Montag, 18. Januar 2010

Januar: Eine Kritik an der Trostlosigkeit


Spaziergang im Nebel (hell)
Originally uploaded by tigion
Januar.
Das hysterische Wecksignal scheint alte Wunden in meinen Ohren wieder aufzureißen. Der Wecker entgleitet meiner entkräfteten Hand und plumpst hinter den Nachttisch in die Staubflocken. Das Licht, das durch die halb geschlossenen Rolläden funzelt, hat die Farbe von Schimmel. Ein Schrei der Hoffnungslosigkeit entringt sich meiner Kehle.
Ich wanke ins Bad. Der Badezimmerspiegel zeigt im hereinsickernden Licht des Wintertages einen gebrochenen Mann. Die Gesichtszüge sind asymmetrisch verschwollen, die Augen sind nicht einmal auf der gleichen Höhe. Borsten wachsen aus diesem Gesicht heraus wie Fliegenbeine. Quasimodo, der Unfertige.
Im Mund gärt der fahle Geschmack faulenden Laubes, vor dem die Zahnbürste winselnd zurückzuweichen scheint. Zahnpasta verdampft.
Partielle Menschwerdung unter der Dusche.
Die Wohnung muffig und in einem Zustand der Wirrnis zurücklassend, fällt die Tür hinter mir zu. Endgültig, wie es scheinen will.
Der Wagen startet - widerwillig. Landschaft, neblig, regennaß, die vorüberfliegt. Die Scheinwerfer reißen Rinnen in die Watte. Alles um mich herum ist in 256 Grautönen erstarrt, geronnen.
Der Countdown auf der Armbanduhr ist unerbittlich, doch wer wollte hier, in den verfluchten Hügeln, verharren?
08:28 Uhr am Ziel, der Job beginnt.
Wenn ich nach hause fahre, wird es wieder dunkel sein.
Fuck. Fuck. Fuck.