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Zwingen mich die Umstände, einen Baumarkt zu betreten, dann habe ich auch gleich schon "son Hals". Ja, es ist etwas Persönliches.
"Ein Baumarkt ist in der Regel ein großflächiger Supermarkt, der sich auf Materialien für Heimwerker spezialisiert hat. Bekam man früher beispielsweise Werkzeuge und Nägel ausschließlich beim Eisenwarenhändler, Farben und Tapeten im Farbenfachgeschäft, Holz beim Holzhändler und Baustoffe im Baustoffhandel, so kann man heute in einem Baumarkt fast alles an einem Ort bekommen." (Wikipedia)Genau das ist nämlich das Problem.
Wenn de Vatter früher ein Dösken Spax-Schrauben und ein paar Eisenbeschläge brauchte, dann ist er zu "Bodo Schilkowski" in der Stadt gegangen. Der hatte da einen Eisenwarenladen. Da hat er sich an den Tresen gestellt und Bodo, angetan mit einem grauen Kittel hat ihn bedient. Ein Schwätzchen war auch noch drin. Es wurden nur Waren verkauft, die auch etwas taugten. Manchmal musste Bodo noch in den Keller gehen, aber der hatte immer alles vorrätig. Es war auch nicht gerade billig, aber die Qualität stimmte und nach fünf Minuten hatte de Vatter seinen Kram zusammen und ist wieder gegangen.
Wenn de Vatter früher renovieren wollte, dann ist er zu "Ewald Hombrecher" in der Nachbarschaft gegangen und hat Wandfarbe gekauft, Abtönfarbe und auch noch die Tapetenrollen dazu. Ewald hat ihm gesagt, wie viel er von was braucht und der hatte per se auch nur Farben und Tapeten im Haus, die auch etwas taugten. Et war auch nicht billig zu nennen, das Ganze, aber nach kaum zehn Minuten hatte de Vatter alles und trollte sich.
Wenn de Vatter was mit Elektrik machen wollte un mit dem antiken Krempel, den er im Keller herumfliegen hatte, nicht mehr weiterkam, dann ist er zu "Hartmut Biesenbach" in der Stadt gegangen. Der hatte da ein Elektrogeschäft. Da hat er sich an den Tresen gestellt und Hartmut hat ihn dann bedient. Der bürgte noch für die Qualität seiner Ware. Preiswert war anders, aber nach fünf Minuten hatte de Vatter alles zusammen und ist wieder abgezogen.
Was bietet stattdessen die Moderne?
Bigger is better. Der neueste Baumarkt in Wuppertal hat 18.100 m², das sind scheiß 1,81 Hektar! In Läden groß wie 2,53 Fußballfelder rennt man sich nun also die Hacken wund. Die Abteilungs-Tresen sind in aller Regel verwaist, oder, falls irrtümlich "bemannt", von Kunden belagert wie mittelalterliche Burgen. Trifft man irgendwo "unterwegs im Markt" glücklicherweise einen Mitarbeiter an, ist der mit 75%iger Wahrscheinlichkeit von einer ganz anderen Abteilung und kennt sich keinesfalls aus, mit 25%iger Wahrscheinlichkeit ist er nur irgendein Konsument im zufällig gerade zum Baumarkt farblich passenden Polohemd. Man sucht sich seinen Krempel also wohl oder übel selbst zusammen, Es bleiben jede Menge Fragen offen. Schade dass man keine Snickers dabei hat, weil es mal wieder etwas länger dauert. Vieles, was man findet -- wenn man es denn findet -- wirkt wie in großer Eile aus minderwertigen Materialien in asiatischen Sweatshops zusammengekloppt, es sei denn, es steht "Made in Germany" drauf, dann ist es aus Rumänien. Der 15%-Coupon aus der Zeitung, den man dabei hat, gilt nur für Malerei-Zubehör, nicht für Malerfarben. Am liebsten würde man ja jetzt alles stehen lassen -- wenn man den Scheiß nicht brauchen würde. Man bezahlt einen überraschend hohen Betrag und flieht.
Zu Hause stellt man dann spätestens beim dritten Überstreichen der Wand fest, das Alpinaweiß zwar die bestbeworbene aber bei weitem nicht die Farbe mit der besten Qualität ist -- eigentlich logisch, wenn man drüber nachdenkt.
Was ich stattdessen großartig fände:
Ein Back-to-the-roots-Fachmarktzentrum, das nicht nur so heißt, sondern wo Bodo (im grauen Kittel), Ewald und Hartmut immer hinter ihren jeweiligen Tresen stehen, ihre Kunden richtig beraten, bedienen und mit ihrem guten Namen für die Qualität der Waren stehen. Dann darf's gerne auch mal etwas mehr kosten und ich verzichte auch total freiwillig auf für Erwachsene ohnehin völlig unwürdige Sammelpunkte, Payback- und Rabatt-Coupon-Schnullewupp & -Schnickes wie bei OBI & Co.