Donnerstag, 31. Mai 2012

serbisch Grillen

bit.ly/LGwRzh
Ein Freund von mir schwärmte: "Einmal möchte ich auch serbisch Grillen!"
Aha?
Seine serbischen Nachbarn machten es vor.
Die Gattin kommt mit der Klappliege und einem Sonnenschirm in den Garten, stellt alles auf. Der Gatte scharwenzelt heran und legt sich in den Schatten. Die Gattin erscheint mit einem frisch geöffneten Bier, der Gatte dankt. Dann holt sie den Grill, gibt Kohlen hinzu, entfacht ihn, pustet mit einem Blasebalg, legt den Rost darauf. Sie holt ein Tischchen, Geschirr, Besteck und einen Salat. Die Gattin grillt ein großes Steak auf den Punkt. Sie zerteilt es in mundgerechte Happen, gibt Salat hinzu und geht zum dösenden Gatten. Der isst mit gutem Appetit. Dann holt sie ihm noch ein Bier. Später räumt sie auf.
So geht serbisches Grillen.
Hach!
Denn: "In Südostasien, Mexiko und Serbien ist Grillen Frauensache." (Quelle)


Mittwoch, 30. Mai 2012

Grillen

bit.ly/JA1ET0
Deutschland hat Sommer. Da der Sommer binnen 14 Sonnentagen für 2012 komplett abgefackelt sein könnte, ist große Eile geboten: Grillt ihr Narren, grillt!
Dann aber bitte auch wie die Profis!

Vorbereitung:
Leute einladen.
Die Soßen, die man seit der letzten oder vorletzem Grillsaison im Kühlschrank rumfliegen hat, sind sicher noch gut. Protipp: Vor erneuter Benutzung die daumendicke Trocknungsschicht mit den haarigen Punkten einfach unterschütteln!
Gemäß Tante Herthas "geheimen 12-Minuten-Nudelsalat-Rezept" von 1952 würfelt man einen ganzen Ring Schweine-Fleischwurst, gibt 300 g gekochte Nudeln, eine Dose Erbsen (vorher abgießen) und eine Handvoll geschnippelter Essiggürkskes in eine Schüssel und gebe ein großes Glas No-Name-Vollfett-Mayonnaise dazu. Rühren. Fettich.
Im PIMPI-Markt gibbet Fabrik-Ciabatta, Würstkes und Fleisch (aka Massentierhaltungs-Ekelfleisch in Paprika-Tunke).
Grillkohle kann man sich prima an der Tanke besorgen. Sie sollte ausschließlich aus kinderkopfgroßen Stücken Holzkohle und Kohlestaub bestehen. Nur so wird es richtig!
Grillen:
Dann warte man ab, bis die Gäste vor lauter Hunger nicht mehr wissen, wo sie ihr Bier hingestellt haben. Es gibt erste Angriffe gegen Brot, Salat, Soßen. Dann erst sollte man den Grill überhaupt aufbauen. Das Teil reichlich mit Kohle bestücken, anschließend aus großer Höhe gleichmäßig mit einem hochtoxischen, für den Vietnamkrieg entwickelten Brandbeschleuniger begießen und anzünden. FWOSCH!!! Tief durchatmen... Hach! Da kommt "Apocalypse Now"-Stimmung auf: "Ich liebe den Geruch von Napalm am Morgen. […] Riecht nach – Sieg."
Eine halbe Stunde später: Sobald die Kohle etwa zur Hälfte weiß ist - unwürdiges Pusten bis zu Ohnmacht und hektisches Gefächel mit einer Dreckschüppe gehören einfach dazu - können de Würstkes drauf. Da einige der entkräfteten Gäste bereits wimmern, ist jetzt Eile geboten! Den Grillrost so voll wie möglich mit de Würstkes packen (siehe Bild oben). Bier trinken. Sobald es verkohlt riecht, bitte wenden, diesmal aufpassen. Bei Würstchen gilt: verkohlte Seite nach unten auf den Teller. Schon können sich die Gäste die ersten heißen Prachtstücke reinziehen - und sie fallen dankbar und wie die Heuschrecken darüber her (daher kommt überhaupt der Begriff "Grillen"). Die zweite Grill-Fuhre wird komplett mit Fleisch gefahren. Als Ideal gilt: Außen leicht verkohlt aber innen noch sämig-salmonellig-roh - hier zeigt der Grillmeister sein ganzes Können!
Die Gäste veranstalten auf ihren Tellern ein Massaker aus Barbecue- und Knoblauchsauce, Tante Herthas Nudelsalat, Kräuterbutter, Brot und Fleischresten.
Irgendwann lehnen sich alle entspannt zurück und porkeln angelegentlich in den Zähnen - es ist vollbracht!
Jeder hat sich 400 g halbrohes Ekelfleisch reingezogen, eine Flasche Grillsauce vom vorletzten Jahr, Industriebrot aus einer Skandalfabrik, knapp ein Viertelglas Mayo und einige Bierchen - alles, was ein Körper braucht!
Was jetzt im Magen blubbert und in den Eingeweiden rumort, ist der aussichtslose Kampf Magensäure vs. Salmonellen vs. alte Sauce.
Aber: Et is herrlich! De Sonne knallt, et Bier auch un man sitzt mit de Freunde zusammen - hach!
Übrigens hätte der Grill genau JETZT die perfekte Temperatur.


