Thanks to Aneta Pawlik @anetakpawlik on Unsplash
Als Kind der 70er spielten wir oft als wilde Horde von einem Dutzend und mehr Kindern auf einem damals noch unbebauten Grundstück, das wir „Die Hohe Wiese“ nannten. Gemeint war das hoch wachsende Gras. Das Areal lag in etwa dort, wo heute in Radevormwald der Penny-Markt steht. Eines Tages entdeckte eines der Kinder in der Erde einen zusammengeschmolzenen Klumpen blauen Glases, von der Größe und den Abmessungen in etwa wie ein Faustkeil. Die obere, gerundete Seite war geschwärzt und blasig, doch wenn durch den mittleren Teil Licht fiel, dann war es von einem mystischen, tief ozeanischem Blau. Es war ein Blau, bei dem das Horn eines Ozeandampfers ertönte, wenn man es sah. Wir Kinder hüteten dieses Objekt wie einen Schatz. Doch eines Tages beschloß einer der Jungs, es mit einem Stein zu zertrümmern und alle anderen vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Obwohl das nahezu 50 Jahre her ist, kann ich den Verlust des „Schatzes“ noch heute spüren.
Es ist schon verrückt, wie wir uns auch schon in jungen Jahren an zufällige Objekte klammern können.
Es ist so viel verloren gegangen. Aber es sind nicht nur die guten Dinge vernichtet worden durch den Brand.
Es gab Hemden, die ich nicht mochte (aber meine Frau Chrissi). Es gab ein zwanzig Jahre altes, schwarzweißes Hawaii-Hemd, welches ich auf Teufel komm raus behielt, für das ich aber hätte 40 kg abnehmen müssen, um es tragen zu können. Mein Bürostuhl, 2020 erworben bei Amazon, war ein Möbel das ich verfluchte, sobald ich ihn benutzte — und der hätte sicher noch die nächsten 10 Jahre genervt. Die Couch im Wohnzimmer hatte beileibe schon bessere Tage gesehen. Unsere Mikrowelle war ein sehr schlichtes Ding — ich hatte gehofft, dass sie mal den Geist aufgibt, damit wir eine bessere anschaffen können, aber sie hätte aus Frack noch bis zum Sankt Nimmerleinstag durchgehalten. Da war das in Folie eingeschweißte Buch, über das ich in Teil 13 dieser Reihe geschrieben habe. Es gab etliche „Baustellen“, unordentliche Ecken, Nester aus Chaos & Entropie und sich fluffig auftürmende, unsortierte Papierberge — alles eine einzige Mahnung, die ständig Energie kostete, sie zu ignorieren. Auch das ist alles fort, fort wie nie da gewesen.
Es ist immer etwas Helles im Dunkeln und etwas Dunkles im Hellen.
Ich habe oft gedacht, dass ich zu viele Dinge habe. Der Normalbürger besitzt wohl einige tausend Dinge (Web-Artikel). Ich hatte schon sehr viel ausgemistet im Laufe der Jahre, doch es fühlte sich manchmal schon an wie eine Last: „Alles, was du hast, hat irgendwann dich“ (Fight Club). So leicht man Krempel bestellen kann — drei Klicks und morgen ist es da — umso schwerer ist es, das alles wieder loszuwerden. Chrissi und ich hatten zwei Staffeln der Netflix-Serie „Tiny House Nation“ gesehen und ich habe mir dabei oft vorgestellt, wie es wäre, in einem solchen Winzhaus zu leben, ich stellte mir das immer ungemein romantisch-befreiend vor. Mir war aber klar, dass wir unseren Plunder nie-nie-niemals um die erforderlichen 90 % reduziert bekämen.
Surprise.
(Spoiler: Wir ziehen nicht in ein Tiny House.)
(Spoiler: Wir ziehen nicht in ein Tiny House.)
Ich habe früher mehr als einmal, in Anbetracht unserer immensen Besitztümer, gesagt: Das beste ist, die Bude brennt mal ab.
(Spoiler: Es ist großer Mist.)
Dann bitte lieber immer weiter aussortieren.
Dann bitte lieber immer weiter aussortieren.
Heute weiß ich, dass alle Gegenstände, die mir wirklich etwas bedeutet haben, in einen einzigen Umzugskartons gepasst hätten.
Darüber denke ich viel nach in letzter Zeit.