Dienstag, 18. Juni 2013

ru24 History 48 - Der neue Partykeller (1985)

http://goo.gl/D3L4t
1985. Für den neuen Partykeller hatte der Vater von Thomas M. ("Tom") echt was springen lassen: Ein befreundeter Schreiner hatte ihn nach Maß angefertigt und vor Ort eingebaut. Es sah zünftig aus, alles roch nach Holz und wunderbar dezent nach hochwertiger Honiglasur.

Zwei Wochen später beschlossen Toms Eltern, mal übers Wochenende wegzufahren. Das nahm Tom zum Anlaß, zu einer "kleinen Einweihungsparty" einzuladen.
Aufgrund einer sehr einschlägigen Erfahrung mit einer völlig außer Rand und Band geratenden, quasi öffentlichen Haus-Party, beschloß Tom, dieses Mal Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen:
1) Einladung von nur maximal 16 der üblichen Verdächtigen
2) Limitierung der Alkohol-Ressourcen auf maximal 16 Personen
3) Aufstellen von acht 10 l-Eimern - wenn sich schon jemand übergeben muss, dann doch bitte in eines der zahlreich herumstehenden, mehr als großzügigen Behältnisse!
Ein veritabler, wenn nicht sogar ein genialer Plan!

Kumpel Michael ("Gene") und ich waren noch bei einem gesitteten Sit-In-Geburtstag ("Moni") geladen gewesen, von wo aus wir dann gegen Mitternacht mit großen Erwartungen in Richtung Toms "Partykeller-Einweihungsparty" aufbrachen.
Angekommen, stellten wir fest, dass das Haus seltsam unbelebt aussah. Aus keinem der Fenster schien Licht, verrückterweise auch nicht aus den Kellerfenstern. Wir gingen zum unbeleuchteten Eingang, lauschten - nicht das geringste Geräusch drang aus dem Gebäude, wie unheimlich! Es war doch erst Mitternacht!
Wir schellten - nichts. Wir schellten nochmal - wieder nichts! Wir läuteten Sturm, klopften, endlich wurde die Tür einen Spaltbreit geöffnet. Ein leicht aufgedunsener und schwer angetrunkener Frank P. ("Pore") öffnet uns, sein Grinsen ging einmal um den ganzen Kopf herum. Unter einem Arm klemmte eine Flasche Ravini (= Aldi-Martini) - der einzige von der Feier verbliebene, kümmerliche Rest. Von hinter ihm aus dem Hausflur aus Richtung Kellertreppe wälzte sich süßlich ein fast greifbarer Dritte-Welt-Bordell-Mief ins Freie - wir husteten angewidert. Pores guter Laune tat das keinen Abbruch.
Wir wandten die Guter-Bulle-Böser-Bulle-Verhörtechnik an und bekamen so die ganze Story:
+++ SPOILER: Das ist jetzt mal nix für Zartbesaitete +++
Was bisher geschah:
Von den handverlesenen, geladenen 16 Gästen erschienen nur acht. Dies hatte allerdings zwei Vorteile: Erstens hatte jetzt jeder seinen eigenen Eimer und zweitens war nun doppelt so viel Alkohol wie geplant für jeden da! Hurra! Man becherte, was das Zeug hielt, die Stimmung stieg! Schon bald musste sich der Erste übergeben, fein, wie geplant in den Eimer! Das war Disziplin, das lief wie gedacht! Das Bechern ging weiter, die Stimmung stieg schier ins Unermessliche! Die Alkohol-Vorräte schrumpften zusammen wie Schnee in der Sonne! Hoch disziplinierte Zecher übergaben sich gar sittsam in die bereitstehenden Behältnisse - der geniale Plan ging ja mal sowas von auf! Die Stimmung wollte schier bersten, steigerte sich von Höhepunkt zu Höhepunkt!!! Andreas L. ("Leisi"), seines Zeichens begeisterter B-Jugend-Fußballer, hielt es vor schier aufschäumendem Übermut nicht mehr auf dem Sitzplatz! Hier brach sich brachial der innewohnende Kicker Bahn! Leisi holte aus, trat und traf! Wieder und wieder! Als ihn die arg besudelten Jungs zu Boden gerungen hatten, war es bereits zu spät: Andreas hatte alle acht schwappenden Kotzeimer elfmetermäßig durch den brandneuen, maßangefertigten Hobbykeller getreten und deren Inhalte großzügig auf Decke, Wände, Mobiliar und Zecher verteilt.
Danach begann das trunkene wie panische Reinigen des besudelten Ortes, zuletzt hatte man gegen den bitterbösen Gestank alle im Haus befindlichen Duft- und Deosprays in den Keller geblasen. Dann waren gegen 23.00 Uhr alle völlig erschöpft schlafen gegangen.
Wir fanden den Gastgeber Tom in seinem Bett vor. Als er erwachte, strahlte er wie ein Dreckeimer und lallte ein begeistertes "Hey, der Henning!", um dann ansatzlos in den Papierkorb neben dem Bett zu kotzen. Was doof war: Der Papierkorb war aus Bast und funktionierte in diesem Fall wie eine Küchen-Seihe.
Pore war in der Zwischenzeit wieder eingeschlafen, er hielt die Ravini-Flasche wie einen Teddy im Arm. Die Flasche ließ sich ihm nur entringen, indem wir eine leere Flasche in die Armbeuge nachschoben, jetzt hatten wir Neuankömmlinge wenigstens auch etwas zu trinken.
Leider hatte der Ravini mittlerweile Körpertemperatur - bäh!
Wir trollten uns nach Hause.

Dieser Partykeller hatte vermutlich die längste Zeit nach Holz mit Honiglasur gerochen.