Montag, 28. Mai 2012

Bio-Ovoid, 300 Sekunden

http://bit.ly/KANqPN
1992 konnte man sich vom Herd aus noch leichten Herzens zu seinem Frühstücksbesuch umdrehen und fragen: "Wer will alles ein Ei?" Dann erfuhr man anhand von Handzeichen und/oder Lautäußerungen, dass man z.B. fünf Hühner-Ovoiden zu kochen hatte. Dann nahm man dieselben aus der ALDI-Packung, ließ sie ins kochende Wasser gleiten und fischte sie allesamt nach sieben Minuten wieder heraus, abschrecken, fertig.

20 Jahre später.
Wer es heutzutage wagt, Gäste zu befragen, ob sie denn ein Ei wünschen, riskiert so einiges. Vor allem: Man fragt "ob" und bekommt Antworten, als hätte man "wie" gefragt...
"Ich hätte meins gerne 3 1/2 Minuten!", sagt Himpelchen.
"Ich möchte meins gerne 4 1/2 Minuten!", sagt Pimpelchen.
"Ich will meins voll hart!", sagt Butzelmann und meint 10 Minuten. Später fragt er nach einem Eierschneider.
Susanne Klickerklacker möchte ihr braunes Bio-Ei fünf Minuten und Inka Sonnensalz (Link) dazu.
Ich nehme mein Ei wie 1992 - sieben Minuten - oldschool, baby.

Vorgehensweise:
Ich empfehle, die Eier wie Lottokugeln an mehreren Stellen mit wasserfestem Edding mit "3,5", "4,5", "5", "7" und "10" zu beschriften und dann beim Kochvorgang stehenzubleiben. Gegebenenfalls gibt es noch Sonderwünsche wie Einpieksen oder "auf keinen Fall einpieksen", Abschrecken oder "auf keinen Fall abschrecken".
Während des Kochens diskutieren die Gäste angeregt, ob "Einpieksen" oder "Abschrecken" überhaupt etwas bringt oder nicht (Link). Alle spielen mit ihren Smartphones herum und suchen nach Argumenten.
Sobald ein Ei fertig ist, schaut der Gastgeber auf die Tabelle, ob er den Ovoiden abschrecken darf (oder nicht) und hastet zum entsprechenden Gast, damit es keine Beschwerden gibt, z.B. dass das 3 1/2-Minuten-Ei von Himpelchen nach weiteren 6 1/2 Minuten (Butzelmann) bitterkalt ist.
Natriumchlorid (Salzmühle, Kräutersalz, Fleur de Sel und Sonnensalz), Pfeffermühle, Maggi (für die alte 80) und Senf (Mittelscharf, Dijon, Honigsenf, Feigensenf) sind kommentarlos bereitzustellen, ebenso eine Kollektion von Eierlöffeln (aus Plastik, Horn, Perlmutt und Porzellan).
Anschließend bilden alle einen Stuhlkreis und diskutieren darüber.
Wenn es dunkel wird, müssen die Gäste leider nach Hause gehen.

Was helfen kann: www.eirechner.de (oder als App).
Und gute Nerven.


