Posts mit dem Label Friedhof werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Friedhof werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Freitag, 10. Februar 2017

Trauerfeier

photo credit: Missud R.I.P, granny via photopin (license)

Die Tage war ich mit meinem Bruder auf einer Beerdigung. Die Friedhofskapelle war "proppentvoll" (hätte de Mutter gesagt), wir mussten stehen. Das, was nun folgte, war mit gesundem Menschenverstand nicht zu erklären:
  • Die Anwesenden wurden genötigt, drei Strophen des Liedes "424" zu singen. Der Text war vermutlich irgendwann  im Barock unter dem Einfluss von Fliegenpilzen in einem Hungerturm zusammengetackert worden, die "Melodie" waren Zufalls-Tonfolgen. Dazu "sangen" alle: "Lorooo, loroo, lorooo".
  • Der Priester besprenkelte die Urne mit Weihwasser, dann sagte er etwas über Trauer und zitierte aus dem Johannesevangelium, was man, wenn man nach "Trauer Johannes Zitat" googlet, auf Anhieb findet.
  • Die Anwesenden wurden genötigt, etwas mitzubeten, das irgendwie fast alle auswendig konnten, nur die Hardcore-Heidenkinder nicht (Bruder & moi).
  • Der Priester verfiel in einen merkwürdigen schamanistischen Singsang, was aber niemand der Anwesenden groß wunderte (außer die üblichen Verdächtigen).
  • Die Anwesenden wurden genötigt, zwei Strophen des Liedes "337" zu singen. Der Text war vermutlich im Spätmittelalter während eines syphilitischen Fieberschubs entstanden, eine "Melodie" fehlte. Dazu "sangen" alle, die sich die Mühe machten: "Lorooo, loroo, lorooo".
  • Der Priester besprenkelte die Urne schon wieder mit Weihwasser, dann ließ er sich dazu herab, "ausnahmsweise" (Zitat), einen Text über die Verstorbene zu verlesen, den die Familie verfasst hatte. Das einzige Highlight dieser Veranstaltung.
  • Es gab ca. drei bis vier weitere "Programmpunkte", die ich aber vergessen habe, weil ich in ein Kurzzeit-Koma gefallen war.
  • Alle verließen die Kapelle und prozessierten hinter Priester, Familie und Urne her.
Den Priester konnte man jetzt im Licht etwas besser sehen. Er war ein pummeliger Mann, blass wie ein Fischbauch, im weibischen Ornat. Er ließ es sich nicht nehmen, am Grab noch geschlagene 20 Minuten Schall zu emittieren, die Trauergesellschaft harrte derweil im Freien bei 0° C aus.

Jetzt mal in echt: WTF?
Alles, was die Kirche zu dieser Veranstaltung beigetragen hat, war in Teilen bestenfalls "schräg" zu nennen, der überwiegende Rest war muffig bis zur Fäulnis oder total off. Und so zeitgemäß wie ein Exorzismus. Um die Verstorbene ging es hier nicht einmal marginal, sondern nur um das mechanische Abspulen von überkommenem Brauchtum aus der Mottenkiste: "Lorooo, loroo, lorooo". Und hey! Das war schon "evangelisch reformiert", Grundgütiger! Die anwesenden beiden Heidenkinder befiel schon bei dem Gedanken, auf der eigenen Trauerfeier seinen Mitmenschen einmal so einen Kernschrott anzutun, nacktes Grauen.

Hier muss man wohl oder übel zu Lebzeiten selbst Hand anlegen, damit das auch klappt.


