Samstag, 25. Juli 2015

Wir sind TEPCO

photo credit: Berlin Bundestag (unsharp) via photopin (license)

Die beliebte Firma TEPCO, das japanische Energieversorgungsunternehmen, welches für die Fukuchima-Katastrophe verantwortlich zeichnet, hat letzte Woche verkündet, dass die Atomenergie für Japan noch immer die kostengünstigste Art der Energiegewinnung ist. Und hey! Die Rechnung geht sogar auf, wenn man die Entsorgung des strahlenden Mülls und etwaige, ein bissi lästige Mega-Katastrophen und deren Beseitigung völlig außen vor lässt (und somit die wahren Kosten nicht internalisiert).
Respekt: Die Jungs von TEPCO haben echt Samurai-Eier!


Wie ist es denn bei uns?

Kleidung: Da wird die usbekische Baumwolle unter grässlichen Bedingungen angebaut, bewässert mit Grundwasser, dessen Spiegel sinkt und sinkt, derweil die Anbauflächen verzalzen, ganze Landschaften verkarsten. Zur Ernte knechtet die usbekische Regierung notfalls auch Studenten als Zwangsarbeiter. Die Baumwolle schafft es nach Pakistan, wird von Kindern gefärbt, von Kindern gesponnen, gewebt, in wackligen Sweat-Shops in 16-Stunden-Schichten, in denen man nichtmal pissen gehen darf, zu Kleidung verarbeitet, den weiten Weg zu uns gekarrt um dann in solchen Arschloch-Läden wie PRIMARK als T-Shirt zu 3,00 EUR zu verenden. Auch hier geht die Rechnung nur auf, wenn man die Arschloch-Kosten nicht internalisiert: Wenn man hier Beträge für landschaftenweite Umweltzerstörung, Sklaverei in gleich mehreren Staaten und den CO2-Ausstoß in das Shirt mit einbeziehen würde, dann könnte man es vielleicht gerade für unter 40,00 EUR bekommen. Aber so wirft die kleine PRIMARK-Bitch es vielleicht nach dem ersten Tragen weg -- warum waschen? War ja speibillig!
Und nie, nie, niemals würden meine hochwerten Kolleginnen Kleidung tragen, die bereits ein anderer Mensch zuvor getragen hat.

Fortbewegung: Noch heute gilt es in Deutschland als angesehenes Hobby, fossile Rohstoffe in Lärm, Gestank und CO2 zu verwandeln, was in etwa so zeitgemäß ist, wie Walfang, Elefantenjagd, Rauchen auf der Säuglingsstation oder Formel 1. Die Leute fahren noch im dritten Jahrtausend ernstlich mit ihren Hobby-Traktoren(!), Autos und Motorrädern (Blogbeitrag) "einfach so" in der Gegend herum, fahren SUV, amerikanische Dodge RAM, Hummer (am besten gelb lackiert mit Protzo-Klotzo-Alufelgen -- Muahaha!) oder basteln sich Sportauspuffanlagen unter ihre Karren, als wäre der scheiß Lärm, den ihre Ruhestörung auf Rädern damit emittiert, etwas Wunderbares und Wünschenswertes. Auch hier: Arschlochkosten bitte dringend internalisieren! 

Lebensmittel: Wir kaufen Wein aus Kalifornien, Chile und Australien, Birnen aus Argentinien und Knoblauch aus China -- weil es bei Penny im Angebot ist, wir essen jeden Tag Fleisch vom Discounter und wissen im Grunde alle, wie die Haltungsbedingungen für die armen Schweine (und Hühner und Puten und Rinder) sind, nur die Videos dazu können wir nicht ertragen. In Indonesien wird der Regenwald gerodet, um ihn mit Palmölplantagen in riesige, landschaftsweite Monokulturen zu verwandeln (lesenswert: Spiegel), in denen nichts mehr lebt, damit die Lebensmittelindustrie der Erste-Welt-Länder das Palmöl überall reinpanschen kann, weil es preiswerter ist als Rapsöl -- wieder nur, wenn man die Arschlochkosten nicht internalisiert.

Wo ist ein Staat, der endlich mal die Arschlochkosten mit Straf-Steuern und Straf-Zöllen für uns internalisiert?, denn wir alle zusammen benehmen uns wie dumme Kinder im Süßigkeitenladen.
Wir sind Deutschland.
Wir sind TEPCO.
Ich auch.


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