Wir Wuppertaler hatten von Donnerstag bis Sonntag Besuch von Chrissis Freundin B. aus Kanada. Nach ausufernden Schwebebahnfahrten und Hardtanlagenbesichtigungen incl. diversen Open-Air Kaffetrinken stand noch Köln nebst Dom auf dem Programm.
Doch was möchte der Gast? B. wollte gerne einen Angelbedarf-Laden aufsuchen und Fliegenfischen-Köder kaufen, als Geschenk für einen in Kanada lebenden Fliegenfischer. Alles, was ich über Fliegenfischen weiß, ist, dass da Männer in spacken Angelhosen im flachen Wasser stehen und malerisch mit ihren Angeln herumfuchteln und Leinen in der Luft herumschnörkeln wie Anno 1992 in "In der Mitte entspringt ein Fluss" (Wikipedia).
Ich gab zu bedenken, dass kanadische Angelsportgeschäfte mit Sicherheit opulenter ausgestattet seien, als lokale Köder-Katen, aber Argumente fallen nicht immer auf fruchtbaren Boden. Ich googlete mir also den einzigen Laden Wuppertals (Webseite) und am nächsten Tag fuhren wir (B., meine Frau und ich) dort hin.
Als wir die Tür des Geschäfts öffneten, erstarben im Inneren alle Gespräche. Die Anwesenden glotzten die Damen an, als habe stahlend Galadriel, Herrin des Goldenen Waldes einen ohne Lizenz betriebenen, nichtswürdigen Troll-Schankbetrieb betreten. Ein Scherge spurtete sofort umher, um alle Aschenbecher einzusammeln, die in dieser Männerdomäne so selbstverständlich wie bei Mad Men (Link) herumstanden.
Wir verdeutlichten der Tresenkraft (Pflegestufe II) unser Anliegen, derweil hatte der Büttel im Hintergrund keuchend alle 23 vollen Ascher eingesammelt. Er verstaute sie mit dezentem Scheppern.
"Ja, et kommt vorallm drauf an wannse un wose!", dampfte der Fachmann die Philosophie des Fliegenfischens eloquent zusammen. Er kam rum und führte uns zu einem Schrank mit mindestens drei dutzend Schubladen, die allesamt vollgestopft waren mit Döskes voller kleinteiligem, buntem Firlefanz. Die Auswahl war wuchtig.
Aha.
Sobald Männer im Spiel sind, reicht es ja nicht, es kompliziert zu machen. Nein, es muss wieder eine scheiß Wissenschaft draus gemacht werden! Das gilt fürs Grillen, das Atommodell und natürlich auch fürs Fliegenfischen.
Wir krosten also durch die Auswahl der winzigen, bunten, borstigen Dingerskes (Abb.), die allesamt irgendwelche lokalen Insekten in diversen Stadien ihres illustren Werdeganges von der Larven-Wiege bis zur Bahre nachbildeten.
"Der ist hübsch!", sagte B. über ein orange-braun gestreiftes Winz-Gezwirbel.
In der Zwischenzeit konnte ich mich im Laden etwas umsehen. Fische ködern war also ein arg kleinteiliges, ziemlich buntes und vor allem zubehörintensives Gedöns -- wie das wohl primitive Kulturen hinbekommen haben mit dem Fischefangen, so ganz ohne Neonschwimmer, Blinker und orange-braun gestreiftes Winz-Gezwirbel zu 1,99 €?
Nach einer Weile hatte B. eine kleine aber feine Kollektion zusammen, sie zahlte, wir verschwanden.
Während wir ins Auto stiegen, wurden im Inneren des Shops klim!, klim!, klim! die Aschenbecher wieder verteilt.
So eine Aufregung für die Angeljungs!