Mein guter Freund E. klagt seit Jahren über Heuschnupfen. Da er zu den Menschen gehört, die Medikamente nur nehmen, wenn man sie ihnen mit einem Betäubungsgewehr über große Distanz in die Venen jagt, leidet er allzeit schnaubend und roten Auges vor sich hin. Dieser, unser Nächster aus der Bibel, dauerte uns. Als ich und meine damalige Freundin C. von der möglicherweise heilenden Wirkung von lokalem Honig erfuhren (Link), also Honig, der aus der unmittelbaren Nähe des Pollenflugopfers gewonnen wird, wurden wir aktiv. In der Nachbarschaft des Freundes gab es an einem der verschieferten Fachwerkhäuser ein honiggelbes Schild: "Hier haust ein Imker", darauf abgebildet war ein aus Strohringen gefertigter Bienenkorb - oldschool, baby.
Der Besuch bei einem echten Imker, war eine skurrile Erfahrung: der Mann trug so etwas wie einen Strahlenschutzanzug, Gummistiefel und Handschuhe, das Gesicht bedeckte eine Imkermaske, aus der dichte Rauchschwaden seiner Imkerpfeife drangen. Es roch verdächtig nach THC (ein beliebtes, psychoaktives Cannabinoid, Link). Möglicherweise verstellte der Mann (?) zusätzlich noch seine Stimme.
Wir erwarben ein Glas Honig zu 4,50 EUR und verschwanden mit wehendem Haar. Bei einer Zeugenaussage hätte ich sagen können, dass der Imker vermutlich männlich und ca. 1,80 m groß war. Eine Biene haben wir nicht gesehen.
Das Honigglas war ein schrundiges Schraubglas mit einem Deckel aus Goldplaste. Das grün-weiße Etikett war überreich beschriftet. Es handelte sich bei diesem Produkt unübersehbar um ECHTEN DEUTSCHEN BIENEN-IMKER-WABEN-SCHLEUDER-HONIG. Ganz so, als könne man hierzulande Honig auch von albanischen Klempnern bekommen, die ihn Ohrenkneifern entrungen haben. Ohrenkneifer, die alles andere als artgerecht in Abflussknien gehalten werden.
Sei's drum.
Wir beschenkten den Freund, dieser bedankte sich mit dem ihm eigenen skeptischen Überschwang.
Einen Monat später fragte ich nach.
Er aß den Honig nicht.
Der vom Aldi (Link) schmeckte ihm besser.