Mittwoch, 2. November 2011

ru24 History 27/Automobiles 15: Eine wichtige Lektion (1986)

http://bit.ly/uGS65N
Anno 1986 schrieb ich etwa acht Bewerbungen, um eine Lehrstelle zu bekommen.
Ich bekam eine.
Heute werden alle sagen: "BOAH!!! NUR ACHT???"
Leute, Leute, Leute!
Ich sag nur "2-8-0": Schreibt mal im Zweifingersuchsystem acht Bewerbungen auf einer mechanischen Schreibmaschine mit Zero Tolerance. Wenn ihr einen Tippfehler in Zeile 30, 20 oder zehn macht, heißt es: Neu machen, Trottel! Also, um es mal so auszudrücken: Wenn man den Aufwand hochrechnet, dann waren das so ganz circa 113,4 heutiger PC-Bewerbungen.
OK, also, ich bekam eine kaufmännische Lehrstelle bei einem Ford-Händler.
Cool war: Schon ein halbes Jahr später fuhr ich einen gebrauchten, haselbraunmetallicfarbenen Opel Kadett D.
Nicht so cool war: die Lehrstelle.
Meine Pausen verbrachte ich im Pausenraum zusammen mit den rustikalen Gesellen aus der Schrauberwerkstatt.
Das macht hart, glaubt mir.
Eines Tages teilte ich ihnen eine Beobachtung mit: "Jungs. Keiner von euch fährt Ford. Alles Opel und Japaner. Wie kommt das eigentlich?"
"Komm mit!!!", brüllte einer.
Die verölten Gestalten und ich sprangen auf wie ein Mann, Butterbrotdosen voller Graubrot-mit-Bierwurst-Stullen schlitterten zur Seite, Kaffee mit Fettaugen schwappte, wir hasteten die Treppe hinauf in die Halle.
Auf einer noch nicht hochgefahrenen Hebebühne stand ein recht neuer Ford Escort Baujahr 1985.
"Mach ma de Fahrertür auf un zu!", befahl einer der Schrauber.
Ich tat wie mir geheißen.
Tür auf.
Tür zu.
Die Gesellen blickten mich triumphierend an.
Einer drückte einen Knopf, der Wagen fuhr auf der Hebebühne genau so weit in die Höhe, dass die Räder so gerade den Boden nicht mehr berührten.
"So. Getz nochma!", sagte er.
Die Tür war wie verschlossen.
Der Schrauber nickte im Triumph.
"Pass ma auf! Ne Karre, die sich so verzieht, die fahren wir nich, klar?"
Thema durch.
Tage danach fuhr ich zu Opel und schaute dort auf den Angestellten-Parkplatz.
Bei Opel fuhren sie Ford, Japaner und BMW.
Aha!

Wenn man sich mit etwas sehr gut auskennt, dann kennt man damit auch all seine Fehler. Allerlei konkurrierende Produkte, über die man weniger weiß, müssen demzufolge besser sein, als dieser Schrott.
Ein Trugschluß.
Elegant zusammengeschnurrt lautet das: Woanders ist auch scheiße*.

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*) Das ist universell anwendbar auf nahezu ALLES: Hardware, Software, soziale Netzwerke, Jobs, Baumärkte, Krankenkassen etc., etc. - und manche sagen, sogar auf Beziehungen.