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Sonntag, 13. November 2011

ru24 History 28 - Wer Banknoten nachmacht (1976)

http://bit.ly/vGrrmo
In den 70ern haben sich meine Eltern jeden Krimi im Fernsehn angesehen. Und natürlich Aktenzeichen XY ... ungelöst (Blogbeitrag). Ich habe da so einiges mitbekommen, habe Kriminalität also direkt von der Pike auf gelernt. Besonders angetan hatte es mir Falschgeld und Falschmünzerei, denn ich wusste, seit ich lesen konnte: "Wer Banknoten nachmacht oder verfälscht, oder nachgemachte oder verfälschte sich verschafft und in Verkehr bringt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren bestraft." So stand es nämlich auf den damaligen DM-Scheinen.
Das Ganze schien sich also zu lohnen...
Es war 1976, ich war neun und ich begann zu planen. Das Problem waren die Prägestempel der Münzen oder die Druckstöcke für die Scheine, ganz zu schweigen von dem Spezialpapier!
Damals gab et ja nix!
Münzen selber gießen kam nicht infrage. Das Set "Zinngießen in Formsand" sollte ich erst in den frühen 80ern bekommen, und egal, wie viel Mühe ich mir geben würde, das Ergebnis würde immer indiskutabel sein! Und die Sorgen, die ich mir nach dem Ausräumen der Kaugummiautomaten mit Metallscheiben gemacht hatte, wollte ich auch nicht noch einmal durchleben (Blogbeitrag)!
Scheine selber drucken, püh! Wie denn? Und Yps No. 6 mit dem Gimmick "Die Geld-Zauber-Maschine" war nur ein Trick gewesen. Ich studierte bei Oma stundenlang Geldscheine mit ihrer beleuchtbaren Lese-Lupe, die hatte zwei Mignon-Zellen von Daimon im Griff. Ich machte mir Notizen. Aber diese Geldscheine hatten so viele Details! Ich scheiterte schon an der Frakturschrift, in der das Wort "Banknote" geschrieben war. Selber malen kam also auch nicht infrage! Und Farbkopien waren absolute Science Fiction. Gerüchteweise hatte die NASA einen Farbkopierer.
Es war also ohne Alternative: Ich überredete meinen Vater, mir im Büro einen Geldschein zu photokopieren (damals noch mit ph). Papa hatte allerlei Einwände. Er kannte seinen Sohn. Aber da Kinder über unbegrenzte Energie-Ressourcen verfügen, Eltern hingegen nicht, knickte er schon nach wenigen Stunden Dauerbombarements meinerseits ein - er würde es tun!
Muahahaha!!!
Am Tag drauf kam mein Vater zurück, er hatte einen Zwanziger kopiert.
Schwarzweiss.
Die Vorderseite.
Ich verschwand in meinem Zimmer, klappte die Buntstifte auf. Waldgrün war zu dunkel, Lindgrün zu hell. Aber ein kriminelles Genie gibt sich so schnell nicht geschlagen! Ich mischte beide Farben so gut es ging auf dem Schein, fügte gelb hinzu. Leider verschwanden die Details unter den Farbschichten, ich musste also doch nachzeichnen. An diesem Tag wurde ich nicht mehr fertig. Am nächsten Tag war es soweit, ich holte die Küchenschere, Schnitt das Werk aus. Nicht übel! Aber das Papier war nicht wie das einer Banknote. Ich besserte nach mit allerlei Sprays, die ich im elterlichen Bad fand. Der Schein roch arg streng. Und die Rückseite war leer, aber es würde gehen.
Ich schnürte zum nahen Kiosk, legte eine Tüte Bonitos, einen Lecker-Schmecker und ein Brauner Bär-Eis auf den Tresen und kramte höchst unauffällig meinen 20er heraus.
Der Kioskbesitzer nahm den Schein.
Ich schaute ihm in die Augen.
Er schaute zurück
So ging das eine Weile.
Dann kramte ich ein paar Münzen hervor.
Er gab mir mein Wechselgeld und den einseitigen 20er zurück.
Ich zog von dannen.
Pech: Ausgerechnet an diesem Tag war ich an einen Falschgeldspezialisten, vermutlich einen ehemaligen BKA-Mann geraten!