Freitag, 11. Mai 2012

Mehr Sicherheit für dich und mich


http://bit.ly/IQ3hfg
Im September 2009 verfiel die EDV-Abteilung in Panik - man hört ja so viel!
Automatisiert verpasste sie in einer Nacht- & Nebelaktion konzernweit allen 1.700 (erreichbaren) Schwarzweissdruckern mit eigener Netzwerkkarte ein 12-stelliges Passwort im Stil von "C7b4EmDqL27r" - jedem ein Anderes. Da wird der von China aus operierende Hacker, der sich nach allen Regeln der Kunst durch die Unternehmens-Firewall gehackt hat, eine Überraschung erleben, wenn er versucht, auf einen sieben Jahre alten Kyocera FS-1800N etwas zu hacken (z.B. dass der Drucker bei jedem Druckjob "Pipi ist kein Name und auch kein Getränk, ihr scheiß Imperialisten!" als Fußzeile mit andruckt)... Haha!
Wenn jetzt ein Techniker am Drucker was zu richten hat, muss er anrufen, nach dem Passwort fragen und es mühsam mit den Pfeil-auf/Pfeil-ab-Tasten am Drucker eingeben. Schon das Diktieren ("großer Cäsar, 7, kleine Berta...) ist ein scheiß Spaß für die Ganze Familie!
Mumpitz.

Bei der Bahn, einem der Zukunft zugewandten Unternehmen, ist man da schon viel weiter! Sich als Kunde auf www.bahn.de anzumelden, ist immer ein bisschen wie mit Matrix-Mitteln in einen Hochsicherheitstrakt einzudringen. Wenn man sich nach einem halben Jahr zwecks Buchung eines Bahn-Tickets dort anmelden will, sind Benutzername und Kennwort natürlich wie weggeblasen. Zuerst fordert man seinen Benutzernamen an. Man erhält Minuten später ein E-Mail mit dem Anmeldenamen, z.B. "Nebukadnezar778395". Ach ja, ich erinnere mich, bei der Anlage des Accounts gezwungen worden zu sein, einen 18-stelligen Benutzernamen zu nehmen. Dann kann man sich sein Passwort resetten lassen und bekommt nach einer Weile ein ein Einmalpasswort zugemailt, z.B. "C7b4EmDqL27r" (kommt mir vage bekannt vor), das sofort gemäß folgender Vorgaben zu ändern ist: Das minimal 27-stellige Passwort sollte mindestens Sonderzeichen, Zahlen, Buchstaben in Groß- und Kleinschreibung und 12 Zeichen aus anderen Zeichensätzen beinhalten (z.B. russisch, griechisch, astrologische und alchemistische Symbole und Hassmännlein aus der Maya-Schrift).
Hat man irgendwann die Anmeldung geschafft, ist der Zug in der Regel abgefahren.
Bei der nächsten Anmeldung geht dann alles wieder von vorne los.
Mumpitz.

Seit ich Smart fahre, lebe ich in ständiger Angst, dass die automatische Verriegelung des Wagens eines Tages den Schlüssel mit einschließt. Scheinbar bin ich nicht alleine, Google meldet 12.000 Treffer zu "auto automatische verriegelung schlüssel eingeschlossen". Angeblich sollte so etwas nicht passieren, aber ja, der Teufel ist ja bekanntlich ein Eichhörnchen...
Mumpitz.

Mehr Sicherheit für dich und mich  --  Eines Tage werden wir vor lauter überbordender Sicherheit ausgesperrt von unseren Wohnungen, Autos, Konten, Handys und sozialen Netzwerken auf den Straßen leben und ganz von vorne anfangen müssen.
Vielleicht mit ein bisschen weniger Sicherheit.


Linktipp: hier


Mittwoch, 9. Mai 2012

Radevormwald, eine braune Brutstätte?

http://bit.ly/ICgvsf
42477 Radevormwald hat wieder Medienpräsenz - als braune Brutstätte (Link).
Radevormwald war schon wegen des bis dahin tragischten Eisenbahnunglücks der BRD in 1971 in den Medien (Link), wegen zahllosen Drogenrazzien und jetzt eben wegen Rechtsradikalen, die "die Gnade der späten Geburt" (Link) als persönliches Unglück erachten, Narren, die sie sind.

