Sonntag, 27. Januar 2013

www 20 - The social network

http://goo.gl/fZtwe 
Noch vor 2006 hätte man es für eine super Idee halten können: Mit allen Nasen, die man kennt, gleichzeitig in Kontakt zu stehen. „Die Welt offener und vernetzter [zu] machen“, wie Marc Zuckerberg es ausgedrückt hat.

Dieses Privacy-Ding bei Facebook ist mittlerweile durch ständige Änderungen so massiv undurchsichtig geworden, dass selbst Zuckerbergs Schwester Randi-po-pandi nicht mehr richtig durchblickt (Link). Irgendwann habe ich aufgegeben noch verstehen zu wollen, wer jetzt welchen Post von mir sehen kann und wer nicht und wtf warum. "Alle" ist die Default-Einstellung.
Ist es nicht mittlerweile sowieso sowas von völlig schnuppe?
Na, das hat ja gut geklappt, Facebook.

Im Laufe der letzten Jahre hat man sich bei FB mit Hans und Franz "angefreundet". Teilweise ist es bei manchen in den vergangenen Jahren geradezu zu regelrechten "Wer-kennt-wen"-Orgien gekommen. So sind viele jetzt mit "Kalle Klammroth, dem Klassenarsch"* (o. vgl.) aus dem heimatlichen Weiler befreundet, mit denen sie als Teenies hinterm Bürgerhaus Anno '82 mal ein Hansa-Pils gezischt haben, Berührungspunkte heute = Null. Und gerade diese verwegenen Vögel posten was das Zeug hält, meist Post-Weiterleitungen von hochfragwürdigen Gruppen-Seiten wie "Schatz, bitte schluck. Bett ist frisch bezogen" (Link) oder "Nein, Stil ist nicht das Ende des Besens" (Link) - Autschn!
*) Aus "Schöner leben mit dem kleinen Arschloch", W. Moers

Zu dieser Überzahl an Nasen kommt die Tatsache, dass Facebook eines Tages absurderweise beschloss, alle "Gefällt mir-Listen" (Filme, Bücher, Musik, Tralala) in Gruppen umzugestalten, die auch tatsächlich Content produzieren (= posten). Dadurch bin ich jetzt auch "irgendwie befreundet" mit den Filmen "Fight Club", "Star Wars Episode IV", "Scott Pilgrim", den Büchern "Daemon" und "Die Hyperion-Gesänge" und  den Bands "Kraftwerk" und "Lemon Jelly" (usw.) - so unnötig wie ein Kropf! Zusätzlich dazu kommen die Gruppen, die man ohnehin abonniert hat, wie "I love Wuppertal", "Der Postillion", "Jamiri" usw. usf. Dann gibt es ja noch die Möglichkeit, Leute "zu abonnieren" oder sie mit dem Prädikat "enge Freunde" zu belegen.
Im Laufe der Zeit hat sich so jeder sein eigenes, aus allen Fugen geratenes FB-Monstrum erschaffen.

Wenn man bei dieser Mörder-Timeline auf dem Laufenden bleiben wollte, müsste man täglich etwa 1,3 km Zeugs lesen. Schlaue Vögel im Dienste des Zuckerbergs haben eingesehen, dass sich diese absurden Riesenmengen an Nichtigem nur noch hart gesottene Vollzeitkasper vollständig reinziehen könnten und mussten Abhilfe schaffen: mithilfe des "edgeranks". Jetzt bestimmt ein intransparenter Konzern-Algorithmus, was du von den Meldungen deiner "Freunde" überhaupt zu sehen bekommst und was nicht, wer Posts von dir sehen kann und wer nicht. Das führt dazu, dass nur noch 12% aller Kontakte, mit denen du "befreundet" bist, deine Posts überhaupt zu sehen kriegen und du umgekehrt nur noch 12% der Posts deiner Kontakte. Man lasse diese Tatsache einmal einwirken...
Facebook-Marketing-Direktor Brian Boland begründet das wie folgt:
There are pieces of content you create that are interesting, and there’s some that are not.” (Quelle)
Das ist ja ganz schön feist!
Meine Fresse!
Die haben echt Eier!

Aber jetzt erklärt sich, warum etliche meiner Posts einfach kaltherzig von allen ignoriert wurden, obwohl es sich (in meinem Falle selbstredend) um grandiose Perlen abendländischer Unterhaltung gehandelt hat!
Richtig, richtig interessant wird das, wenn eine Selbstmordankündigung automatisiert als "not interesting" eingestuft werden und sie deswegen keine Sau zu sehen bekommt... (= Sozial-Darwinismus via Algorithmus).

Also, jetzt mal "in echt": Wenn ich 12% meiner richtigen, echten Freunde (und ich meine das Wort in seinem eigentlichen, wirklichen Sinne) erreichen will, dann kann ich sie ansimsen, anrufen oder mich mit ihnen treffen - IRL! Das ist ad hoc drastisch effektiver als in einem von Nichtigkeiten überfluteten sog. "sozialen Netzwerk" herumzudödeln, welches meine Äußerungen auch noch nach Lust & Laune im Nirwana verschwinden läßt.
Da kann ich mich ja ebenso gut mit meiner Mutter unterhalten.



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