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Mittwoch, 8. Juli 2015

ru History: Schlimme Schlager meiner Kindheit (1972, 1979)

photo credit: THE PIRATES - Die geheimen Sportsocken (27. Februar 2010) via photopin (license)


Die Schlager meiner Kindheit waren die Schlimmsten.
Ich möchte das als aufpeitschenden, ersten Satz mal so stehen lassen.
In den Siebzigern war Englisch noch voll ausländisch, die Zeiten von "Casual Socks" (ext. Link) lagen noch in weiter Ferne. Frauen trugen "Schlüpper", Männer trugen Feinripp-Unterbuxen und verteilten nach der Rasur großzügig "Irisch Moos" auf ihrem Gesicht -- et gab ja nix. Selbst das Wort "Hit" war in "Schlager" übersetzt worden, der natürlich deutschsprachig war. Musik war eine gänzlich analoge Angelegenheit, schon deshalb hörten die Leute viel mehr Radio als heute -- am Arbeitsplatz, im Auto, zu Hause. "Die Hitparade" im ZDF mit Dieter Thomas Heck war Pflichtprogramm. Eigentlich spielte überall Schlagermusik.

Ich möchte hier meine ganz persönliche Negativ-Liste schlimmer Schlager der 70er (ext. Quelle) vorstellen:

Roberto Blanco - Der Puppenspieler von Mexiko (1972)
Refrain: "Der Puppenspieler von Mexico, war einmal traurig und einmal froh". Das ist mal ein schönes Beispiel für eine einwandfrei ausgeprägte manisch-depressive Persönlichkeitsstörung -- Chapeau! Das Lied selbst (ext. Quelle) existiert womöglich nur, weil "froh" sich irgendwie auf "Mexiko" reimt. Wäre Roberto Blanco Österreicher -- dann wäre vielleicht vieles ganz anders gekommen:
"Dem Marillenpflücker aus dem Tschad, war's einmal wohl, mal war's ihm fad."

Karel Gott - Babicka (1979)
Karel Gott, die "goldene Stimme aus Prag" genannt, machte in den 70ern Musik für Leute, die um die Jahrhundertwende herum geboren waren. Außer "Biene Maja" (1976). Der überzeugte Kommunist hat zu der Zeit wohl kaum jemals ein Lied geträllert, zu dem man nicht landauf, landab in den Altenheimen abgehottet hätte. Mit "Babicka" (ein Lied über seine Omma) hat er gewieft seine Zielgruppe bedient.
Ich danke auf jeden Fall Gott dafür, dass er nicht auch noch die Titelmelodie von Captain Future gesungen hat.

Michael Holm - El Lute (1979)
Dieser im sonnigen, vordemokratischen Spanien angesiedelte Schlager gehört zur Gattung der sog. "Tränenzieher" und basiert auf einer wahren Begebenheit (ext. Quelle). Der Text soll emotional labile Personen zu Tränen rühren. Alle anderen rührte der Text zum Not-Auswurf der gerade zurückliegenden Mahlzeit. "Er hat nie das Licht der Sonne gesehen, sie nannten ihn El Lute. Was er wollte, war nur ein Zuhaus' und mehr Brot, und ein Ende von Hunger und Not". (ext. Quelle)
Gottogott.

Manuel & Pony und Anke Engelke - Das Lied von Manuel (1979)
Dieser perfide Tränenzieher aus dem Schlager-Höllenjahr 1979 ist der Beweis, dass Menschen sich ändern können, zumindest, was Anke Engelke angeht (Youtube). Der Liedtext handelt zusammengefasst vom kastilischen (spanischen) Manuel, den niemand im Plattenbau leiden kann. Doch Manuel singt, um Geld für die herzkranke Hannelore zusammenzukriegen, damit diese in den USA not-operiert werden kann. Dann können Manuel plötzlich alle voll leiden. (Text)
Das vom Kastratenchor wieder und wieder gekreischte "Maria Dolores!!!" ist hochfrequent und plombenlösend. Deshalb ist dieses Lied mein akustische-Folter-Geheimtipp für Guantanamo und überall sonst, wo gefoltert wird.
Gottogottogott.

Jonny Hill - Ruf Teddybär Eins-Vier (1979)
Setzten alle bisher hier genannten Interpreten auf eine wie auch immer geartete Art von Exotik (Mexiko, oder weitaus niedriger aufgehangen, Tschechoslowakei & Spanien), setzte Hill in diesem schlimmen Tränenzieher alles auf die Behindertenkarte (Youtube), was ihm prompt eine Goldene Schallplatte einbrachte. Hill, der 1940 in Österreich als Feri Gillming (!) das Licht der Welt erblickte, ist auch bekannt für den Hit "Auf einem Seemannsgrab blüh'n keine roten Rosen".
Gottogottogottogott!


Um ein Haar hätte ich den Schlimmsten aller Schlager-Schocker vergessen (will meinen: für immer erfolgreich verdrängt):

Andrea Jürgens - Und dabei liebe ich euch beide (1978)
Wozu brauch es eines Kastratenchors, wenn man eine Elfjährige singen lassen kann? Dieses Lied ist zu hart für Guantanamo! Bis zu diesem hochnotpeinlichen und gleichzeitig hochfrequenten Tränen- & Plombenzieher der Extraklasse hatte ich mir als Kind über eine Trennung meiner Eltern niemals zuvor Gedanken gemacht. Danke Andrea für die schlaflosen Nächte!
Schlimmes Video: Youtube.
Dagegen ist so ein Roberto Blanco doch echt human.


Samstag, 29. November 2014

Zum Advent: Der Tempel der zerlegten Glückseligkeit

photo credit: IKEA Spandau via photopin (license)

1943 gründete Ingvar Feodor Kamprad mit zarten 17 Jahren das Unternehmen IKEA. Die folgenden Jahre tüftelte der Jungunternehmer daran herum, auf wen man die schlimmste Arbeit der Möbelindustrie, nämlich das Zusammenkloppen der Einzelteile zu fertigen Möbeln, auslagern könnte. Niemand wollte diese undankbare und schweißtreibende Aufgabe übernehmen - es war ein Dilemma! Vier Jahre Hirnschmalz später gelang es Kamprad 1947 erstmalig, einen Endkunden, Herrn Erik Brantgaard (52), dazu zu bringen, sein neues Sideboard fluchend und wie ein Schwein schwitzend selbst zusammenzubauen. Man hatte den Dummen fürs Zusammenbauen gefunden! Das Unternehmen IKEA begann nach diesem erfolgreichen Test sofort seinen kometenhaften Aufstieg. Später kamen noch Designer wie Tord Björklund mit ins Boot, die sehr dicke Bretter an die Wand dübelten, um Tand, Schnickes und - dem Trend folgend - das Zweitbuch darauf abzustellen. Kamprad, nicht doof, verkaufte den Kunden zum sehr dicken Brett ab sofort auch gleich noch den Schnickes und den Tand dazu. Heute gehört er zu den reichsten Menschen der Welt.

Doch weder Ingvar Kamprad, Tord Björklund und schon gar nicht Erik Brantgaard hätten sich das Gewimmel vorstellen können, welches sich an den vier Adventssamstagen in Deutschland in und um IKEAs abspielt.

