Mittwoch, 29. Juni 2016

BREXIT (2016)

photo credit: European Council Meeting, 28 June 2016 via photopin (license)
Da redet der britische Premier David Cameron sich sechs Jahre lang den Mund fusselig, was die EU doch für ein Scheißverein ist, wiederholt sich zur Sicherheit auch bei jeder sich bietenden Gelegenheit gebetsmühlenartig. Porridge versalzen? Scheiss EU! Ale kälter als Zimmertemperatur? Sodbrennen vom After Eight? Drecks EU! Nach sechs langen Jahren Dauerbombardement mit Camerons Anti-Europa-Politik hatten die Bürger Englands eine recht klare Vorstellung von der Sache. TROMMELWIRBEL!! Jetzt versucht Cameron den ganz großen Coup: Europa mit dem Schreckgespenst eines EU-Ausstiegs noch mehr Extrawürste aus der Lende orgeln und schicko einfach mal die Bevölkerung über BREMAIN oder BREXIT abstimmen lassen. Und was machen die schwachsinnigen Bürger? Oh my gosh! Stimmen die Idis für den Ausstieg! Cameron soll geweint haben, als er das erfuhr.
Wer konnte mit so etwas rechnen?


Mittwoch, 22. Juni 2016

Hyperloop vs. Cargo Sous Terrain


photo credit: Whhhhhiiiiiieeeeeeehhh... via photopin (license)
Eines der nächsten großen Dinger ist der Hyperloop, eine Rohrpostanlage, durch die man Leute mit 1.000 km/h schießt, um sie binnen 30 Minuten von San Francisco nach Los Angeles zu katapultieren, oder von Moskau nach St. Petersburg. Beschleunigung von 0 auf 100: 1,1 Sekunden. Das US-Startup Hyperloop Transportation Technologies will Ende des Jahres in der Wüste von Nevada einen ersten Test unter Höchstgeschwindigkeit laufen lassen (Artikel).
So sindse, die Amis: Immer hart an den Olympischen Idealen "schneller, höher, weiter".

In der Schweiz hingegen gibt es Pläne, zumindest schon mal Waren durch eine unterirdische Röhre zu schicken, den "Cargo Sous Terrain", kurz CST (Video). Im gemächlichen Alpenland setzt man nicht wie in Übersee auf Überschallknall und Schleudertrauma, sondern ganz traditionell auf Beständigkeit: Die Waren sollen mit 30 km/h hochpräzise & automatisiert durch die Röhren tuckern, aber dafür Tag und Nacht.
So sindse, die Eidgenossen, hier muss die Langsamkeit nicht erst entdeckt werden, sie ist Programm.


Donnerstag, 16. Juni 2016

35.000 Jahre Musik

photo credit: Bob Moog fan art via photopin (license)
Schon früh kam ein haariger Zeitgenosse auf die Idee, mit einem Stock auf einen Tierschädel zu schlagen. Der Pock-Pock-Pock-Rhythmus kam gut an beim ersten Publikum, er lag ihm im Blut wie der Herzschlag der Mutter, in der sie neun Monate lang herangereift waren. Einer blies auf einen Röhrenknochen und ein Weiterer ratschte mit einem menschlichen Unterkiefer auf einer großen Nuss herum. Hier und da machte jemand Tier-Laute nach. Die erste Pop-Band.
Im Hintergrund tauschte jemand vergorenen Fruchtsaft gegen Muscheln.

Mit der Zeit wurden die Instrumente raffinierter: Tierhäute wurden aufgespannt, der Rhythmus machte nun nicht mehr Pock, sondern Bumm. Der getrocknete Darm eines katzenartigen Tiers an einen trockenen Ast als Resonanzkörper gespannt gibt Summ-Summ-Summ den Bass. In den Röhrenknochen eines Schwans werden Löcher gebohrt, eine frühe Flöte. Dazu singt der Schamane die Schöpfungsgeschichte.

