SCHÄDEL-RELIQUIE, photo credit: sybarite48 Chauvigny (Vienne) via photopin (license) |
Oper
Hochkultur I: Im Chaos versunken.
2006 entschließt sich Köln zum Neubau der Oper mit einem Budget von 230 Millionen Euro. Da man die tatsächlichen Baukosten aber auf 355 Millionen schätzt, wird erst einmal alles gestoppt. Nun entscheidet sich der Rat für die abgespeckte Version "ohne Fähnchen" -- für kostengünstige 295 Millionen. 2010: Ein Bürgerbegehren will aus Frack einen Neubau verhindern, der Bau verzögert sich. 2014 merkt man, dass das ambitionierte Bauvorhaben völlig überraschend teurer wird. Grund: Alles wird immer teurer. 2015: Der Wiedereröffnungstermin 07.11.15 wird nur sehr knapp verfehlt, man visiert nun die nächste Spielzeit an. Wie beim BER gibt es nun spontan ein Problem mit der Hauselektrik und den Entrauchungsanlagen, die Stadt trennt sich vom dafür zuständigen Ingenieurbüro. Die Kosten steigen auf über 480 Millionen. Der Wiedereröffnungstermin zur Spielzeit 2017/2018 wird sehr, sehr knapp verfehlt. Vier Bauunternehmen verlassen in der Zwischenzeit überhastet das sinkende Opernschiff.
Stand 2017: "Baustaub, nackter Beton, überall Kabel, es wird seit fünf Jahren saniert, fertig ist noch lange nichts. Erst Ende 2022 sollen die Arbeiten abgeschlossen sein, bei Kosten von über einer halben Milliarde Euro. Die Baustelle ist derweil im totalen Chaos versunken." (vgl. Quelle)
Das Teil kostet am Ende knapp soviel wie die ikonische Hamburger Elbphilharmonie, wird aber leider von Außen nur ein kauziger Klotz mit dem brutalistischen Charme eines 60er-Jahre-Hochhauses werden.
Philharmonie
Hochkultur II: Heinrich-Böll-Platz -- Betreten verboten
"Wegen störender Geräusche darf der Platz über der Kölner Philharmonie etwa 1.000 Mal im Jahr nicht betreten werden. Bei Konzerten, Proben oder Aufnahmen werde der Heinrich-Böll-Platz seit 1999 durchschnittlich drei Mal am Tag gesperrt, sagte eine Sprecherin der Stadt. Der Einsatz von Wachpersonal für die Sperrung koste jährlich 100.000 Euro, die aus dem Topf der von der Stadt bezuschussten Philharmonie stammten. Die Sprecherin betonte, eine nachträgliche Schall-Isolierung mit Neugestaltung und komplettem Ersatz des jetzigen kleinteiligen Pflasters koste mehr als zehn Millionen Euro. Das will die Stadt nicht aufbringen." (Quelle)
Und ist es nicht Wahnsinn, so hat es doch Methode.
Preußen ante portas
"Soldatengeist" meets "lauen Charakter"
1815 fielen das Rheinland und Westfalen an die Preußen. Denen waren die Rheinländer aufgrund ihrer frankophilen Ader suspekt (vgl. Quelle). Und der →Karneval mit seinen ungezügelten Ausschweifungen war ihnen eine „anomalische, in polizeilicher Hinsicht bedenkliche Volkslustbarkeit“ (Quelle). Mit dem chaotischen Karnevalstreiben räumten die Preußen gründlich auf: Ein Festordnendes Komitee wurde ins Leben gerufen. Der erste „geordnete“ Rosenmontagszug fand erstmals 1823 statt. Durch die Besetzung der Preußen vollzog sich eine Militarisierung der Stadt. Köln wurde zur größten Festungsstadt Deutschlands ausgebaut. Um Raum für eine moderne Stadtentwicklung zu schaffen, beseitigten die Preußen den größten Teil der mittelalterlichen Festungsanlegen und schufen die Kölner Ringe.
Den Kölnern eigen war die spürbare Abneigung gegen den „preußischen Soldatengeist“, Bespitzelung, polizeiliche Überwachung, politische Zensur und polizeiliche Willkür.
Der Kölsche Widerstand: In lustigen, bunten Pseudo-Militär-Uniformen zu Tschingbummrassassa „persiflierten und karikierten die in der preußischen Zeit tonangebenden Soldaten durch ihr betont unmilitärisches Gehabe (…). Paraden werden als Tanz dargestellt, wobei die Soldaten ihr Hinterteil aneinander stippen im Stippeföttchedanz.“ (Quelle)
Die Preußen beklagten [im Gegenzug] den „lauen Charakter“ der Kölner und ihre gemächliche Lebensführung sowie das Fehlen ihrer „eigentlichen Tatkraft“ (hier).
Den Kölnern eigen war die spürbare Abneigung gegen den „preußischen Soldatengeist“, Bespitzelung, polizeiliche Überwachung, politische Zensur und polizeiliche Willkür.
Der Kölsche Widerstand: In lustigen, bunten Pseudo-Militär-Uniformen zu Tschingbummrassassa „persiflierten und karikierten die in der preußischen Zeit tonangebenden Soldaten durch ihr betont unmilitärisches Gehabe (…). Paraden werden als Tanz dargestellt, wobei die Soldaten ihr Hinterteil aneinander stippen im Stippeföttchedanz.“ (Quelle)
Die Preußen beklagten [im Gegenzug] den „lauen Charakter“ der Kölner und ihre gemächliche Lebensführung sowie das Fehlen ihrer „eigentlichen Tatkraft“ (hier).
