Dienstag, 5. Juni 2018

ru24 Special: Portugal von A-Z (Teil 3 von 3)

Porto
Nepp
1) Nochmal: niemals ein Restaurant betreten, vor dem Hanseln stehen, die dazu auffordern.
2) In Lissabon und auch Porto gibt es Läden für Touristen, die ausschließlich eingedoste Sardinen mit poppigem Design zu je 7,50 € verkaufen. Da muss man schon mit dem Klammerbeutel gepudert sein, um hier seine Mitbringsel zu kaufen.
Und nein: Es gibt gar keine „Piermont-Sardinen“.

Ich nehm' den Nachtbus, Nachtbus, Nachtbus.
ÖPNV
Busse und Straßenbahnen sind das Mittel der Wahl zur Fortbewegung in der Stadt. 10 Minuten Verspätung sind nichts, worüber man sich hier aufregt. Auch bei einer Viertelstunde schauen die am Bushäuschen wartenden Einheimischen nicht einmal auf ihre Armbanduhr. Auf die ikonische Straßenbahn 28, die an einer bestimmten Haltestelle alle 8 Minuten halten sollte, kam mal in einer Dreiviertelstunde nur einmal und war so voll wie die Tokioter U-Bahn zur Rush Hour.
Busse und historische Straßenbahnen kacheln zentimetergenau durch enge Gassen und wenn irgendwo mal wieder einer lässig die Straße überquert oder ein Auto mit dem Warnblinker herumsteht, dann wird halt unaufgeregt gehupt bis der Vogel sein Gefährt wegsetzt. Businsassen haben einen dicken Nerv, regen sich wenn aber spektakulär im Kollektiv auf — wie Truthähne. Es klingt dann auch so. Pro: Der Nachtbus ist so voll, dass man gar nicht umkippen kann.
In Porto sollte man die Straßenbahn unbedingt bis zur Endstation fahren. Die Bahn wendet nicht, sondern fährt rückwärts wieder zurück. Zuvor wandert der Fahrer mit einem Einhängesitz und einer Kurbel in der Hand von ehemals vorne (jetzt hinten) zum neuen Vorne. Alle Sitzlehnen im Waggon werden zur Freude aller mit großem Hallo herumgeklappt, dann geht es wieder los in die Gegenrichtung.
Dickes Plus: Keine Musikanten in öffentlichen Verkehrsmitteln, das ist den Vögeln vermutlich nicht verlässlich genug.

Parks
In den Parks leben rabiate Tauben, rabiate Enten und zuweilen extrem rabiate Gänse. Der mit Abstand beste Park Lissabons ist der Jardim da Estrela direkt gegenüber der Basílica da Estrela. Im Teich gibts neben dem vorgenannten Federvieh sogar Wasserschildkröten! Yay! Im günstigen Café gibt‘s schattige Plätzchen am Teich, wechselnde Tagesgerichte und WLAN. Gegebenenfalls  klappt beim nächsten Besuch sogar die Toilette wieder. Gegebenenfalls.

Pastéis de Belem/Nata
Pastéis de Nata
Mönche, die ihre Schlüpper ausschließlich mit Eiweiß stärkten, hatten deswegen große Mengen Eigelb übrig und erfanden somit als Abfallprodukt eine süße Eiersahnecreme auf knusprigem Blätterteig, die berühmten Pastéis de Belém. Sie werden in der ganzen Stadt von Pastelarias (Bäckereien) als „Pastéis de Nata“ vertrieben und sind der Himmel auf Erden. Das Original-Rezept ist natürlich geheim... Da man mindestens ein Pastéis de Nata pro Tag essen sollte, bietet man in Portugal unglaublich günstige Kombis „Nata plus Espresso“ zu 1,00 € an. Yay!

Porto
„Pittoresk“ ist ja in der Regel nur ein Euphemismus für „verelendet“ und „heruntergekommen“. Porto aber ist so dermaßen schön und würdevoll gealtert, wie es Filmstars oft nicht tun. Bevor der ganze Laden rundumsaniert und durchgentrifiziert wird und die Häuser Plastikhaustüren und Kiesgärten bekommen, sollte man sich dieses Juwel in seiner gebrochenen, romantisch verwahrlosten Pracht dringend einmal ansehen, bevor es zu spät ist.

Sintra (Weltkulturerbe)
Eine einst sicher schöne Stadt, dermaßen vom Tourismus gezeichnet, als hätte eines Tages ein Wanderzirkus beschlossen, vor Ort zu bleiben, um dann auf Teufel komm‘ raus zu metastasieren. Hier haben wir die teuersten Kaffeeheißgetränke unserer Reise zu uns genommen: Einen etwas muffig schmeckenden Milchkaffe und einen wirklich grottenüblen Cappuccino. Ggf. war das der Denkzettel des Etablissements dafür, dass wir nicht feudal haben auffahren lassen.
Etwas fahl flohen wir diesen Ort.

Tauben
Tauben
Lissabon, deine Tauben scheissen nicht gerne im Dunkeln.

Telefon
Handy-Telefonate (oder das hier beliebte FaceTime) sind in Portugal buchstäblich endlos. Einmal begonnen, dauern sie IMMER bis zum Ende der Akkulaufzeit. Nur portugiesische Omas fassen sich kurz. Dabei brüllen sie mit der Stimme von Sophia Petrillo von den „Golden Girls“ ins Telefon und lachen wie Dämonen.

TV
Sobald der portugiesische Mann einen Fernseher mit Fußballspiel erblickt, erstarrt er wie ein Reh im Scheinwerferlicht und ist auch, wenn er mitten im Weg steht, nicht mehr ansprechbar.
True Story.



FAZIT
Selten war mir ein Urlaubsland auf Anhieb so sympathisch wie Portugal.
Wenn man am ersten Urlaubstag ein Lokal mit defekter Toilette besucht, kann man sicher sein, dass die Toilette auch am letzten Urlaubstag noch nicht funktioniert. Vieles wirkt unorganisiert, chaotisch und als Deutscher möchte man ständig etwas verbessern, und seien es die Abläufe aus Bestellen und Ausgabe ein einem Café -- was einem gleichzeitig die Augen öffnet, wie deutsch man eigentlich ist.
Wir werden wiederkommen, denn Portugal ist auf seine charmante Art wunderbar unperfekt.
Wer mehr darauf steht, dass jemand jeden Morgen mit einem Poliertuch das Dallmayer Prodomo-Schild am Café poliert, sollte nach Bayern fahren.