In den ganzen letzten 35.000 Jahren wurde zwar wieder und wieder an den Details gefeilt, aber im Grunde blieb alles beim Pock-Pock und Summ-Summ und Klim-Klim: Holz, Tierhaut, Katzendarm und Haar vom Pferdeschweif für den Geigenbogen, etwas Metall hier und da. Ob man nun in einen Röhrenknochen bläst oder eine Piccolo-Flöte aus Metall zu Munde führt, das Prinzip ist das Gleiche. Nur die "Piccolöchen" in der Pause sind Welten entfernt von mit Spucke vergorenem Birnensaft.

Als dann 1964 der erste Synthesizer auf der Bildfläche erschien, war das für die Musik genau so ein Schock wie die Technik der Fotografie für die (ab)bildende Kunst: Robert Moog präsentierte den ersten spiel- und konfigurierbaren modularen Synthesizer. Das von Walter Carlos komplett auf diesem Gerät eingespielte Album Switched-On Bach (1968) wurde zum „meistverkauften Album klassischer Musik“ dieser Zeit. (Bitte den vorhergehenden Satz noch einmal sorgfältig lesen.)
Im Grunde ist damit alles gesagt.

35.000 Jahre alte Methoden der Klangerzeugung sind nun obsolet.

Wer noch heute, im dritten Jahrtausend, auf Tierhäuten herumdrischt oder gefühlvoll an Katzendarm zupft, Schädel aneinender schlägt, manisch mit Kalebassen rasselt und in Röhrenknochen tutet, dieser Mitmensch steht sowas von dramatisch auf verlorenem Posten. Die Erzeugung manuell-analoger Musik ist nur noch überkommenes Brauchtum, ein trotziges "Kunststückchen machen", ein Ringelreihen & Hopsasa von ewiggestrigen Hinterbliebenenverbänden in Anbetracht der Möglichkeiten der Synthese von Geräuschen in der Moderne.
Gleiches gilt für die, die diese Musik dann hören.

Wer mich hier für allzu radikal hält, der darf mir gerne seine Kritik von einem Post-Archaeopterix auf Tontafeln zukommen lassen.


Samstag, 4. Juni 2016

Seuchenvögel

photo credit: Winter Viruses and How to Beat Them via photopin (license)
Wie jeden Mittwochabend schob ich mich letzte Woche durch den Radevormwalder Penny-Markt. Ich grofelte gerade vorne durch die Obstauslagen (man muss ja immer reichlich von dem Zeug für die Fruchtfliegen mit nach Hause nehmen), als ich das Gekläffe hörte.
Irritiert blickte ich mich um und sah eine junge Mutter, die in ihrem Einkaufswagen zwei hart verrotzte Gören in den Laden schob. Der etwa Fünfjährige stand im Wagen, der circa Dreijährige saß in dem Kinderklappsitz. Die beiden Virenschleudern husteten bellend wie die Seehunde und niesten wie die Sittiche, das natürlich alles, ohne je eine Hand vor den Mund zu halten. Durch ihre unterschiedliche Anbringungshöhe und das ständige, leuchtturmartige Schwenken ihrer rotzverklebten Köpfe, verteilten sie ihre Gaben fast schon überoptimal. Wenn das der Ausbruch einer tödlichen Seuche war, dann war das Ende der Welt sehr nah! Noch niemals zuvor hatte ich mir so sehnlich einen Chemturion-Anzug (Abb.) oder wenigstens das Outfit eines mittelalterlichen Pestarztes (Abb.) gewünscht!
Ich versuchte etwas linkisch immer mindestens 12 m strategischen Abstand zu halten, dabei schmiss ich etwas abgelenkt wahllos Lebensmittel in meinen Wagen. Mit der anderen Hand googlete ich die Nummer einer deutschen Seuchenschutzbehörde, aber natürlich fand ich in der Aufregung nur das amerikanische CDC & seinen europäischen Ableger ECDC. Das europäische Zentrum für Seuchekontrolle in Solna, Schweden hatte gerade das West-Nil-Fieber im Angebot, wenn ich es richtig interpretierte. Das half jetzt auch nicht weiter!
Zwischendurch sah ich aus der Ferne, wie die Mutter ihren beiden Seuchenvögeln aus einer Wasserflasche zu trinken gab, sie quasi nachlud -- vielen Dank dafür! Das sputumhaltige Kläffen und feuchte Rotzen verfolgte mich durch den ganzen Laden. Wenn die Mutter ihre Seehunde von der Leine gelassen hätte, dann wäre im Penny sicherlich eine Panik ausgebrochen.
Eine Ein-Mann-Panik.