Prominente Kölner
Eine Stadt wie Köln bringt natürlich allerlei Prominenz hervor -- von der Mutter Neros bis Dirk Bach ist da quasi alles mit dabei. (Link)
Sehenswürdigkeiten (Auswahl)
11) Kölner →Dom
12) Kölner →Zoo
13) Römisch-Germanisches Museum
14) Museum Ludwig
15) Wallraf-Richartz-Museum
16) Kolumba
17) Kölner Seilbahn (Zeit mitbringen! :)
18) Flora (Botanischer Garten)
19) Früh
10) Kölner Altstadt
11) Melaten-Friedhof
12) Schiffsrundfahrt auf dem →Rhein
13) Bier-Esel (ältestes Muschelhaus)
14) Schokoladenmuseum
Reliquien
Stückwerk.
Im Mittelalter war Köln nach Rom der größte Handelsplatz für Reliquien in Europa. Hier entstand die Legende um die heilige →Ursula, der zuerst tatsächlich zuerst nur elf (11) Gefährtinnen zugeschrieben wurden. Als aber bei der Kirche St. Ursula ein römisches Gräberfeld entdeckt wurde, aus dem man immer neue Gebeine aushob, konnte es sich hierbei ja ganz theoretisch auch nur um gemeuchelte Jungfrauen handeln! Geschäftstüchtig multiplizierten die Kölner Cleverles die Zahl von Ursulas Märtyrer-Jungfrauen, die von Hunnen dahingemacht worden waren, flugs x 1.000, und der Reliquienhandel nahm nie gekannte Ausmaße an. Das Vierte Laterankonzil der Katholischen Kirche wandte sich zwar bereits 1215 allgemein gegen Missbräuche im Reliquienwesen und somit durften Heiligenreste nun nicht mehr ohne Reliquiar (Aufbewahrungs- und Ausstellungsbox) gezeigt und zum Verkauf angeboten werden, aber das trieb nur die Preise nach oben. Die tüchtigen Kölner werden wohl viele Kästchen gebastelt haben in jener Zeit.
Siehe oben im Post eingebettetes Bild eine Schädel-Reliquie.
Rhein
Der Rhein wird vom Kölner benötigt, um rechtsrheinisch/→schäl Sick und linksrheinisch zu unterscheiden, was ohne den Fluß recht schwierig wäre.
Schäl Sick
Die "schlechte, falsche (Rhein)seite".
Eine mögliche Entstehungsgeschichte ist diese: "Der Ausdruck Schäl Sick kommt vom kölschen Wort schäle für „blinzeln“, verwandt mit „schielen“ oder „scheel anblicken“. In früheren Zeiten (...) wurden Kähne, sogenannte Treidelschiffe, von Pferden flussaufwärts gezogen (getreidelt). Die Tiere wurden dabei vom Sonnenlicht reflektierenden Wasser geblendet, sodass sie das andere Ufer nur „erblinzeln“ konnten. Um die Pferde vor Augenschäden durch die Sonneneinstrahlung zu schützen, legte man den Tieren auf der dem Wasser zugewandten Seite Scheuklappen an, wodurch diese die andere Rheinseite gar nicht mehr sehen konnten."
Es ist Tradition in Köln, die rechte Rheinseite zu dizzen: Schon der damalige Oberbürgermeister Konrad →Adenauer bezeichnete die Schäl Sick als 'Sibirien'. Auf einer Zugfahrt soll er bereits auf der →Hohenzollernbrücke die Gardinen seines Abteils zugezogen haben mit dem Kommentar: "In Deutz beginnt der Bolschewismus."(vgl. Link)
Schmitz-Säule
Rückt Ereignisse ins rechte Licht.
Die 4,80 m hohe, quadratische Schmitz-Säule in der Altstadt wurde 1962 von einem Bürger gespendet und 1969 fertiggestellt, was für Kölner Verhältnisse recht rasant ist. Neben allerlei Ereignissen gedenkt die Säule der Mondlandung als zweitwichtigstem Ereignis des Jahres 1969.
Das wichtigste Ereignis 1969 war natürlich... (wait for it)... der →Karneval.
Silvester 2016/2017
Der Kölner an sich rechnet ja nie mit dem Schlimmsten.
Stadtarchiv
Auch acht Jahre nach dem Einsturz des Stadtarchivs weiß man nur, dass der Einsturz "irgendwie" mit dem Bau der Nord-Süd-Verbindung der U-Bahn zusammenhängt. 2019 ist der Fall verjährt, dann können alle Beteiligten endlich aufatmen (SPON). In der Zwischenzeit wird ge→klüngelt, was das Zeug hält.
By Stadt Köln (Own work by User:Madden) [Public domain], via Wikimedia Commons |
Oben: Die goldenen Kronen der →Heiligen Drei Könige auf rotem Grund.
Unten: Die elf schwarzen Tropfen oder Flammen (in Köln spricht man von „Tränen“), diese stehen für die Hl. →Ursula und ihr Gefolge.
Stay tuned: Teil 5 erscheint am 01.12.