen Mazda 323 Stufenheck (Bild) rückwärts ausse Garage. Dann geht er zurück, um dat Garagentor zu schließen, weil, dat kann man nich aufstehen lassen, da is immer son Kros. De Mutter hatte hinter der Haustür gewartet und durche Glasbausteine gekuckt, damit se "de Abgase nicht einatmen muss", schließt dann de Haustür gründlichst hinter sich ab, kontrolliert dat noch mal ("man hört ja so viel" aka "die klauen wie die Raben") schreitet würdevoll, ja majestätisch zum Auto un steigt ein. Se hat schon seit Jahrzehnten dat Haus nicht mehr ohne Begleitung verlassen.
De Vatter fährt los in Richtung des Radevormwalder Schloßmacherviertels. Nach 500 m sind se schon da. Se drehen ne Runde über en Parkplatz – kein freier Platz weit un breit, schon gar nich vor ALDI, et herrscht Hochbetrieb. Se drehen gleich noch ne Runde und ne Weitere. Parkplatz: Fehlanzeige. De Vatter wird wat mucksig. Er umklammert dat Lenkrad wie en Bomberpilot. Int Parkhaus könnense auch nich, da isset zu eng, da is de Vatter schonmal angeschrammt. De Mutter versucht de Situation zu entschärfen, indem se auf blühende Kirschbäume (hinten vorm Lidl) hinweist und ihm dabei mitm Finger minimal kontraproduktiv vor den Augen herumfuchtelt.
"Kuck ma Rudi, da hinten, wat isset herrlich! – Hanä! Wat ne Pracht!!!"
De Vatter knirscht mit den Zähnen, dreht noch ne Runde, Schweiß tritt auf seine Stirn.
"Et blüht aus allen Knoppslöchern!", begeistert sich de Mutter.
De Vatter is, sagen wer mal, minder enthusiastisch.
Man dreht noch ne Runde, et ist en Verkehrsgewühl vom Allerfeinsten.
"Kuck mal, so Punker! Man sollet nich für möglich halten!", lacht de Mutter kopfschüttelnd un etwas aufgesetzt, wobei se dat 'u' in Punk wie et 'u' in Ute ausspricht.
De Vatter indes verläßt en Parkplatz, hat genug, fährt wortlos heim.
"Mein Gott!", sacht de Mutter. Kurz drauf: "Vielleicht hat de Waltraud noch wat Milch, die se uns leihen kann!", schiebt se wat kleinlaut hinterher.
De Vatter zuckt mit den Schultern, wischt sich de schweißfeuchte Stirn, fährt den Wagen zurück in de Einfahrt, steigt aus, öffnet dat Garagentor.
De Mutter geht schnell rein, "wegen de Abgase".
Se ruft ihre Schwester Waltraud an.
"Da müssen wir aber morgen Mittag noch wenigstens zum Langenfeld fahren, wegen de Kartoffeln", sacht de Mutter, als de Vatter wieder drin is.
Der knurrt wat, schenkt sich ein Bier ein.
Bislang hat er noch nix gesagt.

De Tante Waltraud bringt später nach Ladenschluß noch zwei Beutel Milch vorbei, gottseidank, weil se wohnt ja zwei Häuser weiter. Die bei ihr abzuholen, auf die Idee wär in 100 Jahren keiner gekommen, weil: is so.


Samstag, 3. August 2013

ru24 Wissen: Amsel


Fleeing Blackbird
Originally uploaded by bogenfreund
In Australien gilt die 1890 ausgewilderte Amsel als Schädling.
Für einen ersten Satz finde ich das schon einmal aufpeitschend genug.
In Europa hatte sich die Amsel – der Nationalvogel Schwedens übrigens – noch um das Jahr 1800 herum ausschließlich im Fichtendickicht verschanzt. Das war nicht so dumm, denn sie stand damals noch auf dem Speisezettel, vornehmlich gebraten. Nun ist die Amsel von der Bauweise her eher ein schneller Snack, wenn's beim Dorfschulzen mal wieder länger dauerte. Mit der Zeit geriet das Amselbraten wieder aus der Mode, es fand sich Nahrhafteres, wie z.B. "gefüllte Perlhuhnbrust mit Waldpilzfarce". Das war quasi der Startpfiff für die sich im Geäst verbergende Amsel, testweise vorsichtig hervorzulugen. Sie steckte den Schnabel aus dem Fichtenwald und begann, den Stadtrand zu inspizieren. Die Städte waren ohnehin gerade dabei, sich ein Mikroklima zuzulegen, dito Parkanlagen, Armen- bzw. Schrebergärten und künstliche Beleuchtung, das traf sich also gut. 1820 kam es zu einer ornithologischen Sensation: Das erste Amselpärchen brütete in Bamberg quasi urban. 1830 zog Augsburg nach, 1850 Stuttgart, 1875 Chemnitz, 1880 Berlin (im Tiergarten). Um 1900 wimmelte es überall in den Stadtgebieten von ihnen, die Städte waren plötzlich sprichwörtlich "schwarz vor Amseln". Seitdem trällern sie von Dachfirsten, grofeln auf 0,80 m breiten Grünstreifen nach Gewürm und moppern, wenn ihnen etwas nicht passt.

Wenn ich morgens zur Arbeit fahre, passiert es mindestens zweimal, dass eine Amsel haarscharf vor meinem Wagen die Straße überquert. Das sieht ungefähr so aus: eine Landstraße inmitten der grünen Hügel des Bergischen Landes. Mal ist rechts Wald und links eine Talsperre, mal ist es andersherum. Oder etwas anders. Schwarzweißgefleckte Milchkühe, ein paar Strommasten, Gras. Die Straße ist frei von Fahrzeugen. Blätter rascheln, Gras wiegt sich im Wind. Ein Blatt fällt auf die Straße. Nach wie vor passiert nichts. Man hört ein Auto näherkommen. Es kommt näher. Noch näher. Sehr nah. Da ist es! Eine Amsel kreuzt die Fahrbahn, das Auto braust knapp an ihr vorbei. Der Fahrer flucht, weil ihn fast eine Amsel gerammt hätte. Dann passiert wieder zwei Minuten lang gar nichts, außer, dass wieder ein Blatt auf die Straße fällt. Bis zum nächsten Wagen. Die dazu passende Amsel macht sich im Gesträuch schon einmal warm.