Erst zu Hause, die Patienten Null waren bereits über alle Berge des Bergischen Landes, entdeckte ich das für die kleinen Schleudern in Deutschland zuständige Robert-Koch-Institut (RKI), gut versteckt auf der sechsten oder siebten Google-Trefferseite, aber da war es natürlich schon zu spät.

Mein linkes Auge juckt.
Habe ich heute leicht überhöhte Temperatur?
Von der Inkubationszeit her passt es.

Gottogott.


Freitag, 3. Juni 2016

ru24 future: Schweizer müsste man sein (2027)

photo credit: Ready to go via photopin (license)
Berlin im Juni 2027: Was gab es noch vor elf Jahren in 2016 für einen Jubel! Die Schweiz hatte ein Jahr früher als geplant und für exakt die veranschlagte Bausumme von 11,83 Milliarden den Gotthard-Basistunnel -- den längsten Eisenbahntunnel der Welt -- fertiggestellt! Das Ding war wahrhaftig 20 km länger als die Linie 10 der Pekinger U-Bahn! Reden wurden gehalten, Kapellen spielten und Angela Merkel -- damals in ihrem 11. Amtsjahr -- fuhr mit diversen zu Tode gelangweilten Funktionären die Strecke ab. Es gab nur eine Frage, die alle umtrieb: Wann würde Deutschland seinen Eisenbahn-Zubringer dazu fertigstellen? Schon damals war die Reaktion der Kanzlerin höflich verhalten. Natürlich hatten die Schweizer gut lachen, sie hatten es bei ihrem Großbauprojekt mehr als einfach gehabt: Es gab ein schweizer Architektenbüro, eine schweizer Tiefbaufirma, schweizer Elektriker, eine schweizer Bauaufsicht. Die Finanzierung: Schweizer. Man könnte sagen: Heimspiel. Und vor allem hatte man es bei diesem Projekt nicht mit der Geissel der Menschheit zu tun bekommen: mit Anwohnern.
Der Nachteil der Deutschen: Das Projekt wurde europaweit ausgeschrieben -- Turmbau zu Babel à la BER & Elbphilharmonie läßt grüßen. Zudem gab es "rund 170.000 Einwendungen von Anwohnern, Gemeinden und Landkreisen zu den Planungen für den Ausbau der Zubringerstrecke Karlsruhe - Basel für den Gotthard-Basistunnel [, diese] verzögern den Bau." (Quelle)
Heute, im Juni 2027 weiß man, dass der läppische ZUBRINGER zum Tunnel teurer werden wird als der ganze Tunnel, denn bereits im März 2027 wurde (inflationsbereinigt) die 12 Milliarden-Latte gerissen. Auch weiß man heute, dass die Fertigstellung vor 2032 kaum zu realisieren sein wird, da noch 28.000 Anwohnerbeschwerden Baumaßnahmen auf dem letzten Teilstück verhindern.

Heute, in ihrem 22. Amtsjahr, schaut die Eiserne Kanzlerin, wie sie vom Volk gerne genannt wird, sicherlich wehmütig zurück auf die Eröffnung des Gotthard-Basistunnels vor elf Jahren, als Jubel aufbrandete und Kapellen spielten und ihr damaliger Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt versprach, dass Deutschland alles geben werde.
Schweizer müsste man sein.