Donnerstag, 5. August 2010

ru24 History 18/Medien 7: Aktenzeichen XY... ungelöst (1974)

An einem Freitagabend um 20.15 Uhr im November 1974 kam mal wieder "Aktenzeichen XY... ungelöst - Eduard Zimmermann berichtet über ungeklärte Kriminalfälle".
Es ist ein Familien-Fernsehabend vor dem Schwarzweissfernseher.
Sobald die "spannende Musik" von Aktenzeichen XY... ungelöst" beginnt, bin ich sowas von ungelöst. Kaum erträgliche Spannung für einen Siebeneinhalbjährigen! Mit einem Abreißblockzettel und einem Bleistift in der schweißnassen Faust sitze ich wie gelähmt auf meinem Sessel, Auge in Auge mit dem echten Verbrechen! Aber in meiner Eigenschaft als Junior-Privatermittler würde ich meinen Teil dazu beitragen!
Zuerst werden Fotos von üblen Verbrechervisagen voller Backenbärte, Jaruzelski-Brillen und wirklich fieser Scheitel gezeigt: "Im Zusammenhang eines Raubüberfalls ging es in der letzten Sendung um zwei Männer, von denen der Polizei diese Aufnahmen vorliegen, sie aber die Namen nicht kennt. Sachdienliche Hinweise ... ."

Dann kommt es zum ersten Fall:
Am Morgen des 12. Juni 1973 machten Spaziergänger einen grausigen Fund. Es handelte sich um die grausam zugerichtete Leiche der 53-jährigen Emilie Brambecke aus Burgkunstadt. Die erfolgreiche, alleinlebende Speditionskauffrau wohnte im nahen Redwitz an der Rodach, wo sie in ihrer Freizeit ihrer Leidenschaft nachging: Dem Sammeln von Orienteppichen - eine Leidenschaft, die ihr zum Verhängnis werden sollte, wie wir heute wissen."
Ich blicke zum Wohnzimmerteppich.
"Papa, so wie der?", frage ich mit bebender Stimme.
"Ja, so ähnlich", bestätigt mein Vater abwesend.
Gottogott!!!
Meine Faust klammert sich noch fester um den Bleistift.
Dann kommt eine "Riffelglas-Wischblende", die einen Standortwechsel symbolisiert. Jetzt war der Zuschauer sechs Stunden vor der Tat mit Frau Brambecke im Büro ihrer Spedition. Sie verabschiedet sich von den Angestellten, um in den Urlaub zu fahren.
"Was die bei ihren Angestellten beliebte Frau Brambecke jetzt noch nicht ahnen konnte, war, dass sie diese heute zum letzten Mal sehen sollte. Diese Verabschiedung war für immer."
Mutter: "Nä! Et is ne Schlechtigkeit inner Welt!"
Ich bibbere.
Frau B. fährt nach Hause. Sie wundert sich doch sehr über den nahe ihrer Einfahrt geparkten Transporter mit Münchner Kennzeichen. Ich notiere mir auf dem Zettel das Autokennzeichen mit dem Bleistift: "M-CH 99", dabei drückt sich das Muster des grünen Cordsessels durch.
Dann werden wir Augenzeugen, wie Frau. B. von schwarz gekleideten Grobianen chloroformiert wird. Im Anschluss schleppen sie Orientteppiche, Frau B. und dann weitere Orientteppiche in den Transporter.
Ein betroffener Eduard Zimmermann schaut in die Kamera.
"Wir vermuten, dass Frau Brambecke nach dem Aufwachen starke Gegenwehr geleistet hat. Was nun folgt, ist mit normalem Menschenverstand nicht zu erklären."
Gottogott!!!
Einer der ermittelnden Kommissare ist im Studio, wird vorgestellt: Walther Kaschewski von der Kripo Schweinfurt. Kaschewski klammert sich an sein Konzeptpapier, als hinge sein Leben davon ab. Er ist dick, schwitzt. Er trägt einen schrecklichen Anzug und hat sein verbliebenes Haupthaar von rechts nach links über die Glatze gekämmt. Silbe für Silbe liest er vom Blatt ab, wodurch er sich anhört wie ein Roboter: "Wer hat diese Hartkäsereibe der Marke 'Hügli Grati Express' schon einmal gesehen?"
Ich hatte genug!
Ich drücke Papa den Zettel mit der Autonummer in die Hand.
"Du rufst da gleich an, ja?", sage ich mit bebender Stimme.
Papa nickt feierlich.
Der Junior-Privatermittler geht nach getaner Arbeit freiwillig zu Bett.

