Freitag, 20. November 2009

Homo sapiens novemberensis


Regenwetter II
Originally uploaded by van-der-Waal
Ein schrilles Tönen, das mein umnebelter Verstand kaum als mir geltendes Signal identifiziert, dringt mir ins Ohr. Auf meinen darniedergeworfenen Körper wirken mich zermalmen wollende Drücke ein, wie sie in der Tiefsee herrschen mögen. Ich versuche mich zu regen, doch die unbarmherzige Gravitation eines Jupiters quetscht mich in den Untergrund, fixiert mich wie ein Insekt auf einem Objektträger.
Ein schütteres Winseln entringt sich meiner Kehle.
Schier übermenschliche Anstrengung versetzt mich in die Lage, einen Arm unter der mich vor der Eiseskälte der Außenwelt schützenden Umhüllung vorzustrecken. Zitternd tastet diese meine Hand durch die sie umgebende, stygische Finsternis.
Mit letzter Kraft gelingt es, die Nachweck-Taste an meinem Wecker zu betätigen ...
Bewusstlosigkeit umfängt mich gnädig, wie Melasse.
Abermals das Tönen, einmal, zweimal.
Ein kraftraubendes Aufbäumen später stehe ich übergangslos vor dem Fenster und zerre wie ferngesteuert den Rollladen nach oben.
Der Himmel ist wie ein Hämatom.
Das fahle Funzeln des Tages versucht, meine Netzhäute zu schädigen. Mit auf die Augen gepressten Fäusten stolpere ich an Türrahmen aneckend ins Bad.
Die Menschwerdung unter der Dusche ist ein Fehlschlag, ein Konkurs.
Auf eine niedrigere Stufe der Evolution gezwungen, wanke ich gebeugt zurück in Schlafzimmer. Wahllos greife ich Kleidung aus einem Haufen Getragenem, kleide mich an, so gut es geht.
Beim Verlassen der Wohnung fällt mein blutunterlaufener Blick auf die Uhr, ich bin mal wieder 10 Minuten zu spät!
...
Dabei lief doch alles so gut - für einen Novembermorgen.

Bookmark and Share