Wenn man erst auf dem Parkplatz des Möbelhauses ankommt, wenn die kleinen Parkplatzwächter-Wichtel bereits getrocknete Tränenspuren auf ihren roten Wangen haben, dann kann man mit Gewissheit sagen: Ihr seid zu spät! Vielleicht bekommt man noch nach einigem hektischen Gegurke und zehn Minuten Stop & Go einen Parkplatz ganz hinten. Dann lässt man sich vom Strom hochwinterlich gekleideter Menschen in den Tempel der zerlegten Glückseligkeit treiben. Alles ist schwarz vor Menschen, Kinder wimmeln, wenn sie nicht winseln. Die labyrinthischen Wege kanalisieren die Shoppenden wie Vieh, das langsam voranstrebt. Arme greifen im trägen Getümmel rechts und links mechanisch nach Tand und Schnickes, der in riesigen, gelben Umhängesäcken verschwindet. Die Anspannung steigt.

Am Restaurant angekommen, fällt die Wahl nicht schwer. Köttbullar mit Rahmsoße und Pommes sind jetzt das ideale Pflaster für die waidwunde Seele. Nach dem Schlangestehen an Essensausgabe und Kasse kann man nun seine nicht mehr ganz warmen Schweinebällchen in einer der hinteren Ecken des Restaurants hinunterschlingen. Und weiter geht’s: Wir sind ja nicht zum scheiß Spaß hier!

In der sogenannten "Markthalle" bewaffnen sich alle mit Einkaufswagen, weil niemand mehr Lust hat, weiterhin wie ein Flüchtling den gelben Sack mit sich herumzuschleppen und sich die Körperhaltung ein für alle Mal zu versauen. Schon drei Meter weiter kommt es zum ersten Einkaufswagenstau, an den man sich schnell gewöhnen sollte, denn die nächsten 1,2 Gebäudekilometer legt man ausschließlich mittels Stop & Go zurück. Dabei hat man genug Zeit, sich mehr Tand und Schnickes zu greifen, als einem lieb ist.
Kaum eine Stunde später ist man sogar durch die Kasse, zahlt einen überraschenderweise dreistelligen Betrag für überbrachial parfümierte Kerzen in Gläsern und allerlei Gegenstände, an die man keine Erinnerung mehr hat, dass man sie je in den Einkaufswagen gelegt hat. Bevor man zu viel darüber nachdenkt kann man sich jetzt noch direkt hinter den Kassen nach bester IKEA/Kamprad-Tradition ein Hotdog aus hochsynthetischen Zutaten selbst zusammenbauen und es selbstverständlich lauwarm herunterschlingen.

Achtung: Wenn man die Kofferraumklappe noch geschlossen bekommt, dann hat man es nicht richtig gemacht. Zur Strafe muss man dann am nächsten Adventssamstag wieder hin.

Wer nun denkt, er hätte das Schlimmste hinter sich, darf zu Hause noch Möbel schleppen, zusammensetzen und dabei wie ein Schwein schwitzen, wie es seinerzeit Herr Erik Brantgaard vorgemacht hat.


Mehr IKEA: Blogbeitrag


Sonntag, 27. Juli 2014

DAF: "Der Räuber und der Prinz" (1981)

"Deutsch Amerikanische Freundschaft“ von Tilman Brembs - http://goo.gl/yCkaGg. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons
1981 hat die Band DAF "Deutsch Amerikanische Freundschaft" das LP-Album "Alles ist gut" herausgebracht, es enthielt die Ausnahme-Hits "Der Mussolini" (Seite A, Track 2) und "Der Räuber und der Prinz" (Seite A, Track 5). Das Cover zeigte verschwitzt und mit nacktem Oberkörper die Herren Gabi Delgado-López (Vorderseite) und Robert Görl (Rückseite). "DAF gelten als Pioniere und Inspiration für die Genres Electropunk, Electronic Body Music und Techno." (Wikipedia)
Für das Album erhielten sie den Deutschen Schallplattenpreis.

1981 wusste von uns 13- bis 14-jährigen Blagen niemand so genau, was er mit den Textzeilen "Tanz den Mussolini, tanz den Adolf Hitler" anfangen sollte (war das nicht 'verboten'?). Und war "Der Räuber und der Prinz" nicht irgendwie 'schwul' (will meinen ein Lied über das 'Tabu Homosexualität')?
Gottogott! Aber die Mucke war natürlich grandios!

1981 auf der Realschule Radevormwald fand der Werken-, aber auch der Handarbeits-Unterricht im Untergeschoss statt. Die Jungen hatten Werken, die Mädchen Handarbeit und es handelte sich hierbei um homogene Gruppen - wie es sich gehörte. Die Räumlichkeiten für Werken und Handarbeit lagen im Kellergeschoss am Ende eines langen, schlauchförmigen Flures mit fast quadratischem Querschnitt und waren immer abgeschlossen, die Schüler mussten vor Unterrichtsbeginn im Flur warten. Wenn jemand das Licht ausschaltete, dann fiel nur noch ein indirekter Schein aus einem Treppenhaus ein und der Flur lag in einem stimulierenden Halbdunkel. Manchmal spielten die Jungs so etwas wie Squash mit Tennisbällen - weil es sich anbot und weil es so toll knallte. Die Akustik in dem Schlauch war auf jeden Fall 1A, alles hallte und machte dumpfe Echos.

1981 hatte mein Mitschüler Stefan "Kanne" Kanitz einen Mono-Kassettenrecorder, bei dem man mit einem Drehregler die Bandgeschwindigkeit stufenlos verändern konnte. Wow!

1981 kam all das zusammen: Während wir in diesem Akustik-Schlauch auf unsere Werken-Lehrerin warteten, packte Kanne seinen Kassettenrecorder aus und spielte gehörig laut DAFs "Der Räuber und der Prinz" (youtube). Das ohnehin schon leiernde Lied mit den blechernen Doings!" und "Dongs!" wurde mal schneller, mal langsamer, Echos kollerten durch den Gang und kamen wie Brandung zurückgerollt.
Eigenartigerweise ist das mit Abstand die intensivste Erinnerung, die ich an meine gesamte Schulzeit habe.


Mehr Realschule Radevormwald: Blogbeiträge.


Mittwoch, 29. Januar 2014

Queen Mom 27 - Seenotrettungsübung

Unterwegs in der Karibik by Lars Tinner
Unterwegs in der Karibik, a photo by Lars Tinner on Flickr.