Zum Thema:
Blogbeitrag: "Mit TW ins All"
Checkliste: "Die eigene Beerdigung planen"


Mittwoch, 18. Juli 2012

Mütze

bit.ly/Oav0pF 
Berlin. Wir rannten uns die Hacken wund, Sightseeing und Freunde treffen und so.
An der Schönhauser Allee, nördlich des Senefelderplatzes im Ortsteil Prenzlauer Berg lag der/die/das/ein LAPIDARIUM - so stand es fett dran.
Also die machen da also "irgendwie in Steinen".
Sah aus wie ein Friedhof.
War wohl ein Friedhof.
Also rein, kucken.
Freundin ging vor, ich hinterher.
Anmerkung: Es war keinerlei, wie auch immer geartete Warn-Beschilderung etc. zu sehen!
"MÜTZE AUF!!!", schnauzte mich beim Reingehen die dort herumstehende Frau Bullterrier an.
"Arghl!", schaffte ich gerade noch aufgrund der freundlichen Anrede.
Ich erhaschte einen Blick auf ein Körbchen mit schwarzen, jüdischen Mützchen. Zog rasch so meine Schlüsse. Jüdische Mützchen = Jüdischer Friedhof = mützchenpflichtig (wg. "Religion und so"). Ich griff mir also eine solche Hinterkopfbedeckung (die Kippa heißt) und setzte sie auf. Ich habe ja schließlich kein Problem mit anderen Kulturen, andere Kulturen aber offenbar mit mir.
Etwas unschlüssig, ob ich jetzt meiner Freundin auch ein Mützchen mitbringen sollte, fragte ich die freundliche Frau Bullterrier.
"NEIN, NUR FÜR MÄNNER!!!", brüllte sie.
Sicher, sicher.
Ach so, na klar.
Dankeschön.
Hauptsache, man steht als Voll-Troll da!

Und: Hallo? Nur für Männer?
Chauvi-Verein!


Google Maps: (Link)

Donnerstag, 26. Januar 2012

Queen Mom 13 - Das Grabmal des unbekannten Soldaten (2004)

