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Montag, 3. Juni 2013

Der Computer als Zen-Garten

http://goo.gl/FeOkE
Der Zen-Garten:
Der 72-jährige Abt des Klosters schiebt die Papiertür zur Seite, tritt heraus in den klaren Morgen. Die Luft riecht angenehm würzig, Vögel singen. Er geht die Einfassung des ausschließlich der Meditation dienenden Steingartens ab. Es ist ein Trockengarten aus Steinen und Sand. Es handelt sich um einen sehr reduzierten Zen-Garten-Stil namens Kare-san-sui (vgl. Wikipedia). Der Abt sammelt kleine Stöckchen, Blätter und Bärlauch-Samen ein, lauscht dabei auf den Gesang eines Brillenvogel-Männchens. Nach etwa einer Viertelstunde beginnt er, den Sand zu harken. Der Sand wird in Wellenform geharkt, um die Steine umfließendes Wasser zu symbolisieren.
Sein Geist ist angenehm leer.

Der PC:
Der 72-jährige Opa Paschulke öffnet die Schiebetür und schlurft in sein Arbeitszimmer. Es riecht angenehm muffig. Er schiebt sich zwischen Wand und Schreibtischkante entlang, läßt sich auf den Bürostuhl plumpsen, startet den PC. Es ist ein älterer Rechner mit nur sehr wenigen Anwendungen. Opa Paschulke beginnt, auf dem Desktop einige Icons hin- und herzuschieben, lauscht dabei auf das mysteriöse Ticken der Heizung. Nach einer Weile startet er wie jeden Tag die Defragmentierung der Festplatte. Er beobachtet diesen Vorgang mit großem Wohlwollen, erzeugt er doch einen höheren Grad an Ordnung.
Sein Geist ist angenehm leer.


Freitag, 6. November 2009

Lifestyle 23 - Die letzte Bastion

Gestern auf dem Weg zur Arbeit: Noch 250 m bis zur grünen Ampel, noch 200 m. Zwischen der Ampel und mir, ein 2,8-Tonner der Stadtwerke Remscheid, der mit gemütlichen 42 km/h auf die Ampel zutuckerte. 150 m. Herrgott! Langsam wurde ich unruhig, ich war ja nicht zum Genuß der Morgenröte unterwegs!
Stabile 42 km/h, noch 100 m.
50 m.
Die Ampel sprang auf orange um, der Stadtwerke-Karren bog ganz gemütlich rechts ab. Ich stand vor der - natürlich - roten Ampel und haderte mit meinem Schicksal.
Klar haben die Vögel von den Stadtwerken alle Zeit der Welt! Die müssen ja nirgends ankommen! Stadtwerke sind ja quasi die einzigen legitimen Nachfolger des kontemplativen Lebens mittelalterlicher Klöster! Sie sind die letzte Bastion einer Arbeitsweise, für die man selbst bei der Jack Daniel Distillery in Lynchburg, Tennessee (Link) wegen Arbeitsverweigerung rausfliegen würde.
Später habe ich auf der Stadtwerke-Remscheid-Homepage das hier entdeckt: "Wir machen die Bedürfnisse unserer Kunden nach Mobilität und Freizeit zu unserem Anliegen."
Buahahaha!
Echt mal voll gelogen!

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Samstag, 31. Oktober 2009

Lifestyle 22 - Ein schrecklicher Irrtum der Moderne


2007-11-01 Dignity
Originally uploaded by [ henning ]
1979. Herbst in einem tibetischen Kloster. Perfekte Laubblätter trudeln durch die kalte Bergluft. Ein geschorener Novize harkt mit gleichförmigen Bewegungen das Laub auf. In der Ferne, im Hintergrund, sprengt Chuck Norris einen Berggipfel.
Alles ist perfekt!

Das tibetische Kloster des kleinen Mannes: der Friedhof. Entspannender Ort, Hort der Ruhe und Gelassenheit, Skulpturenpark und meditativer Wandelpfad in einem.
In meinem Urlaub hatte ich den großartigen, goldenen Herbsttag abgepasst, um auf dem Kölner Melaten-Friedhof (Map) Fotos von Skulpturen zu machen.
Ich fand sofort den Friedhof, ich fand auf der Stelle einen Parkplatz. Mächtig mysteriös! Beim Betreten des Friedhofs durch ein Seitenportal fiel mir auf, dass Eichhörnchen, Amsel und Meise Hörschutz trugen.
Das alles hätte mich schon stutzig machen müssen!
Dann traf mich das Lärmen von mindestens sieben, strategisch über den Friedhof verteilten, benzinbetriebenen Laubbläsern wie eine biblische Plage!
Was früher schnell und effizient schrapp-schrapp-schrapp mit Laub-Rechen gemeistert wurde, erledigt man heute mit dem Ungetüm namens Laubbläser: Schallemmissionen im Bereich zwischen 106 und 115 dbA = Lärm der Gattung "Babygeschrei bis Presslufthammer" (Quelle) und die Abgase von mindestens zwei Trabants P601 sollen darüber hinweg täuschen, dass so ein Ding in etwa so effizient ist wie die Marx Brothers beim Regieren eines Landes.
Die Friedhofsgärtner, früher Laubrecher, jetzt Laubbläser, angetan mit Blaumann und Hörschutz, bliesen indes unbeeindruckt das Laub ein wenig erratisch vor sich her, lärmten und stanken.
Lärm, der Tote auferwecken könnte! (Danke an Matthi für das sprachliche Bild!)
Der Friedhofsbesuch war in etwa so entspannend wie eine Wurzelbehandlung.

2009. Herbst in einem tibetischen Kloster. Perfekte Laubblätter trudeln durch die kalte Bergluft. Ein geschorener Novize bläst unter markerschütterndem Getöse mit einem benzinbetriebenen Laubbläser das Laub mit gleichförmigen Bewegungen von hier nach da und wieder zurück.
Meditiert wird hier nur noch, während Sprit nachgefüllt wird.


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