In 2005 bin ich mit Queen Mom das erste Mal in Urlaub gefahren. Wir zwei waren auf der AIDA in der Karibik -- not too bad! (In 2009 sind wir nochmal gefahren)
Am zweiten Tag auf der AIDA wurde mit großem Gewese und Gedöns via Durchsage eine Seenotrettungsübung angekündigt, die zur allgemeinen Sicherheit stattfinden sollte. Beim Erklingen des Alarms sollten sich alle Passagiere ZÜGIG an bestimmten Sammelpunkten einfinden.
Das Wort "zügig" soll im Weiteren noch eine größere Bedeutung bekommen.
Queen Mom legte ihr abschätziges Gesicht auf.
"Mein Gott! Weißt du eigentlich, bei wie viel Seenotrettungsübungen ich schon mitgemacht habe?", fragte sie.
Ich konntet mit jetz nicht so vorstellen, schüttelte mitm Kopf.
"Na, das hier ist meine 25. Kreuzfahrt!"
Ich war etwas schockiert, aber so war se, de Mutter. Auf jeden Fall: Respekt!!!
Nach einer Weile ging der Alarm los, eine Durchsage erklärte noch mal für Doofe, was jetzt zu tun sei.
Ich zog mir die Schwimmweste aus dem Kleiderschrank an.
"So, komm, lass uns gehen!", sagte ich zu Queen Mom, reichte ihr ihre Schwimmweste, die sie aber huldvoll ignorierte, erwiderte so etwas wie "Pöh!"
Ich verstand nicht so recht.
QM verschwand im Bad und schloss hinter sich ab.
"Hallo?"
Ich wartete fünf Minuten, bollerte auch schon mal vor die Badezimmertür, von innen kam nur "Pöh!"
Die Schwimmweste war nicht zu bequem. Der Alarm schrillte weiter. Mittlerweile kamen Durchsagen im Stil von "An den Sammelpunkten fehlen noch die Passagiere Mühlinghaus und Wenzel!" Zwei Minuten später fehlten nur noch "die Passagiere Mühlinghaus". Nach weiteren fünf Minuten Alarm kam Mom frisch aufgerüscht, gebürstet und nach 4711 duftend aus dem Bad. Ich war bereits im erweiterten Krisenmodus.
"Nu komm!", schnappte ich.
"Immer mit der Ruhe - die müssen auf uns warten", kam es von der erfahrenen Seereisenden.
Na dann ist ja gut! Ja klar, sollte die Gesamtheit aller Touristen und alle Mannschaftsgrade auf dem Schiff ruhig auf uns warten - auf so etwas stehe ich ja besonders.
Ich legte auch ihr die Schwimmweste an.
Unsere Kabinentür flog auf und besorgte Seenotrettungshelfer quollen herein, erwarteten vielleicht Augenzeuge eines Doppel-Suizids zu werden.
"Wir kommen!", kreischte ich mit überschlagender Stimme.
Doch das war leichter gesagt, als getan, da QM - huldvoll wie sie war - sich keinesfalls hetzen ließ: Mit der Gelassenheit einer Hindu-Kuh schritt sie bei mir untergehakt, wie bei einer Prozession den langen Gang entlang. Derweil tickte die Uhr, schrillte der Alarm. Mit dem Aufzug fuhren wir ein paar Stockwerke, kamen am Sammelpunkt an. Die Gesamtheit aller Touristen dieses Abschnitts und alle Mannschaftsgrade standen sortiert nach Kabinen-Nummer an der Reling und starrten uns entweder wut-, hasserfüllt oder wenigstens fassungslos an. Man hatte sie in ihrer Gesamtheit schließlich für eine geschlagene Viertelstunde als Geisel genommen, da man niemanden wegließ, bis alle vollzählig waren. Ein Jüngling mit Klemmbrett machte die letzten beiden ausstehenden Haken aufs Formblatt und verkündete für alle hörbar: "So, Familie Mühlinghaus ist nun auch endlich eingetroffen."
Nach ein paar abschließenden Worten durften sich alle zerstreuen.
Etliche Menschen kamen an uns vorbei, straften uns mit Blicken, murmelten etwas wie "Unglaublich!"
Queen Mom hatte ihr stoisches Gesicht aufgelegt - solches Gebaren ihrer Mitmenschen wurde von ihr nicht einmal ignoriert.

Als wir wieder im Gang zu unserer Kabine unterwegs waren, sagte sie: "Siehst du, ist gar nix passiert, die mussten ja auf uns warten!"
Sicher, sicher.


Mehr "AIDA mit QM": Blogbeiträge


Sonntag, 13. Oktober 2013

Albrecht Domina Gold

http://goo.gl/RJZExd 
Normalerweise habe ich als Kunde im Supermarkt genug Zeit, meine Waren aufs Band zu legen, und zwar in einer Reihenfolge, die sinnstiftend ist: die schweren Sachen nach vorne, die leichten, zerbrechlichen oder zerdrückbaren Dinge wie Eier, Obst, Salat nach hinten. Dann kann ich flott nach vorne gehen, um die kassierten Waren in den Einkaufswagen zu verstauen. Das klappt ganz hervorragend bei Penny, REWE und bei Schnarchnasen-Edeka sowieso - nirgends muss ich heutzutage länger an der Kasse stehen als dort, wo sie Lebensmittel lieben - Muahahaha!
Der Killer indes ist Aldi.
Bei Feinkost Albrecht haben sie einen dermaßen brachialen Durchsatz an der Kasse, dass ich schon meinen Plunder nicht mal vernünftig aufs Band gelegt bekomme - auch, wenn gar niemand hinter mir steht. Während ich hinten noch ächzend Lebensmittel aufs Kassenband werfe, wird vorne schon in Hochgeschwindigkeit kassiert - blip-blip-blip, Ware häuft sich, staut, bäumt sich regelrecht auf. Ich stürze herbei, um den vorderen Kassenbereich zu räumen, muss aber erst den Beutel entfalten oder die Kiste aufklappen, was die Situation arg verschärft - solches ist hier nicht vorgesehen. Der Käufer als Störfaktor in einem ansonsten perfekt optimierten System. Die seelenlose Kassiererin scannt nun bereits alle 0,75 Sekunden einen Artikel, schiebt, stapelt. Der Kunde (moi) gerät in Schweiß, versucht, die Melone nicht auf die Bio-Eier fallen zu lassen, zermalmt stattdessen die Romana-Salatherzen. Deckel springen von Joghurtbechern, die Kanten von Milchbeuteln rammen sich in Nektarinen. Kekse splittern in ihren Packungen. Ich packe und schnaufe, sehe meine Einkäufe im Einkaufswagen schon komplett vor die Hunde gehen. Die Kassiererin erhöht, ohne dass Notwendigkeit dazu bestünde, den Durchsatz noch einmal, scannt nun alle 0,6 Sekunden einen Artikel. Mir plumpst der Fleischsalat auf den Boden. Während ich mich bücke, um das Desaster zu begutachten, dreht die Kassiererin des Teufels nochmals auf, scannt jetzt pro Sekunde zwei Artikel - nicht, weil sie müsste, sondern weil sie es kann. Zu reinen Schemen verzerrte Waren flirren über den Scanner wosch-wosch-wosch, ich als Kunde verkomme derweil zum sklavischen Dienstleister einer blau bekittelten Domina an Kasse #3, die mich gerade Kraft ihrer Profession fertig macht.
Übergangslos mit dem letzten *blip* nennt die Scanner-Domina ihren Preis.
Ich räume und ächze, zücke dabei gleichzeitig auch noch die Karte, alles geht zu schnell, als dass ich noch folgen könnte oder gar darüber nachdenken, ob der genannte Preis auch nur annähernd OK ist. Schon habe ich EC-Karte und Bon in Händen, eine Grußformel verklingt, da wird schon der nächste Kunde brachial und überschnell abgewickelt. Der drängt in Panik, wie von Furien gehetzt, an den Platz, an dem ich noch beliebe mich aufzuhalten.
Die Hälfte der Nektarinen sind Matsche, dito die Salatherzen, die Kekse sind ein Gekrümel.
Den Rest des Schadens kann ich lahmer Depp ja zu Hause begutachten.
Ich ramme Bon und EC-Karte unordentlich ins Portemonnaie, versuche diesen unwirtlichsten aller Orte zu fliehen.
Vermutlich sollte ich nur noch zu Aldi gehen, wenn mein allzu übergroßes Ego mal wieder einen empfindlichen Dämpfer benötigt.
Albrecht Domina Gold.

