Mittwoch, 14. April 2010

ru 24 History 13 - England I (1985)

1985, frischgebackene 18, bin ich mit einer Busladung voller Teenager nach England gefahren. Duran Duran hatten mit "The Wild Boys" vier Wochen lang den ersten Platz der Charts belegt, waren danach von Murray Head mit "One Night in Bangkok" verdrängt worden. Tears for Fears folgten nach mit "Shout" und Paul Hardcastle hielt sich sechs Wochen auf Platz 1 mit seinem großartigen "19". Herbert Grönemeyer hatte Ende 1984 seine LP/CD "4630 Bochum" auf dem Markt gebracht, die erste Compact Disc (CD), die ich in Händen hielt.
Wir fuhren stundenlang Bus, die Stimmung war gut. Irgendwann erreichten wir die Fähre, der Bus wurde verschluckt.
Schon während der Fahrt hatte sich eine Clique aus Jungs herauskristallisiert: Hage und Staudi, Grobi, Leisi und ich.
Die Fähre tuckerte los, es wurde Nacht. Wir liefen herum, rauchten an Deck (Nikotin: 0,9 / Kondenstat: 13) und trieben diversen handelsüblichen Schabernack. Plötzlich kam Grobi angelaufen, er war außer Atem.
"Da vorne ... Französinnen!", japste er.
Oh! Französinnen! Mon dieu, welche Verheißung!
Unauffällig schnürten wir zum Bug des Schiffs in die gewiesene Richtung. Es war bedeckt, es war Nacht, im Bug gab es keine Beleuchtung, man konnte die Hand vor Augen nicht sehen, geschweige denn in fremden Zungen redende Grazien.
"Wo denn?" fragte glaube ich Staudi von links.
"Na so da vorne...", kam es recht unbestimmt von Grobi, der eigentlich André Grossbischowski hieß. Seine Stimme war ganz nah.
Wir tappten nach vorne, stießen uns die Knie, rempelten andere Reisende an, tasteten uns nach vorne.
"Ich seh' nix!", sagte Leisi von hinten.
"Ich auch nicht!", sagte Hage von vorne.
"Voulez vous coucher avec moi ce soir?", fragte eine holde Maidenstimme aus der Dunkelheit.
Fünf Jungs standen da wie vom Donner gerührt.
Das lief ja wirklich ganz prächtig, allerdings...
"Äh, Männer? Spricht jemand von uns französisch?", fragte ich hinein in eine stygische Finsternis.
Grabesstille schlug mir entgegen.
Das lief ja nicht wirklich prächtig, allerdings...
Fwoosch!!!, machte es. Unsere Frontal-Lappen wurden hormonell freigeschaltet. Fünf Gehirne liefen schlagartig auf Überlast. Mit einer kurzzeitigen geistigen Kapazität von ca. 135 - 155% parlierten wir zwar urst brockig aber dafür recht flott französisch mit den so überaus verheißungsvollen Damen. Unseren diversen Französisch-Lehrerinnen (Link) wären die Augen aus dem Kopf getreten - mehr noch als sonst.
Im Grunde waren wir dem Paradies so nah wie nie, bis...
Das Licht ging an.
Vier etwa 13- bis 14-jährige französische Mädchen kreischten und verbargen ihr Antlitz hinter dem Rücken einer jeweils anderen Freundin, ein interessanter Effekt.
Popp!, machte es, die Freischaltung unserer Stirn-Lappen wurde auf der Stelle wieder deaktiviert.
Wir trollten uns.

Eines weiß ich seitdem: In Extremsituationen kann man zu geradezu übermenschlichen Leistungen in der Lage sein!

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(Zur Fortsetzung dieses denkwürdigen Urlaubs gehts hier.)