Mittwoch, 28. November 2012

ru History 41: Kohle verdienen (1986)

http://goo.gl/Ik5CK 
1986 war ich also noch in der kaufmännischen Ausbildung bei einem Ford-Händler (Blogbeitrag).
Eines Tages schleppte eine alte Frau, die sich kaum selbst auf den Beinen halten konnte, ihren noch viel gebrechlicheren Gatten in die Austellunghalle. Der Ehemann litt unter einer Art Schüttellähmung, war halb blind und Ende 80. Mein Ausbilder, eine Art aufgeschwemmter Mr. Burns, begann auf der Stelle, sich dämonisch die Hände zu reiben. Seine Pupillen verformten sich in Dollarzeichen. Wieselflink scharwenzelte er in die Halle, um ohne Verzug mit dem Verkaufsgespräch zu beginnen.
90 Minuten später war der Kaufvertrag unter Dach und Fach. Der Vertrag ging weder über eine Krankentrage oder über einen Rollstuhl, weit gefehlt! Es sollte ein Ford Scorpio Ghia mit 110 KW/150 PS sein, sicher, sicher. Der Wagen musste wegen der Sitzhöhenverstellung bestellt werden, damit der greise Fahrer überhaupt übers Lenkrad schauen konnte. Beim Leisten der Unterschrift musste der alte Mann mit der Linken seine Schreibhand festhalten.
Als die Gattin ihn hinausgeschleppt hatte, fragte ich meinen Ausbilder, was er denn denke, wie lange das wohl gut gehen sollte. Er zuckte nur verzückt mit den Schultern, kalkulierte bereits mit in die Ferne gerichteten Blick etwaige Folgeaufträge durch, die kaum auf sich warten lassen würden.
Nach einer Weile wurde der Wagen geliefert, fertiggemacht und abgeholt. Opi und Omi tuckerten mit 22 km/h vom Hof, der fette Mr. Burns blinzelte dem Wagen begeistert hinterher, rieb sich die Hände.
Es dauerte wirklich nur drei Wochen.
Der Scorpio Ghia war Totalschaden. Was aus etwaigen Unfallbeteiligten geworden ist, habe ich leider nicht erfahren. Mein Ausbilder nahm sich mit Dollarblick sofort der Alten an, konnte aber leider nur noch einen Fiesta mit Zusatzpaket "Fahrersitzhöhenverstellung" an den verwirrten Tattergreis bringen, was für eine Niederlage!

Klar: Bevor der Deutsche Greis das Fahren aufgibt, muss es schon noch mehr als nur "ein paar" Tote geben.
Und solange man Kohle damit verdienen kann, ist es doch OK - 'wir' verkaufen ja auch Waffen in alle Welt und - hey! - zivile Opfer kann doch es immer mal geben.