Die Stadt Radevormwald liegt inmitten der grünen Hügel des Bergischen Landes 20 km entfernt von Wuppertal, ebenso weit weg von Lüdenscheid (wo wirklich niemand hin will) und 10 km von Remscheid (das immer gruseliger wird).
Es ist eine ganz normale, langweilige Kleinstadt mit 22.526 Einwohnern, Tendenz sinkend.
Der Fernsehpfarrer Jürgen Fliege (Link) kommt aus Radevormwald. Der elektrische Currywurstschneider wurde hier erfunden (Blogbeitrag) - Respekt! Und die zweitälteste Jugendherberge der Welt steht hier.
So weit, so unspektakulär.
Ich habe bis letzten Sommer 44 Jahre am Stück dort gelebt und, ja, man konnte dort prima leben. Dort zu wohnen hatte den Vorteil, dass die Miete so dermaßen unanständig niedrig war, dass ich mich kaum traute zuzugeben, dass ich für die 50 m² Genossenschaftswohnung mit Gartenparzelle nur 165,00 EUR zahlte. Der Sonnenuntergang am Küchenfenster war Bombe! Ich parkte direkt vor dem Haus am Bürgersteig. Jahrelang schloss ich mein Auto nicht einmal ab, trotzdem kam nie etwas weg, was man von Wuppertal, meinem neuen Wohnort, nicht gerade sagen kann.
Ich bin dort auf die Realschule (Blogbeiträge) und das Gymnasium (Blogbeiträge) gegangen, dort waren Gewalt und Drogen nie wirklich ein Thema, letzteres eher bei den in die Provinz strafversetzten Lehrern des Theodor Heuss Gymnasiums.

Die Innenstadt von "Rade" hat mittlerweile viel Leerstand. Es gibt ein schönes Eiscafé am Neumarkt und ein tolles Kino. Einen Woolworth (sprich: Woll-wott). Und einen McDonald's. Die zwei bis drei Kneipen, die man hätte aufsuchen können, werden von schnöseligen, ortsansässigen Handwerksmeistern / Fabrikantensöhnen mit komplizierten Brillengestellen und riesigen Angeberautos belagert. Sie haben ihre Gattinnen dabei, die mal Beauty of the Class von 198x waren. Menschen, die gezwungen waren, ihre Freizeit in diesem eklen Umfeld zu verbringen, dauerten mich seit jeher, aber hey: Zum Wohnen war es toll.

Ausländerfeindlichkeit ist mir ein paar Mal untergekommen. Ein einziger (1) Skinhead war mir seit der Jugend namentlich bekannt, ich habe ihn seit 15 Jahren nicht mehr gesehen, vielleicht hat er sich für Führer, Volk und Vaterland zu Tode gesoffen. Auch kannte ich einen Gleichaltrigen, der mal einen Ausländer angegriffen hatte. "Was für ein Spinner!" war hier die einhellige Meinung aller, mit denen ich darüber gesprochen habe. Einmal habe ich durch ein Fenster in einer Wohnung eine Reichskriegsfahne hängen sehen. Und vor zwei Jahren habe ich an Straßenschildern und Bushaltestellen ein paar proNRW-Sticker mit durchgestrichenem Moscheen-Symbol abgeknibbelt.
Und ja: Es gibt/gab eine Internetseite www.radeisgeil.de, tatsächlich eine "Seite für Deutsche Patrioten", sprich: Eine Seite von IDIOTEN für IDIOTEN, was man aber schon weiß, ohne die Seite überhaupt aufrufen zu müssen.
Aber ehrlich: "braune Brutstätte" geht anders.

Mit ihrer Nazivergangenheit hat sich die Stadt seit jeher schwer getan.
Sieht man sich im Stadtnetz die Radevormwalder Stadtgeschichte an "Vom Ursprung bis heute - Damals: Ein historischer Rückblick" (Link), sieht selbst der geschichtliche Laie, dass das Dritte Reich an diesem wind- und wetterumtosten Weiler des Bergischen Landes offenbar absolut ereignislos vorübergezogen ist. Die wackeren Radevormwalder waren vermutlich alle im Widerstand, bis sie dann vom Ami aus heiterem Himmel beschossen worden sind...
Na klar.
 Am 09.12.2003 überflog ich die Überschriften im Radevormwalder Teil der "Bergischen Morgenpost" (BM). Eine verleitete mich ausnahmsweise dazu, weiterzulesen: "Mehrheit Bauausschuss - Straßen nicht nach NS-Gegnern". Ich zitiere:
"Mit den Stimmen von CDU, UWG und FDP (Gegenstimme SPD) wurde gestern im Bauausschuß beschlossen, die Namen der Straßen im Neubaugebiet Laaker Felder nicht nach Radevormwalder Gegnern des NS-Regimes zu benennen, sondern nach Getreidearten."
Das ganze Gerangel hier (ab Punkt 3 b) - es lohnt sich.
Am Text einer alternativen Gedenktafel (Link) wurde so lange herumgedoktert, bis sie endlich harmlos genug daherkam, vermutlich hätten sie am liebsten "... gehänselt" geschrieben. Die Namen der Widerstandskämpfer fehlen.
Vergangenheitsbewältigung at it's best...
Es muss in Radevormwald wohl noch eine ganze Menge Vergangenheit bewältigt werden. Ein paar tapfere Leute haben schon damit angefangen (Literatur).