http://bit.ly/w7lcrj
Novembersamstag, de Tag vor Totensonntag, et hatte geschneit. Ich fahre zu Mom, mein Chauffeur- un Einkaufen-Gehen-Job.
»Wir müssen mal eben noch zum Blumenladen«, sacht se.
Ich mach en fragendes Gesicht.
»Für beim Papa auf'm Grab«, sacht se.
»Hm. Meinst du, dat der da wat von hat?«, frag ich zweifelnd. Meinen Atheismus un de Verneinung det ganzen Brimboriums hab ich ja von em.
Mutter zieht nen Flunsch.
»Die Leute fragen doch, ob wir wat hingelegt haben«, sacht se.
Sicher, sicher.
Wir fahren.
Am Blumenladen deutet se auf en riesiges Gesteck aus Tannenzweigen, Zapfen un Zeugs.
»Dat da sieht aus, als würd et lange halten«.
Mysterien. Ich nick. Queen Mom geht zahlen. Ich nehm derweil dat Dingen, pack et int Auto.
Mal eben zum Friedhof.
Keine Parkplätze vorne, aber et gibt ja nen Hintereingang. Ich parke.
»Ist de Wagen auch wirklich zu? Ich hab gelesen, de klauen hier wie de Raben!«
»Jip, ist zu«, attestiere ich.
Ich oberkellnere dat Gesteck in de Linken, de Mom hab ich am rechten Arm. De Friedhof ist reinweiß.
»Kuck mal, mein Gott, de Otto Schurichs!«, sacht se.
Da hier außer uns niemand is, vermute ich richtig, ein Grab.
»Wer war Otto Schurichs?«, frag ich.
»Der hat nach'm Krieg mit deim Papa Bäume gefällt un so«.
Ach, echt? De Vatter!
Wir zuckeln weiter.
»Jo, de olle Frau Celm!«
»Aha. de hat früher bei de Omma unten ein gewohnt, ne?«
»Jo. Mein Gott, ist dat schon lange her!«
Das Todesdatum ist von 1982, vor dem Geburtsdatum wächst ein Lebensbäumchen. Wir zuckeln weiter. Mein Oberkellner-Arm rumort. Hätte ich mal besser nachm Krieg wie de Vatter Bäume gefällt un so, statt immer nur am Schreibtisch zu hocken.
»Hier rein?«, frag ich.
»Nee.«
Weiter gehts.
»So! Ich glaub da hinten!«, sacht se wie immer ohne auf wat zu zeigen, »ich orientier mich immer an dem Dingen da... oder vielleicht an dem Dingen... ?«, wieder ohne auf wat zu zeigen.
Dat Gesteck wird langsam wat lästig.
»So!«, sacht se, »Wir müssen uns hier links halten!«
»Sieht irgendwie nich danach aus«, sach ich.
»Mein Gott!«, sacht de Mutter. »Von der Seite vom Friedhof her findse ja nix!«
»Vielleicht da hinten?«, frag ich. De Gesteckarm wird innen wat warm.
»Nee!«, sacht Mom nachdrücklich, »Aber haste dein Dingen dabei?«
Wie gewohnt gehe ich de Pfade vonne Möglichkeiten durch. Nach ein paar Sekunden fummel ich mein Handy aus de Tasche.
»Jo! Ruf mal eben de Waltraud an!«, sacht se, aber ich wähle schon de Nummer.
»Ja-haa?«, so meldet sich de Tante, de Schwester meiner Mutter immer.
»Hi, ich bin's«, sach ich. So melde ich mich immer.
»Ah, ja!«, sacht de Tante nach einigen Sekunden.
»Hörma', wir sind gerade auf em Friedhof un wollen en Gesteck auf Papas Grab legen, et hat aber geschneit un wir finden et nich!«, sach ich.
»Ah, hmm!«, sacht de Tante, dann nach einer Pause: »Ihr müsst links an dem Brunnen reingehen, dann auf de linken Seite«.
»Ja, un dann?«
»Ein oder zwei Gräber neben Habermann, ich hab auch schon en Gesteck draufgelegt«.
»Ja, danke Tantchen, finden wir ... tschö!«, sach ich un leg auf.
Ich laufe mit dem mittlerweile tonnenschweren Gesteck vor, de Mutter geht vorsichtig hinterher.
Langsam begreif ich, warum sich de Investition von nem Grabsteins vielleicht gelohnt hätte.
»Hier!«, ruf ich, an em Grab neben 'Habermann' stehend, Mom kommt hinzu.
»Is da denn dat Gesteck vonne Waltraud?«, fragt se.
Dat Grab is bucklig verschneit, ich grab an verschiedenen Stellen en Schnee weg, aber en Gesteck kommt nich zutage.
»Dat kann et ja auch gar nich sein – dat ist ja gar kein Familiengrab!«, sacht de Mom.
Puh! Ich jogge zum Nächsten, grab im Schnee.
»Hier is vielleicht wat Gesteckartiges«, ruf ich.
Se kommt hinzu, dat Gesicht drückt Zweifel aus.
Ich beschließ, dat dat Grab vor mir Papas Grab is.
'Fumm!' landet dat Gesteck auf ner halbwegs ebenen Stelle, mein Arm dankt et.
»So hier!«, sach ich.
»Biste sicher?«, fragt se.
»Nee«.
Wir stehen beide nebeneinander un starren auf dat Gesteck.
»Wir könnten dat Dingen auch alternativ auf dat 'Grabmal det unbekannten Soldaten' legen«, sach ich un kicher en bissken irr.
De Mutter kuckt wat missmutig.
»Der Papa hätt dat jetz aber auch lustig gefunden«, sach ich.
»Ich weiß«, sacht se un drückt meinen Arm, an dem se sich wieder untergehakt hat.
Wir gehen ganz langsam zum Auto, steigen ein.
»Können wir mal eben noch zum Penny?«, fragt se.
Sicher.


Samstag, 31. Oktober 2009

Lifestyle 22 - Ein schrecklicher Irrtum der Moderne


2007-11-01 Dignity
Originally uploaded by [ henning ]
1979. Herbst in einem tibetischen Kloster. Perfekte Laubblätter trudeln durch die kalte Bergluft. Ein geschorener Novize harkt mit gleichförmigen Bewegungen das Laub auf. In der Ferne, im Hintergrund, sprengt Chuck Norris einen Berggipfel.
Alles ist perfekt!