Schon in früher Kindheit habe ich so etliche Kriminalfälle lösen können, einfach, indem ich die Nummernschilder der im Film gezeigten Täterfahrzeuge notiert habe.


Montag, 2. August 2010

ru24 History 17: Kriminell! (1975)

Etwa 1975 entdeckten wir durch die Nachbarschaft stromernden Kinder (durchschnittlich acht Jahre alt) im Altmetallcontainer eines kleinen Unternehmens einen Schatz: Der Container war gefüllt mit tausenden, aus Blechen herausgestanzten, kreisrunden Scheiben von ca. 2 cm Durchmesser. Wir kletterten in den Container und spielten Dagobert Duck.
Soviel sei gesagt: Eine Gelddusche ist - anders, als in den Lustigen Taschenbüchern dargestellt - kein Vergnügen!
Kaum waren wir Jungs in diesen hohen Gefilden der Großfinanz angekommen, entwickelten wir sofort ein beträchtliches, kriminelles Potential - also wie im richtigen Leben! Es dauerte nämlich nur ein paar Minuten, bis es raus war, dass diese Scheiben die gleiche Größe und Dicke hatten wie 10-Pfennig-Stücke (Groschen). Es dauerte weitere zehn Minuten, bis klar war, dass diese Scheiben problemlos in Kaugummiautomaten passten.
Wir schaufelten uns die Taschen mit Metallscheiben voll und schwärmten aus, zum Alptraum aller Kaugummiautomatenbetreiber zu werden!
Muahahaha!!!
Nach zwei Stunden taten uns allen die Kaumuskeln weh. Unsere Wangen waren ausgebeult von den titanischen, kittartigen Klumpen in unseren Mündern, unsere Lippen hatten rote, grüne, gelbe und blaue Ränder. Unsere Spucke war anthrazitfarben.
Wir Kinder hatten einige perfekte Tage.
Freitagabends saß ich mit den Eltern im Wohnzimmer, es kam "Aktenzeichen XY ... ungelöst" und während eines spektakulären Falles von in Umlauf gebrachten Falschgeldes schoss es mir plötzlich wie Eiswasser durch meine Adern!
Ich! Hatte! Falschgeld! In! Umlauf! Gebracht!
Und meine verdammten Fingerabdrücke waren überall - ich hatte ja nicht einmal Handschuhe getragen!
Mein Herz schlug mir bis zum Hals! Im Geiste hörte ich schon Eduard Zimmermann sagen: "Bei unserem nächsten Fall bittet die Kripo Gummersbach um Ihre Mithilfe. Hier geht es um einen besonders dreisten Fall von Falschmünzerei in Tateinheit mit einer noch nie dagewesenen Kaugummiautomaten-Plünderung!"
Die nächsten drei Nächte wälzte ich mich hin und her, statt zu schlafen.
Meine Tage verbrachte ich damit, mir auszumalen, wie der Kaugummiautomatenleerer von einem grauen Münzfernsprecher mit Wählscheibe aus die Polizei anruft und dann die Spurensicherung vor Ort das Gelände absperrt.
Wie oft erscheint so ein Kaugummiautomatenleerer? Einmal wöchentlich? Einmal monatlich?
Wie viel Zeit blieb mir noch?
Wie lange würden die anderen Jungs beim Verhör standhalten, diese Luschen?
Und sicher gab es Augenzeugen.
Es gab immer Augenzeugen!
Natürlich würde ich dafür in den Knast kommen, das war eine Gewißheit!!!
...

Nun, ich bin noch einmal davongekommen.
Aber es war sehr knapp.
Um ein Haar hätte bis zur Verjährung der Straftat 10 Jahre mit einer anderen Identität in einem südamerikanischen Land ohne Auslieferungsvertrag (z.B. El Salvador) untertauchen müssen.