Vielleicht sind die Nazi-Probleme der Gegenwart dem bisherigen, völlig unwürdigen Umgang mit der NS-Vergangenheit der Stadt geschuldet.
Idealerweise lässt man den Stadtrat bei einer zukünftigen Aufarbeitung komplett außen vor.



Mehr Radevormwald: (Blogbeiträge)


Samstag, 5. Mai 2012

ru History 38 - Queen Mom flucht (1979)

http://bit.ly/INUus6 
Mit der ersten Ölkrise 1973 (Link)  kam es zu einem satten Preisanstieg der Benzinpreise, mit der zweiten Ölkrise 1979 (Link) schossen die Preise durch die Decke. Irgendwann in '79 überstieg der Spritpreis dann erstmals die "magische Grenze" von 1,00 DM (0,51 EUR).
Mon dieu!
"Das sind doch Arschlöcher!!!", fluchte Queen Mom aufgebracht. Es war wie ein Peitschenhieb, weil QM grundsätzlich nie fluchte oder Kraftausdrücke verwendete.
Bei diesen Preisen würde sich doch bald niemand mehr leisten können, Auto zu fahren!


Interessanter Link.


Freitag, 4. Mai 2012

Der Chor der Verdammten

http://bit.ly/JPOtcE
Draußen wird wieder Rasen gemäht. Männer sitzen auf benzinbetriebenen Rasentraktoren, tragen Hörschutz und kriechen über die Rasenflächen des Industriegebietes. Der Heimgärtner an sich hat dieses Jahr schon mehrmals gemäht. Ganz privat. Und wenn man 'es' 'ordentlich' machen will, mäht man die gesamte Fläche gleich ein paar Mal hintereinander, mindestens einmal kreuz, einmal quer, man kennt das ja aus dem Stadion - sicher, sicher.
Zwischendurch wird Moos bekämpft, vertikutiert, Löwenzahn gekillt, ein Maulwurfshügel mit einem Fluch belegt und die Rasenkanten werden neu gestochen, aber so dermaßen akkurat, dass man auch Anno 1933 damit hätte einen Kleingarten-Preis gewinnen können. Zwischendurch wird zu OBI gefahren und der dortige Giftschrank geplündert.

Von jetzt an gibt es kein Wochenende mehr, an dem der Chor der Verdammten (Rasenmäher, Rasenkantenschneider) zwischen 9:00 und 19:00 Uhr je verstummt, es sei denn, es regnet Blut, Frösche oder beides.

Dabei ist die einzige "Nutzung" dieser Grasflächen mittlerweile zu 95% das Rasenmähen.
Es wird keine Wäsche mehr gebleicht. Kinder spielen FIFA 11 auf ihrer ps2 - drinnen, im Schneidersitz, statt draußen herumzubolzen (Blogbeitrag). Und da wir hierzulande auch keine sich anschleichenden Großraubkatzen fürchten müssen, hat sich das ganze Gedöns und Getöse um den permanent gestutzten Rasen eigentlich endgültig erledigt.
Und so richtig Bock aufs Rasenmähen hat ja auch keiner.

Ich habe mal recherchiert. Einfach zu finden war das jetzt nicht. Aber es gibt tatsächlich trittfeste Alternativen zum Rasen, DIE NICHT GEMÄHT WERDEN MÜSSEN. Ich meine jetzt nicht Kies, Beton oder grünes Altglas, sondern z.B. den blauen Kriechwacholder (Link), der kriechende Zitronenthymian (sehr trittfest) oder die englische rsp. römische Rasenkamille.
Oder, hey, total überexotisch - wie wäre es mit Wildwiesen?

Meine Güte. Was würde der Deutsche nur mit all den Riesenmengen gewonnener Freizeit anfangen?
Vermutlich würde er ad hoc irgend etwas finden, bei dem fossile Brennstoffe in Lärm, Gestank, Geschwindigkeit und Gefahr umgewandelt werden - denn du bist Deutschland!

Dann macht mal lieber weiter euren Rasen, ihr Vögel.