Das tibetische Kloster des kleinen Mannes: der Friedhof. Entspannender Ort, Hort der Ruhe und Gelassenheit, Skulpturenpark und meditativer Wandelpfad in einem.
In meinem Urlaub hatte ich den großartigen, goldenen Herbsttag abgepasst, um auf dem Kölner Melaten-Friedhof (Map) Fotos von Skulpturen zu machen.
Ich fand sofort den Friedhof, ich fand auf der Stelle einen Parkplatz. Mächtig mysteriös! Beim Betreten des Friedhofs durch ein Seitenportal fiel mir auf, dass Eichhörnchen, Amsel und Meise Hörschutz trugen.
Das alles hätte mich schon stutzig machen müssen!
Dann traf mich das Lärmen von mindestens sieben, strategisch über den Friedhof verteilten, benzinbetriebenen Laubbläsern wie eine biblische Plage!
Was früher schnell und effizient schrapp-schrapp-schrapp mit Laub-Rechen gemeistert wurde, erledigt man heute mit dem Ungetüm namens Laubbläser: Schallemmissionen im Bereich zwischen 106 und 115 dbA = Lärm der Gattung "Babygeschrei bis Presslufthammer" (Quelle) und die Abgase von mindestens zwei Trabants P601 sollen darüber hinweg täuschen, dass so ein Ding in etwa so effizient ist wie die Marx Brothers beim Regieren eines Landes.
Die Friedhofsgärtner, früher Laubrecher, jetzt Laubbläser, angetan mit Blaumann und Hörschutz, bliesen indes unbeeindruckt das Laub ein wenig erratisch vor sich her, lärmten und stanken.
Lärm, der Tote auferwecken könnte! (Danke an Matthi für das sprachliche Bild!)
Der Friedhofsbesuch war in etwa so entspannend wie eine Wurzelbehandlung.

2009. Herbst in einem tibetischen Kloster. Perfekte Laubblätter trudeln durch die kalte Bergluft. Ein geschorener Novize bläst unter markerschütterndem Getöse mit einem benzinbetriebenen Laubbläser das Laub mit gleichförmigen Bewegungen von hier nach da und wieder zurück.
Meditiert wird hier nur noch, während Sprit nachgefüllt wird.


Bookmark and Share

Donnerstag, 16. Juli 2009

Medien 4 - Nur drei Gegenstände pro Grab

Der König ist tot, es lebe der König.
Ob MJ nun nur vorübergehend, als Wanderpokal quasi, oder auf Dauer auf dem Forest Lawn Memorial Park in den Hügeln von Hollywood beerdigt wird, sei dahingestellt. Leider sind die Betreiber des Friedhofs solche Spaßbremsen: »Die strengen Friedhofsregeln sehen vor, dass nur frische Blumen und Blumentöpfe vor den Gräbern stehen dürfen. Insgesamt sind nur drei Gegenstände pro Grab erlaubt.« (Zitat)
Was da von den Pilgern, äh, Fans herbeigeschafft werden wird: Stofftiere (Halden von: Monchichis, Bärchen, Häschen, Schweinchen), Blumen (1,2 t täglich), Kondolenzkarten (containerweise), Audiokassetten, Bleichungsmittel, Hello-Kitty-Tand usw. usf.
Gerade die brutale Menge an Grabbeigaben, die im krassen Widerspruch zum restriktiven Reglement des Ortes steht, wird Arbeitsplätze schaffen: Um dem ganzen Schnulli, den die Heerscharen von Fans herankarren werden, Herr zu werden, wird man geschätzte zwölf Hütchenspieler fest einstellen müssen. Die können dann je zu dritt in Vierstundenschichten den ganzen Firlefanz in rasender Bewegung halten, sodass immer nur drei Teile parat liegen.
Geht doch.

Bookmark and Share