Donnerstag, 19. Mai 2011

ru24 History 23: 1985: Informatik auf dem Gymnasium

1985: Duran Duran waren 4 Wochen auf Platz 1 der Charts mit "The Wild Boys", Murray Head sang sein grandoises "One Night in Bangkok", Paul Hardcastle brachte "19" heraus und Modern Talking hielt sich mit "The first Album" eine grausige Woche lang in den Album-Charts. (Link)

1984 bin ich als Quereinsteiger von der Realschule auf das Gymnasium gewechselt.

Nach den Erfolgen in BASIC-Programmierung auf der Realschule war es naheliegend, auch hier ab 1985 die Informatik-AG zu besuchen. Informatiklehrer war Herr Döhl, von dem man sich erzählte, dass er einmal auf einem Kurstreffen sein Glasauge in sein Bier geworfen habe. Dermaßen ausgelassen habe ich ihn gottlob nie erlebt. Dafür Vollzeit als Spaßbremse. Sein schwarzer Vollbart überwucherte sein Gesicht fast vollständig. Er trug Pilotenbrille, Glasauge, roten Polyester-Pulli und war der eisenharten Überzeugung, dass Informatik-Unterricht »nur was für Jungs« sei. Andrea K. war diejenige in meiner Jahrgangsstufe, die dem zum Trotz am längsten ausgeharrt hat - Respekt dafür! Dominiert wurde der Kurs von BW-Parka-Nerds, gegen die heute die Jungs von »The Big Bang Theory« oder »The IT-Crowd« wie schillernde Popstars wirken.

In meiner ersten Stunde der Informatik-AG erfuhr ich, dass BASIC nur was für Pfeifen war. PASCAL hingegen galt als das einzig Wahre. Tolle Wurst! Begriffe wie GOTO/GOSUB (absolute Sprungbefehle) outeten einen sofort als BASIC-Kleingeist, Begriffe wie PEEK & POKE legten die allzu große Nähe zum Commodore C64 nahe.

Besser also, man hütete seine Zunge, verinnerlichte stattdessen: »Pascal zeichnet sich durch eine strikte (...) Syntax sowie durch den Verzicht auf kontextabhängige Interpretationen des Codes aus.« (Quelle)
*gähn*
Die Unterrichts-Stoffe »Sortier-Algorithmen« und »Langzahl-Arithmetik« erwiesen sich als nicht zu interessant...

Im Informatik-Raum gab es ein Terminal-System aus den späten 70ern, die »Dietz-Anlage« (Link). Auch hier saßen wir zu dritt oder viert an einem einzelnen Schwarzweiss-Terminal. Irgendwo am Ende des Raumes summte schrankgroß der Hauptrechner mit dem Diskettenlaufwerk vor sich hin. 8"-Disketten (20 cm Kantenlänge: passten mit Müh & Not in eine DIN A4-Klarsichthülle) waren das einzige Speichermedium - mit stolzen 180 KB Kapazität. Auch die habe ich nie voll bekommen... Die Programme druckten wir aus auf grünes Computertabellierpapier mit perforiertem Lochrand für den Traktor des kreischenden 9-Nadel-Druckers, dessen Farbband immer bereits recht schwach war.

Unsere Listings mussten wir zu Hause auf eben diesem Computer-Tabellierpapier korrigieren und fortschreiben, in einer Freistunde im Informatikraum abtippen und dann auf Funktion testen. Das Verfahren erwies sich als nicht allzu alltagstauglich.


1987 zeigte mir einer der Nerds aus meinem Kurs eine 3,5"-Diskette.
Ja, Mann, das war mal angewandte Science-Fiction! Wuchtige 1,44 MB in einem so winzig-kleinen, formschönen Ding!

Die Zukunft würde auf jeden Fall weitere Wunder bereithalten!

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Dienstag, 17. Mai 2011

ru24 History 22: 1983: Informatik auf der Realschule

1983: Culture Club sang "Do You Really Want to Hurt Me", Nena "99 Luftballons", Michael Jackson schluckaufte "Thriller", der Flashdance-Soundtrack hielt sich acht Wochen auf Platz 1 der Charts (Link).

Hurra, die Moderne war nun wirklich und endlich angebrochen!
Informatik-AG auf der Realschule, ich war in der 9. Klasse. Hier standen auf 3 kräftig gebauten Tischen, und kräftig gebaut mussten sie sein, drei Apple IIe europlus (Link), zwei davon mit grün-grün-Monitor, einer mit Bernsteinmonitor. Die ersten Personalcomputer, die ich jemals zu Gesicht bekommen habe. Wir saßen zu dritt davor, einer durfte tippen. Schwarze 5 1/4"-Disketten (13 cm Kantenlänge) mit einem Fassungsvermögen von 1200 KB waren das Medium, auf das wir unsere BASIC-Programme speicherten, die schuhkartongroßen externen Laufwerke wurden dazu mit einem Hebel verriegelt. Niemand benötigte mehr als eine Diskette, denn da war ja Platz satt für jahrelanges BASIC-Programmieren! Über 1,00 MB! Das einzige alternative Eingabemedium war keine Maus, sondern an einem der Rechner ein Satz "Paddles", Drehregler, wie man sie schon von "Pong" kannte. Der Marktpreis des Apple IIe war schwindelerregend und lag bei bis zu 5.000 DM. Und weitere Rechner konnte die Schule auf absehbare Zeit ohnehin nicht anschaffen, da Amerika ein Technologie-Embargo verhängt hatte. Man fürchtete, die hochmodernen Rechner würden irgendwie auf die falsche Seite des Eisernen Vorhangs gelangen und SS-20 Interkontinentalraketen als Recheneinheit dienen...
Der Informatiklehrer war gleichzeitig mein Matheleher, Herr Fuchs. Herr Fuchs war sehr kompakt gebaut, trug gerne einen dunkelgrünen Cordanzug, eine gestrickte Krawatte, Brille und Vorhängeschloss-Bart, die überschaubare Menge Haare trug er zumeist offen.