P.S.: Wirklich megabrutal ist der ALDI Remscheid-Bergisch Born, Bornefelder Straße/Am Eichholz, ich habe es dreimal in Folge getestet: Die besorgen es dir mal so richtig!

Top-Tipp:
"Ich beschädige im Supermarkt inzwischen mit Absicht den Barcode an ein bis zwei Artikeln, damit ich an der Kasse Zeit zum Einpacken gewinne." @wawerka, Twitter
So könnte es klappen.


Donnerstag, 28. März 2013

Bürogeplänkel 50 - Der talentierte Mr. Ripley

http://goo.gl/OF8lq
Ich mag alle meine Kollegen sehr, außer einen.
Denn leider arbeitet bei mir in der Firma auch der talentierte Mr. Ripley.

Wann immer ich in die Büro-Küche komme und die Spülmaschine öffne, sehe ich es: Jemand, der keinen blassen Dunst davon hat, wie man eine Spülmaschine einräumt, war am Werk. Gleich mehrfach. Oben und unten und auch im Besteckfach. Das würden doch zurückgebliebene Schimpansenkinder besser hinbekommen! Die Teller sind diagonal eingestellt, Tassen sind so einsortiert - idealerweise mit der Öffnung nach oben - dass, wenn das obere Spülmaschinenfach ein Parkplatz wäre, nur fünf Autos platz finden würden. Im Besteckfach sind nur die vorderen beiden Fächer belegt, diese sind knallvoll, der Rest ist leer. Es ist das hier sich offenbarende, überbordende Übermaß an Talent, das ihn verrät, denn so fällt mein Verdacht immer sofort auf den talentierten Mr. Ripley!
Sobald der Bohnenbehälter an der Kaffemaschine leer ist, dito der Wasserbehälter, sobald der Satzbehälter voll ist, dann stellt der talentierte Mr. Ripley das Kaffeeholen eben so lange ein, bis jemand diese Aufgaben für ihn übernimmt. Er ist einfach zu talentiert für niedere, primitive Tätigkeiten, der Herr! Neue Milch an der Kaffeemaschine anzuschließen, das fiele ihm im Traum nicht ein! Sind keine Teelöffel mehr in der Küchenschublade, dann nimmt der talentierte Mr. Ripley eben den Löffel aus dem Zuckerdöschen - kann der Nächste ja den Zucker mit 'ner Gabel nehmen. Oder mit Ess-Stäbchen.
Er ist so über die Maße talentiert, dieser Mr. Ripley!
Spendiert jemand Kuchen, so bleibt zumindest am Ende soviel davon übrig, dass das Kuchenblech keinesfalls abgeräumt werden kann: Der talentierte Mr. Ripley ist so "höflich", das letzte bucklige halbe Stück jemand anderem zu überlassen - notfalls tagelang. Das sitzt er aus.
Auf der Toilette, da gelingt es dem talentierten Mr. Ripley immer wieder, in der Kabine die Optik eines explodierten Schokofondues zu hinterlassen. Und wenn er schon mal widerwillig die Bürste benutzt, dann nur, um sie umwickelt mit nassem Klopapier fragwürdigster Herkunft wieder in den Halter zurückzustellen.

Aber vielleicht sehen wir ihn auch ganz kurz aus der Ferne winken, wenn wir in den Spiegel schauen.


Freitag, 23. November 2012

Strömt herbei, ihr Völkerscharen - es hackt!

http://goo.gl/F1dHx
Zwischen Januar 1992 und März 1996 habe ich als studentische Hilfskraft bei der Barmag AG gearbeitet. Die Abteilung EL-KH umfasste etwa 60 Mitarbeiter, von denen ständig jemand Geburtstag hatte. Und weil et kurz nach'm Kriech war un alle wieder richtich wat auffe Rippen brauchten, gab et immer fett Mettbütterkes!
Es wurde also vom Geburtstagskind ein in dieser Abteilung tradiertes wie standardisiertes Festessen ausgerichtet: Brötchen mit Schweinemett!
Das Besprechungszimmer wurde mit Beschlag belegt. Teller, Messer, Salz und Pfeffer wurden herbeigeschafft. Kiloweise Butter stand halbpfundweise auf Tellerchen herum, riesige Mengen Zwiebelringe verströmten einen impertinenten Geruch, den auch geschlossene Türen nicht aufzuhalten vermochten. Er zog durch die Räumlichkeiten, sodass sich noch erwartungsfroh die Nüstern des in der hintersten Ecke Arbeiteten weiteten. Der Riesenberg Hack wurde monumental im Besprechungszimmer auf dem großen Konferenztisch aufgebahrt - ein Ayers Rock aus gemahlenen Schweinekadavern!
Dann war alles aufgebaut.
Es hab einen kurzen Augenblick der Stille und des Innehaltens, ganz so, als ging es hier wirklich um eine feierliche Totenwache. Doch dann stürzten die Mitarbeiter wie Heuschrecken aus allen Winkeln herbei, allesamt alles andere als ausgemergelt oder gar hohlwangig, dafür aber ausgestattet mit Ellenbogen und dem unbedingten Willen zum Mett! Ich wurde Augenzeuge, wie gierigsten Blickes babykopfgroße Mettklumpen auf Brötchenhälften verpresst wurden, Zwiebelringe wurden daraufgehäuft, die Pfeffermühle arbeitete unentwegt, es malmte und schmatzte.
Die Atmosphäre wurde dichter.
Mehr und mehr Kollegen drängten in den Raum, in der Hitze der Leiber lief die Butter dunkelgelb an, das Mett schwitzte, wurde an den Rändern braun. Die Luft, aufgeheizt, zum Schneiden dick, war ein Brodem vielfältigster Ausdünstungen, das die Scheiben beschlagen ließ.
Manche der Kollegen fraßen sich schwitzend in Rage, dem Blutrausch eines Frettchens nicht unähnlich. Erst, als das Gebirge aus Mett bis zum letzten Krumen abgetragen war, da trollten sich die Völkerscharen wieder, in den Zähnen porkelnd, um lange, fahle Fasern hervorzuziehen.
Zurück blieb ein Konferenzraum, dessen Boden eine geschlossene Brötchenkrümeldecke aufwies - und der Geruch.
Das weitestgehend ignorierte Geburtstagskind holte den Staubsauger aus der Putzmittelecke und begann aufzuräumen.

Wann immer ich heute in eine Mettbrötchen-Situation gerate, dann heißt mich die Erinnerung ein Käsebrötchen essen.


