Montag, 20. Januar 2014
Automobiles 21: Der Wille zur Fortbewegung
Als Smart-fortwo-Fahrer bin ich nicht gerade das, was man als "Raser" bezeichnet. Und doch begenet mir jeden Tag mindestens eine Krücke, die den ganzen Verkehr aufhält. Hier fehlt einigen Menschen ganz ernstlich der Wille zur Fortbewegung. Ich habe keinen Schimmer, warum die mit ihren Ford Fusion oder sonstigen Kack-Karren eigentlich unterwegs sind -- ums irgendwo Ankommen scheint es nicht zu gehen. Und wenn die Lenker diese Verkehrshindernisse zum Genuß der Morgen- oder Abendröte unterwegs sind -- ich für meinen Teil bin nicht zum scheiß Spaß on the road.
Es lassen sich folgende Kategorien ermitteln:
Muddi: "Unfallfrei bis ins Grab", so lautet die Devise seit dem ersten Wagen zum Einser-Abi. Das wird durch das Unterschreiten der Höchstgeschwindigkeit von mindestens 20%, an Blitzern um 30% erreicht. Ampeln werden bereits aus langen Distanzen so lange ausgebremst, bis sie ein zufriedenstellendes Rot zeigen.
Vaddi: "Lieber langsam unterwegs als im Büro/zu Hause/etc.", so lautet die Devise. Mit mediterraner Gelassenheit demonstriert dieser Fahrer, dass zumindest er nirgendwo zeitnah eintreffen muss. Versucht jemand zu überholen, erwacht der Machismo des Fahrers wenigstens so lange, dass er das Manöver durch kurzes Beschleunigen verunmöglicht, danach verfällt er wieder in den Dreizehenfaultier-Modus.
Greis: "Ich seh nix". Wer nichts sieht, keinen Schulterblick mehr machen kann und Reaktionszeiten von bis zu 3 Sekunden hat, fährt zur Sicherheit mal was langsamer. Adolf Hartmann hat bei seinem Seh- und Reaktionstest 1944 hervorragend abgeschnitten, deswegen ist er auch in 2014 noch unterwegs. So lange er niemanden totfährt, sondern nur verstümmelt, darf er seinen Führerschein behalten. Sicher, sicher.
Ortsunkundiger: "Wenn ich nicht weiß, wo ich gerade bin, fahre ich eben Schrittgeschwindigkeit": "Unhiesige" haben naturgemäß sehr oft keinen Schimmer, wo sie gerade sind. Navis sind ja auch nur für Lappen. Und fragen kann man ja auch keinen. Besser, sie fahren so langsam, dass sie während der Fahrt durchs Fenster Blumen pflücken können. So kommen sie zwar nirgends an, verschlimmern ihre Situation aber auch nicht signifikant.
Stadtwerke: "Wir fahren zum Grillen, es ist aber erst 10.30 Uhr". Die Mitarbeiter der Stadtwerke müssen ihren Arbeitstag ja irgendwie rumbringen. Mit 25 km/h von A nach B zu gondeln kann dabei helfen.
Als einziger legitimer Nachfolger des kontemplativen Lebens mittelalterlicher Klöster sind die Stadtwerke die letzte Bastion dieser Arbeitsweise.
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