Donnerstag, 2. Juni 2016

Es war ein langer Weg

Originalfoto
Wenn meine Omma, Jahrgang 1902, für ihren Enkel (moi) Schokopudding machen wollte, dann verrührte sie noch 1980 Speisestärke ("Mondamin", Betonung auf der ersten Silbe) und entfettetes van Houten-Kakaopulver und Vanille-Zucker (= Zucker, in dem seit Monaten zwei echte Vanillestangen stecken), gab das ganze in kochende Vollmilch und rührte noch eine Weile weiter, das Ganze aufkochend (Rezept). Der Pudding wurde köstlich und aus heutiger Sicht vielleicht völlig überraschend kam de Omma ohne die Farbstoffe E102, E104 und E110 aus.

Dr. Oetker, der schon seit 1891 sehr erfolgreich Backpulver zu 10 Pfennig je Tütchen verkaufte, übernahm auch die Pudding-Sparte und bereits zwei Generationen später wusste kaum noch ein Mensch, dass man Pudding auch ohne Dr. Oetker-Tütchen herstellen kann. Flankiert wurden Dr. August Oetkers Bemühungen von Julius Maggi und Carl Heinrich Theodor Knorr. Ihnen gemeinsam gelang es, die deutsche Küche von Grund auf zu revolutionieren: Zu Beginn des dritten Jahrtausends ist kaum noch jemand in der Lage, Rührei, Bratkartoffeln, Spaghetti Bolognese und Gulasch zu kochen bzw. Brot, Pfannekuchen und Marmorkuchen zu backen, ohne die Additive der Lebensmittelindustrie dazuzukippen.
Verhaltenen Applaus dafür!

400 Artikel (Link) bietet mittlerweile allein der Doktor an. Und es ist für alle was dabei: Das Backpulver für die Omi gibt es immer noch, und für die mental völlig Verrotteten der fünften Dr.-Oe-Generation gibt es im TK "Our Original Pizzaburger", Geschmacksrichtung "Hot Dog" (Bild oben).

178 Jahre Knorr, 126 Jahre Maggi, 125 Jahre Dr. Oetker: Es war ein langer Weg, aber ihr seid ihn gegangen.

Ausblick auf kommende Sensationen: Dr. Oetkers "Our Original Wan-Tan-Burger", Geschmacksrichtung Crème brûlée, "Maggi Fix für Schinkenbrote mit Gürkchen", "Knorr Fix für Spiegelei" und im praktischen Tetrapak "Knorr Fix für 1l kochendes Wasser".
Da geht noch was.


Mittwoch, 1. Juni 2016

Reus

photo credit: Marco Reus via photopin (license)
Heute morgen musste ich mir im Radio (WDR 5) fünf Minuten lang Geseihere darüber anhören, dass ein gewisser "Reus" nicht mit zur "EM" fahre. "EM", das hat irgendwie vage mit Fußball zu tun. And a guy called "Reus": Ich wusste gar nicht, dass es diesen Menschen überhaupt gibt! Ich fasse mal zusammen (8 Sekunden): Jener Reus ist "schon wieder" "nicht gesund" und darf "auch diesmal" "nicht mit". Dann hat der Sender noch die Stirn, stammelnden Pöbel in irgendwelchen Freilaufzonen deutscher Städte dazu zu interviewen, wie sie es finden, dass der Löw diesen Reus aussortiert hat wie einen alten Hamster.
Gottogott!!

Also: Wenn der schon als Kind gekränkelt hat, dann sollte er es vielleicht ganz lassen mit dem Ballspiel und eine überwiegend sitzende Tätigkeit ausüben, statt dass man mir über signifikante Zeiträume meiner Lebenszeit mit Bla-Bla über seine krummen Haxen ein Ohr abkaut.