Donnerstag, 11. Oktober 2012

Ein Hoch auf das Klempnerhandwerk

goo.gl/KxeJ8 
Im vergangenen Urlaub kam es, dass ich mit der Liebsten und Freunden in dem von mir hochgeschätzten Nachbarland Niederlande weilte. Ein Land, das so große Menschen hervorgebracht hat (Liste) wie Antoni van Leeuwenhoek (*1632, Begründer der Mikrobiologie), Vincent van Gogh (*1853, Maler), Johannes Diderik van der Waals (*1837, Entdecker der Kraft, dank der Geckos an der Wand haften) und Maurits Cornelis Escher (*1898, Künstler und Grafiker), um nur einige wenige zu nennen.
Und da es sich begab, dass wir gerade in Den Haag weilten, besuchten wir natürlich auch die Ausstellung von Letztgenanntem: "Escher in het Paleis" (Link) mit 130 Originalen des Künstlers in edlem Ambiente.
Was soll ich sagen?
Natürlich toll!
Aber irgendwann muss auch der Kunstinteressierteste eine Toilette aufsuchen und ich wurde fündig. Und wie ich fündig wurde! Etwas versteckt gelegen fand sich im dritten Stock ein kleiner, aber dafür unheimlich hoher Toilettenraum. (...) Nachdem es vollbracht war, zog ich an der Reißleine des in lichter Höhe angebrachten Spülkastens und KA-WOOOOOOSCH!!! droschen die Wassermassen brachial wie Poseidons Rösser höchstselbst durch durch die Keramik! Was für ein tosender, schäumender, erhabener Augenblick! Dies hatte rein gar nichts von sogenannten "Flachspülern", dies war keine scheu in der Wand verborgene, schmalbrüstige und winselnde Billo-Baumarktspülung, nein, dies war die unbändige, entfesselte Kraft von 10 Litern Wasser, die sich durch ein 50 mm Fallrohr aus fast 4 m Höhe Bahn brachen.
Niemand brauchte an diesem tempelgleichen Ort solch einen schnöden Tand wie eine "Klobürste", denn es blieb einfach nichts zum Bürsten übrig!
Muahahahaha!
Gurgelnd und zischend füllte sich der Spülkasten nach.

Manchmal bedauere ich es doch, in der Moderne zu leben.
Ein Hoch auf das Klempnerhandwerk vergangener Tage!


Mittwoch, 25. Januar 2012

Fragen an ru24: Warum ist Grün das neue Rot?

http://bit.ly/w09cvv
Sebastian K. aus Wk. fragt: "Warum ist Grün eigentlich das neue Rot?"

ru24 antwortet: Lieber Kringel,
das ist ein sehr gute Frage. Wenn deine Mama Chanel-Nagellack benutzt und du deswegen diese Frage stellst, (siehe Link), dann sind wir jetzt fertig und du kannst spielen gehen.
Wenn nicht, dann setz dich bitte...

Es gibt da ein Land, weit weg, das heißt U.S.A., dein Papa sagt vielleicht "Amerika" dazu. Da kommen so tolle Sachen her wie Hamburger, Ketchup und Micky Maus. Kennst du. Und die Amerikaner denken, sie hätten auch Pommes, Spaghettis und Pizza erfunden. Ham se aber nicht. Und dieses Land finden viele ganz, ganz toll, vor allem die Amerikaner. Ist es aber nicht. Und dieses Land ist das mächtigste Land der Welt. Spiderman (der auch Amerikaner ist) sagt, dass "mit großer Macht auch eine große Verantwortung" einher geht. So dolle verantwortlich benehmen die sich aber leider gar nicht, die Amerikaner. Der Staat gibt sein Geld für Waffen und Soldaten aus und schickt die überall hin, wo es Öl gibt, um da alles kaputt zu machen. Und die Leute in Amerika fahren riesige Autos die ganz viel Sprit brauchen und die Häuser haben kaum eine Wärmedämmung, weil Strom, Benzin und Heizöl dort so dolle billig sind. Und im Sommer machen sie die Klimaanlage an, die doll viel Strom benötigt, anstatt ein Fenster aufzumachen wie bei uns. Und die Industrie kann in die Luft blasen, was sie will. Und so soll das auch bleiben. Das nennt sich "American way of Life" und das steht bei denen sogar in der Verfassung.

Wir staunen da nur drüber. Wir schicken unsere Soldaten nur mal zum Aushelfen wo hin und wenn dann voll aus Versehen ein Schuss losgeht, dann kriegen alle einen Riesenschrecken! Und wir schrauben überall Energiesparbirnen rein und schalten an der roten Ampel den Motor aus. Und im Müll trennen macht und keiner was vor.

Früher, als dein Opa deine Oma noch gar nicht kannte, da hatten die Amerikaner ganz doll Angst vor Kommunisten, weil die wollten alle Menschen gleich machen. Und weil es in Amerika so viele Millionäre gab, fanden die das schrecklich doof und haben den J. Edgar Hoover beauftragt, die Kommunisten, die in Amerika lebten, zu fangen und zu ärgern, wo es ging. Die waren ganz leicht zu fangen, weil die trugen alle rote T-Shirts, deswegen nannte man die die Roten. Die Roten durften nicht mal mehr Filme drehen und viele mussten ins Gefängnis. Aber weil man da gar nichts in den Geschäften kaufen kann, auch keine iPhones, finden heute irgendwie alle den Kommunismus doof. Vor allem die Leute, die da wohnen, z.B. in Nord-Korea.

Jetzt haben manche Amerikaner aber in der Schule aufgepasst und auch viel im Internet gelesen, weil in amerikanischen Zeitungen steht gar nichts mehr davon drin, was der Staat da so alles falsch macht. Diese Leute haben nachgedacht und weil die sich dolle Sorgen um die Natur und die Welt machen, nennt man die "Umweltaktivisten". Das ist etwas Gutes, aber in Amerika ist das ein Schimpfwort. Manche von denen finden das sogar mit den Kriegen doof, die Amerika führt, weil die so viel Geld kosten, das dann woanders fehlt, z.B. in Schulen und an Staudämmen. Die wollen jetzt, dass alle Leute Müll trennen, Energie sparen und dass die Fabriken nicht mehr gar so viel schlimme Sachen in die Luft blasen. Und weil ganz viele ganz alte Bäume abgesägt werden, ketten sich die Leute mit ihren grünen T-Shirts an Bäume, damit man die nicht absägt, wie bei Stuttgart 21. Und weil viele Tiere unter ganz schlimmen Bedingungen leben, wollen sie die Tiere befreien und es denen nett machen, den befreiten Tieren.

Aber weil es in Amerika jetzt noch viel mehr Millionäre gibt, finden die das jetzt mal total voll doof, was die Umweltaktivisten da machen und haben die Polizei beauftragt, die Aktivisten, die in Amerika leben, zu fangen und zu ärgern, wo es geht. Die sind ganz leicht zu fangen, weil die tragen ja alle grüne T-Shirts.

Jetzt weißt du sicher, dass sehr, sehr böse Leute mit dem Flugzeug das World Trade Center kaputt gemacht haben. So Leute sind richtige Terroristen, die man zur Strafe voll lange einsperren müsste, wenn sie nicht schon alle tot wären. Aber weil man Leute, die Terroristen sind, viel länger einsperren darf, als Leute, die ein krankes Huhn aus einer schlimmen Fabrik geklaut haben, um es zu retten, nennt die amerikanische Regierung die Leute mit den grünen T-Shirts jetzt einfach alle auch mal "Terroristen". Das stimmt zwar nicht und das ist auch voll gemein, aber da kann man nix gegen tun. Deshalb kann die Polizei die Leute mit den grünen T-Shirts so lange einsperren wie sie will, auch, wenn sie nur ein Huhn oder einen Baum oder die Welt retten wollten.
Deshalb ist Grün das neue Rot.

Für Interessierte: hier.
T-Shirts gibts: hier.


P.S.: Wer auch Fragen an ru24 hat, kann sie gerne in den Kommentaren stellen, ich werde sehen was ich machen kann, sie zu beantworten.