1984 bekamen wir zusätzlich längliche Sharp PC-1401 Taschencomputer (Link). Jetzt hatte endlich jeder seinen eigenen BASIC-Rechner! Ein Gefühl, das man heute vielleicht generieren könnte, wenn man iPhone 4 an alle verteilt. Großartig!!!
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Freitag, 13. Mai 2011

DSDSS - found!

Ich sitze also abends im Lichtkegel der Leselampe im Sessel und lese. Es macht *summ*, auf meiner Couch sitzt eine ziemlich fette Schnake (4 cm).
Na toll.
Ich stehe auf und erledige das Ding von Hand.
*ptaf*
Setze mich wieder hin, lese.
Auf meiner Couch sitzt die ziemlich fette Schnake.
Hallo?
Ich nehme mein Buch, einen 1.200-Seiten-Wälzer und erledige das Ding mit dem Buch, quasi ein "ex libris".
*PTAF!*
Setze mich wieder hin, lese.
Auf meiner Couch sitzt die ziemlich fette Schnake.
HALLOOO???
Ich glaub et hackt!
Ich gehe ins Bad und hole das Paral.
*pffft!*
Setze mich wieder hin, lese.
Nach einer Weile schaue ich nach, das Ding ist verschwunden.

Bei "Deutschland sucht die Super-Schnake" (DSDSS) braucht sich jetzt also niemand mehr bewerben: Die überaus robuste Superheldenausführung einer Schnake, so eine Art Wolverine der Insektenwelt lungert noch irgendwo bei mir rum.

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Dienstag, 3. Mai 2011

ru24 History 21: Klausuren schreiben auf dem Gymnasium (1989)

Eine Arbeitskollegin erzählte gerade von der gestern stattgefundenen Abiklausur ihres Sohnes.

Unweigerlich fielen mir da die verzerrten kleinen Gesichtchen meiner weinenden Mitschülerinnen wieder ein, damals in 1989...

Eigentlich gab es bei jeder Klausur ab der Jahrgangsstufe 12 das gleiche Problem: Die Mädchen. Vor den Arbeiten lernten sie im Gegensatz zu ihren männlichen Pendants zwei Wochen lang Tag und Nacht. Zur Klausur erschienen sie übernächtigt mit Äpfeln, isotonischen Getränken und Glücksfetischen, um sich dann gegenseitig durch Auflisten ihres übermenschlichen Lernpensums zu vergewissern, dass sie am aller-allermeisten von allen gelernt hatten. Sie konnten die gesamte Primär-, Sekundär und Tertiärliteratur auswendig, natürlich. In ihren kleinen Köpfchen brummte es wie ein einem Bienenstock. Die Klausur begann, sofort schrieben sie wie besessen. Auswendig gelerntes mit kurzer Halbwertzeit wollte doch unverzüglich aus ihnen herauspurzeln, bevor es wieder in Vergessenheit geriet! Es war wie eine Sturzgeburt kurzzeitig angeeigneten Wissens. Sie pinnten zwanzig, fünfundzwanzig Seiten voll, als gäb's kein Morgen. Die Finger am Stift weiß, das Gesicht voller hektischer Flecken. Jedes Mädchen, das etwas auf sich hielt, gab am Ende der angesetzten Zeit einen ganzen Stapel beidseitig dichtbeschriebenen Papiers ab und huschte aus dem müffelnden Klassenzimmer.

Draußen auf dem Flur brach dann die gesamte mühsam aufrecht erhaltene Fassung der letzten Wochen in Nichts zusammen. Die fleckigen Gesichtchen der Mädchen verzerrten sich grotesk, Tränen rannen plötzlich wie unversiegbar, als hätte jemand einen Wasserhahn geöffnet. Binnen Minuten sahen sonst eigentlich tageslichttaugliche junge Damen aus wie Wasserleichen, die zwei Wochen lang in einem stehenden Gewässer herumgedümpelt waren. Und es war nur eine Frage von Augenblicken, bis eine anfing zu sabbern: »Ich hab' sicher 'ne 6!!!«
Na sicher...
Sie fielen sich wimmernd und greinend in die Arme, heulten sich gegenseitig voll. Blauer Mascara verlief mit dem Lidstrich zu einem maus- bis taubengrauen Brei in Alice-Cooper-Optik.
Ich, der ich nur ein paar Tage je ein paar Stunden gelernt und nur zehn Seiten einseitig beschrieben hatte, trollte mich angewidert, mir die Schreibhand reibend.

Wochen vergingen, in denen sich der bedauernswerte Lehrkörper durch die endlosen Bleiwüsten 30-seitiger Mädchenklausuren pflügen musste, sicherlich mit seinem erbärmlichen Schicksal hadernd.
Dann, eines großen Tages, gab's die Klausuren zurück.
Die Anspannung war kaum auszuhalten.
*trommelwirbel*
Die Mädchen hatten allesamt eine 1 oder 2+.
Surprise, surprise...
Meiner einer hatte eine 3-.

Einmal fing tatsächlich eine an zu heulen, weil sie statt der angekündigten 6 nur eine 1- bekommen hatte. Noch heute bedauere ich es, dem damaligen Impuls nicht nachgegeben zu haben, ihre frisch aufquellende Visage ein klitzekleines bisschen vor die Wand zu hauen.
Nur ein bissi, keine Panik.

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