Dienstag, 1. November 2011

Schallplattensammlung

http://bit.ly/uTg3qG
Irgend etwas war mir (ca. 2005) im Wohnzimmer heruntergefallen, ich ließ mich auf die Knie herab um es aufzuheben, da fiel mein Blick auf meine LP-Sammlung.
Hey!
Meine LPs!
Das Heruntergefallene, Abtrünnige war vergessen. LPs! So viele Erinnerungen! Dire Straits - Love over Gold (1982) mit dem 14-Minuten-Stück "Telegraph Road" - hach! Propaganda - A Secret Wish (1985) mit den Hits Duel, Dr. Mabuse und p:Machinery - meine Güte! Jean Michel Jarre - The Concerts in China (1985), toll! ZZ Top - Tres Hombres (1973). Kraftwerk - Autobahn (1974), wie cool! INXS - Kick (1987) mit New Sensation. Electric Light Orchestra - Discovery (1979) ...
Ich verlor mich etwas, dachte an die Orte, an denen ich die Musik gehört hatte und an die Freunde und Freundinnen, an hunderte Liter Tee, Bier, Wein, die geflossen waren, Tränen ...
Meine linke Hand griff sich Alan Parsons Project - Tales of Mystery and Imagination (1976), ließ die Innenhülle mit der LP in die wartende Rechte gleiten.
Ich stellte das Cover aufrecht gegen das Regal.
LP und Inlet hatte ich plötzlich in der Linken.
Die LP glitt mit leisen Zischen und minimalem elektrostatischem Knistern aus der Hülle und wurde vom Daumenballen meiner rechten Hand gestoppt, mit den Fingern der Rechten hielt ich das Etikett der Platte. Die Linke stellte das Innencover fort. Ohne darüber nachzudenken hielt ich die LP plötzlich mit den Daumen und Zeigefingern beider Hände am Rand und blinzelte auf die Plattenoberfläche nach Staub, pustete angelegentlich. Mit einer fließenden Drehung der rechten Hand rotierte ich die Platte um 180°, linste dort nach Stäubchen.
Sehr zufrieden mit mir, dass das nach all den Jahren digitaler Musikdatenträger noch immer wie aus dem Effeff beherrschte, schaute ich mich nach dem Plattenspieler um.
...
Shit!
Ich hatte schon seit Jahren keinen Plattenspieler mehr.

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Donnerstag, 9. September 2010

Camping - eine Erinnerung an den Urlaub


camping
Originally uploaded by twicepix
Es ist 6.58 Uhr, ich erwache mit einer Blase groß wie ein Ytong-Stein.
Mein stummer Schrei ist Hoffnungslosigkeit.

Ich prüfe meinen Rücken, er ist vorhanden, scheint sogar intakt. Ich kann meine Beine bewegen, ein gutes Zeichen. Die vergangene Nacht war eine Melange aus Schlafphasen, Schlafsacküberhitzung und unzugedecktem Frieren. Ich bleibe liegen und gehe im Geiste die 27 Schritte durch, die notwendig sind, um notdürftig bekleidet zum Sanitärhaus zu gelangen. Der Aufwand ist zu beträchtlich, als dass ich danach noch ein Auge zu machen würde, da kann ich auch gleich duschen gehen.

In der Hocke und gebeugt geht die Suche nach quasi Allem los: Brille, grasfleckige Hose, irgendwelche selbstklebenden Socken, Schläppkes, müffelndes Handtuch, Kulturbeutel. Fast alles verbirgt sich geschickt vor dem verschleierten Blick des Suchenden. Die volle Blase ist ein Fanal. Ich öffne ächzend den Zeltreißverschluss, krieche in unwürdiger Pose aus dem Zeltinneren ins sandige Vorzelt. Dreck scheuert, Steine aus dem Untergrund bohren sich brachial durch den Zeltbodens in meine Knie. Winselnd schließe ich den nun hinter mir liegenden Reißverschluss.
Ich richte mich auf, provisorisch, frühen Primaten in nichts nachstehend.

Draußen auf der Bank sitzt Bernd vor einer Blechtasse mit schwarzem Kaffee, er raucht eine Selbstgedrehte. Er sieht so aus wie ich mich fühle. Ich gurgle ihm einen Gruß zu. Sein Grunzen ist nicht zu interpretieren.

Ich wanke gen Sanitärhaus, den kiloschweren Kulturbeutel in der Rechten, das Handtuch über die Schulter geworfen.
Auf dem Campingplatz ist bereits ein reges Treiben aus Radfahrern, Hundehaltern, Brötchentütenheimkehrern – dem ganzen Frühaufsteherpack.
Ich erreiche die Toilette.
Es ist als hätt‘ der Himmel, die Erde still, geküsst.
Dann ist da sogar eine freie Duschkabine.
In den Fußpilzgründen des Vorgängers herumtappend, entkleide ich mich, platziere das Duschgel in der Duschkabine. Ziehe mich aus. Beim Aufdrehen des Hahns stelle ich fest, dass der Duschkopf fehlt. Ich ziehe mich an. Der Vorraum der einzigen anderen Dusche, die frei ist, steht daumendick unter Wasser. Was bleibt mir übrig? Ich nehme den Abzieher und beseitige die Überschwemmung gen Gully. Dabei tauchen dann diverse Voodoo-Haarstrünke auf, die die grauen Fluten gnädig verhüllt hatten.

Ich dusche.
Viel zu spät merke ich, dass ich mal wieder keine frische Wechselwäsche dabei habe. Herrgott, ich kann doch nicht an alles denken!
Die Luftfeuchtigkeit liegt bei 100%, das Abtrocknen ist ein vergebliches Unterfangen. Zumindest habe ich mit dem gammligen Handtuch mal alle Mückenstiche angeregt, sich zurückzumelden.
Quasi nass zwänge ich mich in die bereits hochfragwürdige Kledage zurück. Klamm schmiegt sie sich an mich. Mindestens eine Socke, die Unterhose und ein Hosenbein saugen sich zusätzlich voll mit der Pfützen-Sutsche von Dutzenden meiner Vorgängern, da kann ich machen was ich will.

Als letztes presse ich die Duschgelflasche in den mit Kosmetikartikeln bis zum Rand vollgestopften Kultur-Beutel zurück. Natürlich rattert jetzt die elektrische Zahnbürste los, so dass ich alles neu sortieren muss, damit es überhaupt passt. Auch noch nass rasieren geht heute mal gar nicht - wie die letzten Tage auch…

Ich fliehe diesen Ort.
Der Himmel hat sich zugezogen, der böige Wind bläst bereits die ersten Ausläufer des Regens auf meine Brille.
Ich fluche gotteslästerlich.

Der fünfte Tag beim Camping – und die Kultur ist komplett den Bach runter.






Montag, 2. August 2010

ru24 History 17: Kriminell! (1975)

Etwa 1975 entdeckten wir durch die Nachbarschaft stromernden Kinder (durchschnittlich acht Jahre alt) im Altmetallcontainer eines kleinen Unternehmens einen Schatz: Der Container war gefüllt mit tausenden, aus Blechen herausgestanzten, kreisrunden Scheiben von ca. 2 cm Durchmesser. Wir kletterten in den Container und spielten Dagobert Duck.
Soviel sei gesagt: Eine Gelddusche ist - anders, als in den Lustigen Taschenbüchern dargestellt - kein Vergnügen!
Kaum waren wir Jungs in diesen hohen Gefilden der Großfinanz angekommen, entwickelten wir sofort ein beträchtliches, kriminelles Potential - also wie im richtigen Leben! Es dauerte nämlich nur ein paar Minuten, bis es raus war, dass diese Scheiben die gleiche Größe und Dicke hatten wie 10-Pfennig-Stücke (Groschen). Es dauerte weitere zehn Minuten, bis klar war, dass diese Scheiben problemlos in Kaugummiautomaten passten.
Wir schaufelten uns die Taschen mit Metallscheiben voll und schwärmten aus, zum Alptraum aller Kaugummiautomatenbetreiber zu werden!
Muahahaha!!!
Nach zwei Stunden taten uns allen die Kaumuskeln weh. Unsere Wangen waren ausgebeult von den titanischen, kittartigen Klumpen in unseren Mündern, unsere Lippen hatten rote, grüne, gelbe und blaue Ränder. Unsere Spucke war anthrazitfarben.
Wir Kinder hatten einige perfekte Tage.
Freitagabends saß ich mit den Eltern im Wohnzimmer, es kam "Aktenzeichen XY ... ungelöst" und während eines spektakulären Falles von in Umlauf gebrachten Falschgeldes schoss es mir plötzlich wie Eiswasser durch meine Adern!
Ich! Hatte! Falschgeld! In! Umlauf! Gebracht!
Und meine verdammten Fingerabdrücke waren überall - ich hatte ja nicht einmal Handschuhe getragen!
Mein Herz schlug mir bis zum Hals! Im Geiste hörte ich schon Eduard Zimmermann sagen: "Bei unserem nächsten Fall bittet die Kripo Gummersbach um Ihre Mithilfe. Hier geht es um einen besonders dreisten Fall von Falschmünzerei in Tateinheit mit einer noch nie dagewesenen Kaugummiautomaten-Plünderung!"
Die nächsten drei Nächte wälzte ich mich hin und her, statt zu schlafen.
Meine Tage verbrachte ich damit, mir auszumalen, wie der Kaugummiautomatenleerer von einem grauen Münzfernsprecher mit Wählscheibe aus die Polizei anruft und dann die Spurensicherung vor Ort das Gelände absperrt.
Wie oft erscheint so ein Kaugummiautomatenleerer? Einmal wöchentlich? Einmal monatlich?
Wie viel Zeit blieb mir noch?
Wie lange würden die anderen Jungs beim Verhör standhalten, diese Luschen?
Und sicher gab es Augenzeugen.
Es gab immer Augenzeugen!
Natürlich würde ich dafür in den Knast kommen, das war eine Gewißheit!!!
...

Nun, ich bin noch einmal davongekommen.
Aber es war sehr knapp.
Um ein Haar hätte bis zur Verjährung der Straftat 10 Jahre mit einer anderen Identität in einem südamerikanischen Land ohne Auslieferungsvertrag (z.B. El Salvador) untertauchen müssen.



Montag, 12. April 2010

ru24 History 12 - Mein Opa schläft* (1974)


Broken Gears
Originally uploaded by autowitch
[Hierbei handelt es sich um die Fortsetzung des vorhergehenden Blogbeitrags]

Während Oma nun den Abwasch machte - es hörte sich an, als würden von Schurkenstaaten unterseeische Atomtests durchgeführt - stand Opa auf und ging nach seinem zermalmten Mahl aufs Klo.
Ich wüsste nicht, dass er jemals schon nach 20 Minuten zurück gewesen wäre.
In seiner Abwesenheit entspannte sich Oma etwas.
Ich bekam einen Apfelsaft und für diese kurze Zeitspanne waren sogar normale Gespräche möglich. Irgendwie war es nun heller im Raum - und natürlich wärmer.
Dann kam er zurück.
In der Ecke stand seine "Duckelrolle", mit der kam er zurück zum Tisch und stellte sie vor sich hin auf die Tischplatte. Hierbei handelte es sich um ein graues, dickes, zylindrisches Kissen - gerade so als habe man versucht, einen Elefanten-Unterschenkel nachzubilden. Mein Großvater setzte sich in Position und legte die Stirn darauf. Ich musste jetzt nicht zu leise sein, denn Opa hörte ziemlich schlecht - wenn er wollte.
Kurzum war er eingenickt.
Der Siebenjährige mit dem Saft ihm gegenüber rückte leise den Stuhl etwas nach links, so dass er das Gesicht des Großvaters sehen konnte. Bald bildete sich ein klarer Tropfen an Opas Nase, wuchs langsam, reifte, brach auf wunderbare Arte und Weise das Licht - mehr wie Glycerin als Wasser, zitterte, dann fiel er auf den Tisch. Bald darauf erschien der nächste Tropfen, dann die Großmutter, die mit dem Abtrocknen und der Küche fertig war. Sie setzte sich an die Schmalseite des Tisches auf ihren Stuhl und legte die kurzen, dicken Beine auf einen Hocker.
Bald döste sie ein.
Ich trank meinen Apfelsaft, beobachtete die stetig fallenden Tropfen. Der Raum war erfüllt vom einschläfernden Bullern des Ölofens, dem Ticken der Wanduhr, dem gleichmäßigen Atmen und dem Geräusch von Haarnadeln, die sich aus Omas Haarknoten ("Knüsken") lösten und auf dem ochsenblutfarbenen Linoleumboden fielen, teilweise meterweit fortschlitterten.
Nach etwa 25 Tropfen erwachte mein Großvater und damit auch die Großmutter.
Er nahm sein Kissen mit zur Ecke, zog den Kittel an, die Kappe auf und schlurfte wieder zurück in seinen Betrieb.
Oma und ich atmeten auf.

An einem dieser Nachmittage erzählte Oma mir, wie erschütternd es für sie als 10-Jährige gewesen war zu erfahren, dass im April 1912 die Titanic gesunken war.



*) Nicht zu verwechseln mit dem in 1986 bei Jugend Forscht eingereichten Kurzfilm "Mein Opa schläft" (93 Minuten, Farbe, Mono) von M. Klingelhöfer, in dessen Höhepunkt (ab Minute 89) der schlafende Großvater mimisch versucht, eine Fliege (vermutl. Calliphora vicina) aus seinem Gesicht zu vertreiben.

Sonntag, 11. April 2010

ru24 History 11 - Mein Opa isst (1974)

Als Kind war ich oft bei der Oma (Jg. 1902).
Ich saß am Tisch in der Stube mit einem Buch für erste Leseversuche. Als Hintergrundgeräusch gab es das Ticken einer Wanduhr und das stete, gleichförmige Bullern des Ölofens. Es war so heiß, dass man hätte Affen großziehen können. Aus irgendwelchen Gründen hatten Oma und ich bereits gegessen. Sie rannte nebenan in der winzigen, schlauchförmigen Küche hin und her und lärmte mit ihren verbeulten Aluminium-Topfdeckeln. Opa (Jg. 1900) unterhielt im angrenzenden Gebäude einen kleinen, unfassbar veralteten Betrieb, in dem er herumknösterte, obwohl er schon Mitte 70 war. Dies war ein Ort, der angefüllt war mit Geistermaschinen und Maschinengeistern, ein rostiges, spinnenwebiges und staubiges Imperium der Schatten, antik in jedem seiner glanzlosen Details.
Um 13.00 Uhr hörte man unten im Gebäude eine Tür schwer ins Schloss fallen. Großmutter drehte dann mit der hektischen Betriebsamkeit noch einmal auf. Im nahen Treppenhaus hörte man beständige, schlurfende Schritte näherkommen, näher und näher - tapp, schlurf, tapp, schlurf - ein wenig wie in Gruselfilmen, die ich damals aber noch nicht kannte. Irgendwann ging knarrend die Tür auf und Großvater himself betrat den Raum.
Seine Aura war die eines Großinquisitors.
Die Raumtemperatur sank um 7 Grad.
»Mahlzeit!«, sagte er und meinte es auch so.
Es roch ganz intensiv nach Tuppix-Handwaschpaste aus der grünen Tube mit dem roten Schraubverschluss. Er hängte seine Schiebermütze an den Haken, seinen grauen, hundertfach geflickten Arbeitskittel befestigte er darunter. Jetzt konnte ich sein »Gott-mit-uns«-Koppelschloss sehen, das man ihm Anno 45 beim Volkssturm zur Wehrmachts-Uniform spendiert hatte. Er trug dieses Ding seit 30 Jahren als Gürtel, allerdings keinesfalls aus politischer Überzeugung, sondern »weil es noch gut war«.
Wortlos setzte sich Opa hinter den Tisch, legte die Hände flach auf die Tischplatte und wartete. Oma hastete heran und brachte einen Teller Kartoffeln mit Gemüse und eine Gabel. Der Großvater betete lautlos und griff zur uralten Silbergabel. Das Besteckteil war so alt wie die Großeltern selbst. Es war völlig abgegessen, sodass die Zinken ungleich lang waren – wie die Finger einer Hand.
Das ihm gegenüber sitzende, siebenjährige Kind, das beizeiten gelernt hatte, dass man »nicht mit seinem Essen spielt«, beobachtete fasziniert das nun nachfolgende Schauspiel: Er nahm die Gabel zur Hand und begann, die Kartoffeln zu zerstampfen. Er machte dies mit absolut gleichförmigen, langsamen Bewegungen. Er drehte den Teller um 180°, zerstampfte nun das Gemüse. Dann begann er, den Teller um jeweils 30° zu drehen und hob stampfenderweise das Gemüse unter die Kartoffeln. Binnen fünf Minuten zerquetschte, zermalmte er dieses sein Essen zu einer absolut gleichförmigen, pastösen Masse. Nun ebnete er die Pampe ein, verteilte sie gleichmäßig auf dem Teller. Er drehte die Gabel herum, sodass die Zinken nach unten wiesen. Nun zog er mit dem Besteckteil horizontale, parallele Linien in sein Essen, fein ordentlich von oben nach unten, bis alles vollständig liniert war. Dann drehte er den Teller um 90° - aus der Lineatur wurden nun Karos gemacht.
Sein Essen war nun noch etwa geschätzte zwei Grad wärmer als Zimmer-Temperatur.
Zuletzt drehte er die Gabel wieder in der Hand und nahm damit eine Fläche von 4 x 9 Karos auf, führte sie zu Mund. Er kaute jeden seiner 36-Karo-Bissen endlos, gelassen und stupide zugleich. Zuletzt schabte er mit schrecklichem Gequietsche die letzten Reste der Mahlzeit auf dem Steingut-Teller zusammen, aß sie und legte die Gabel hin.
Oma materialisierte am Tisch, den Teller abzuräumen.
»War lecker. Wat war dat?«, fragte Opa.

Zur Fortsetzung [hier klicken].

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Donnerstag, 21. Januar 2010

Pfand

Ich habe vor etwa sechs Wochen Ordnung in meine Abstellkammer gebracht. Etwa 42 Plastikflaschen wurden wieder zum Supermarkt gebracht, etliche Kilos Altglas in Container sortiert, den Gelben Sack hatte ich zum Grünen Punkt an die Straße gestellt.
Übrig blieben drei (3) Bio-Saft-Pfandflaschen aus dem Bioladen. Ich stopfte sie in eine Rewe-Plastiktüte und legte sie mir in den Beifahrer-Fußraum des Autos. Dort polterten und knisterten sie dann herum. Beifahrer beschwerten sich über die Fremdkörper, allen voran Queen Mom (82).
Wochenlang fuhr ich täglich 2x an dem Bioladen in Remscheid Bergisch-Born vorbei, wann immer ich Zeit gehabt hätte - ausschließlich mittwochs Nachmittags - hatte der Laden zu. Und hey - manchmal habe ich echt einfach nicht daran gedacht!
Die Tüte kam in den Kofferraum. Dort polterten die Flaschen bei jeder Kurve hin und her und machten mich wahnsinnig. Und das Bergische Land ist nicht der Niederrhein, hier geht in punkto Kurven so einiges.
Rumpel-pumpel - tschinggg!
Rabbel-ra-rabbel - dengel!
Klirr-di-klirr - röngeldöngel!

Nach Wochen des geistigen Niedergangs habe ich heute die Reißleine gezogen und bin vor dem Spätdienst zum Bioladen gefahren. Eine ökologisch wertvolle Bioladenangestellte stellte gerade ein Schild auf: "Leckere Bio-Säfte!"
Sie strahlte mich an, ich lächelte etwas säuerlich zurück.
Ich betrat den Laden *palim* und stellte die drei Flaschen auf den Tresen.
"Das war alles?", fragte sie.
Ich nickte.
Von wegen alles! Was ich alles durchgemacht hatte!
Sie tipperte an ihrer Registrierkasse herum und zahlte mir mein Pfandgeld aus.
Fünfundvierzig Cent.




Samstag, 29. August 2009

Queen Mom 1 - Von den Reichen und Schönen



Originally uploaded by J. Star
Im Februar dieses Jahres bin ich mit meiner Mutter zum Anlaß ihres 80. Geburtstags in Urlaub geflogen. Mein Job bei solchen und ähnlichen Begebenheiten ist der des Sherpas mit eingebauter Gehhilfe. Queen Mom und ihr Sherpa Henning taperten nun am Frankfurter Flughafen hinter einem von mir geschobenen Koffer-Trolley her, unsere Reisegeschwindigkeit lag bei etwa 2,2 km/h, wobei am Flughafen Frankfurt die kürzeste Distanz zwischen der Ankunft mit der Bahn und dem Gate des Abflugs bei ca. 2,7 Gebäudekilometern liegt. Und meine Zusatzaufgabe war es, uns binnen einer 3/4 Stunde da hindurchzuschleusen.
Auf halbem Weg bockte Queen Mom, sie verlangte nach einer Rast. Ich schaute auf die Uhr, blies die Wangen auf. Doch wer wäre ich, mich einer Naturgewalt in den Weg zu stellen?
Ich bin ja nicht einmal Klingone.
Wir rasteten also auf einer Bank.
Hunderte Menschen ratterten mit ihren Trolleys an uns vorbei, hasteten zu ihren Check-Ins, zu ihren Gates, ihren (flughafen-neudeusch) Destinationen entgegen. Sitzend beobachtete ich die anderen Reisenden - ach was: es müssen Travellers gewesen sein! Zuletzt fiel mein Blick auf ein riesiges Werbeplakat mir gegenüber: Jude Laws Konterfei warb für den Herrenduft Dior Homme Sport (Link). Auf dem Bild schaut ein tiefenentspannter Herr Law aus, wie einst der Talentierte Mr Ripley (Link): reich, schön, der König der Welt, zumindest aber der der Côte d'Azur.
Mama kramte derweil in ihrer Handtasche, packte zwei Servietten, zwei hartgekochte Eier und einen Salzstreuer aus.
"Da!", sagte sie und drückte mir mein Ei in die Hand.
Wir aßen unsere sehr hartgekochten Eier.
Derweil blickte ich auf Mr. Law und fragte mich, was um alles in der Welt schief gelaufen war.


Heimflug: (Blogbeitrag)
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